Walische Sprache

Walische Sprache

Walische Sprache, ein Zweig des fast erstorbenen Cimbrischen Sprachstamms, welcher sich nur noch in Wales u. in der Niederbretagne erhalten hat. Die Einwohner von Wales (Walen, Walliser) nennen sich noch heute Cymri (Kymren) u. ihre Sprache Cymrey. Sie scheint aus germanischen, römischen u. galischen (celtischen) Bestandtheilen gemischt. Das Alphabet besteht aus 13 einfachen u. 7 Doppelconsonanten u. 7 Vocalen Außerdem gibt es noch viele Diphthongen u. Triphthongen. Ausspräche c lautet stets wie k, ch wie im Deutschen, dd wie das englische th, f wie das englische v. ff u. ph wie k, ll ist ein eigenthümlicher Laut, u wird wie i, w wie u, y wie ü od. i ausgesprochen. Der Accent liegt stets auf der letzten od. vorletzten Sylbe. Eigenthümlich ist die durch grammatische Formen u. durch vorhergehende Wörter bedingte Veränderung der Anfangsconsonanten, z.B. câr der Verwandte, ei châr ihr Verwandter, ei gâr sein V., fy nghâr mein V. So wird p in b, mh, ph; t in d, nh, th; b in f, m, d in dd, n etc. verwandelt. Die W. S. hat einen Artikel, welcher unveränderlich, aber je nach dem Anfangsbuchstaben des folgenden Wortes verschieden ist. Die Declination geschieht einfach durch Partikeln (Präpositionen); der Plural wird wie im Deutschen theils durch Endungen, theils durch Umlaut, theils durch beides bewirkt, z.B. perth Busch, Plur. perthi, bwa Bogen, Plur. bwaau (bwâu), tyrfa Menge, Truppe, Plur. tyrfaoedd, march Pferd, Plur. meirch, ffordd Weg, Plur, ffyrdd, alarch Schwan, Plur. elyrch, mab Sohn, Plur, meibion, nant Bach, Plur. nentydd, maen Stein, Plur. meini etc. Das Genus ist entweder Masculinum od. Femininum. Beim Adjectivum wird das Femininum aus dem Masculinum theils durch Milderung des Anlauts (b in f, c in g, d in dd etc.), theils durch dieses u. den Umlaut zugleich gebildet. Auch die Bildung des Plurals beim Adjectiv unterliegt besonderen Regeln u. ist zum Theil von der beim Substantiv erwähnten abweichend. Die Adjective werden aus Substantiven u. Verben durch die Endungen aid, gar, id, in, lyd, og, us, der Comparativ durch die Endung ach, der Superlativ durch die Endung af gebildet: du schwarz, duach, duaf. Die Pronomina sind sehr einfach. Das Verbum entbehrt des Präsens, u. man bedient sich anstatt dessen des Verbum substantivum wyf (ich bin) mit dem Infinitiv od. des Futurum. Dagegen gibt es Imperfectum, Perfectum, Plusquamperfectum, Futurum, welche sowohl im Indicativ als Optativ durch bloße Endung u. Umlaut ohne Hülfszeitwort gebildet werden, z.B. carwn ich liebte, cerais ich habe geliebt, caraswn ich hatte geliebt, caraf ich werde lieben. Jedes Tempus hat drei Personen im Singular u. Plural, z.B. carwn, carit, carai, carem, carech, carent. Das Passivum ist mangelhaft. Außer dem Hülfswort wyf gibt es noch mehre unregelmäßige Zeitwörter. Das Adjectiv wird gewöhnlich nach dem Substantiv gestellt, doch steht es auch in manchen Fällen voran, so wie überhaupt die Construction der W. S. viele Freiheiten hat. Der Anfang des Vaterunsers lautet: ein tad, yrhwn wyt yn y nefoedd, sancteiddier dy enw, d.h. unser Vater, welcher bist in den Himmeln, geheiligt werde dein Name. Sprachlehren gibt es von Rhäsus (1592, 1621), Salisbury (1593), Davies (1621), Gambold (1727, 1833), Owen, Pughe (1832), Rowland (1857); Wörterbücher von Salisbury, Davies, Jones (1688), Roderick (1725), Richards (1753). Owen (1803), Spurrell (1850).

Wie alle celtischen Völker, so hatten auch die alten Walen od. Kymren ihre Barden, Sänger, welche unter der Begleitung der Harfe (Chrotta) die Thaten der Götter u. Helden beim Gottesdienst u. den Festlichkeiten der Fürsten u. Großen besangen, auch mit in den Krieg zogen u. die Herolde der Fürsten u. Friedensvermittler machten. Sie bildeten, eine erbliche Zunft u. waren nach Art eines Ordens geregelt; ihre Privilegien u. Freiheiten wurden um die Mitte des 10. Jahrh. von dem König Howel-Dha aufgezeichnet, der ganze Orden aber von dem Fürsten Gruffid ap Conan (reg. 1079–1137) restaurirt u. neu geregelt. Unter diesem Fürsten feierte die wälische Poesie ihr goldnes Zeitalter u. unter ihm lebte der Barde Jeaunn Vaour ap Diouliz aus Glamorgan. Andere berühmte Barden waren Myrddyn ap Morfryn, Myrddyn Emrys, Taliesin, ein Zeitgenosse Arthurs, u. Daviz ap Gwilim im 14. Jahrh. Diese Barden hielten von Zeit zu Zeit in Caerwys, Aberfraw u. Mathraval poetische Wettkämpfe (Eisteddfods) in Gesang u. Saitenspiel, bei denen die Kampfrichter von den Fürsten ernannt wurden. Seit der Eroberung des Landes durch die Engländer, 1283, verloren zwar die Barden ihre alten Vorrechte, wurden sogar, als Träger des alten Volksthums u. Beförderer von Unzufriedenheit gegen die neue Regierung, verfolgt, doch wurden die Eisteddfods mit Bewilligung der englischen Könige bis auf Elisabeth herab gehalten, dann hörten sie auf u. erst im 18. Jahrh. wurden sie in Folge des erwachten Bestrebens die celtischen Literaturreliquien zu sammeln u. die alte Poesie wieder zu beleben, von Neuem jährlich gehalten, namentlich zu Caerwys in der Grafschaft Flint. Einer dieser neuen Barden war Jolo Eardd Glaß, ein Küfer (welcher 1854 zu Pen-y-bont in Glamorganshire starb). Gesellschaften zur Pflege der alten Walischen Sprache u. Literatur sind die 1770 gestiftete Gwyneddigion Society, die Cambrian Society, von 1818 u. das Cymmoridion od. die Metropolitan Cambrian Institution. Die Poesien der alten Walen sind meist episch, wie denn die Arthur-, Merlin-, Tristan-, Iwein-, Parcivalsage ihnen ursprünglich angehören, welche im 12. Jahrh. auch Stoff zu dramatischen Behandlungen u. Darstellungen gaben. Eine Märchensammlung von Vaour ap Diouliz gab Charlotte Guest heraus als The Mabinogin from the Llyfr coch o Hergest (d.i. Thaten, Erzählungen des rothen Buches von Hergest). Andere Gedichtssammlungen sind von Jones, Relics of the Welsh bards, Lond. 1794; Owen, The Myvyrian archaeology of Wales, ebd. 1801–1807, 3 Bde.; William, Ar barddoniath Cymraeg, Dolg 1828, u.a. Vgl. Stephenson, The Welsh literature, Lond. 1846; The literature of the Kymery, being a crit. essay on the history of the language and literature of Wales, ebd. 1849 (deutsch von San Marte [A. Schulz] als Geschichte der Wälschen Literatur vom 12.–14. Jahrh., Halle 1864).


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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