Wildfangsrecht

Wildfangsrecht

Wildfangsrecht, Recht des herkommenden Mannes, Jus wilfangiatus, Jus kolbekerili), das zuerst dem Pfalzgrafen am Rhein, dann allen Provinziallandgrafen, namentlich dem Pfalzgrafen in Baiern, zustehende Recht Wildfänge (Kolbekerle, von dem Tragen der Kolben od. Keulen genannt), d.h. alle unehelichen Kinder, welche in den Gegenden geboren wurden, wo das W. galt, dann alle in jenen Gegenden sich freiwillig niederlassenden u. ein Jahr lang dort verweilenden, keinen nachfolgenden Herren habenden, d.h. von einem vorigen Leibherrn nicht reclamirten Personen, endlich auch die Hagestolzen, rücksichtlich ihres in freien Erbgütern bestehenden Nachlasses, für Leibeigene zu erklären u. als solche zu behandeln, Der Büttel (Centgrafenknecht) verfügte sich zu einem solchen u. nahm ihn mittelst einer bestimmten Formel für den Pfalzgrafen in Anspruch; der Angesprochene aber mußte sofort eine Abgabe dafür, Fahegeld (s. Fanggeld) entrichten, die Dienstpflicht ablegen, Frohn- u. Kriegsdienste leisten, auch Steuern bezahlen. Der Landesherr bevormundete u. beerbte ihn; doch konnte er sich von allem diesen loskaufen. Mit dem Erlöschen der übrigen Pfalzgrafen blieb dieses Recht blos für den Kurfürsten von der Pfalz, welchem es vom Kaiser Maximilian I. 1518 u. dessen Nachfolgern bestätigt wurde, obgleich Kurbaiern später auch darauf Anspruch machte u. es auch in den Speyerschen, Wormsschen Territorien u. denen der Wild. u. Rheingrafen, so wie der unmittelbaren Reichsritter ausübte. Die hierdurch seit 1653 entstandenen Differenzen wurden schiedsrichterlich von den Königen von Frankreich u. Schweden durch das Laudum Heilbronnense am 7. Febr. 1667 entschieden, welches das W. regelte u. seitdem die Norm in diesen Angelegenheiten ausmachte. Auch in den Niederlanden u. Frankreich kam dies Recht vor. In seiner eigentlichen Gestalt ist es längst untergegangen.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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  • Wildfangsrecht — (jus wildfangiatus), in Deutschland das Recht des Königs, den eingewanderten Fremden, der sich als rechtlos unter den besondern königlichen Schutz begeben mußte, wie einen Leibeignen zu behandeln, entsprechend dem französischen droit d aubaine… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Wildfangsrecht — Wildfangsrecht, zuletzt noch dem Kurfürsten der Pfalz zustehendes Recht, Wildfänge d.h. uneheliche Kinder und Bursche, die sich 1 Jahr lang in der Pfalz aufhielten, ohne von ihrem Herrn reclamirt zu werden, zu Frohnarbeit u. Kriegsdienst in… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Wildfangrecht — Das Wildfangrecht ist ein Begriff aus der deutschen Geschichte. Es bestand im 17. Jahrhundert hauptsächlich in der Pfalz unter Kurfürst Karl Ludwig. Dieser glaubte ein Anrecht darauf zu haben, jeden sein Land passierenden Mann, der sich nicht… …   Deutsch Wikipedia

  • Wildfang — Wildfang, 1) das Fangen wilder Thiere im Gegensatze des Schießens; 2) ein wild eingefangenes, lebendiges Thier; 3) bes. ein in der Wildniß aufgewachsenes u. dann eingefangenes Pferd; 4) ein solcher Falke, s.u. Falkenjagd; 5) so v.w. Wildling: 6)… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Ausfauthe — Ausfauthe, sonst in der Pfalz Büttel, welche die Wildfänge einsingen, s. Wildfangsrecht …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Fremde — Fremde, Personen, die in einem Lande od. Orte weder geboren sind, noch daselbst das Unterthanenrecht erlangt haben. Sie genießen nur Schutz u. Gast , nicht das Bürgerrecht. F., welche innerhalb eines Staates eine in diesem Staate verbotene… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Kurfürsten — (Wahlfürsten, lat. Electores), die Fürsten, welche nach der deutschen Reichsverfassung den deutschen König od. Kaiser wählten (kürten). Über den Ursprung der K. haben lange Zeit irrige Meinungen geherrscht, so die auf eine unechte Urkunde… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Laudum — (lat.), Ausspruch eines Schiedsrichters. L. Heilbronnense, eine 1667 durch die Könige von Frankreich u. Schweden getroffene schiedsrichterliche Entscheidung über das Wildfangsrecht (s.d.) …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Fremdenrecht — Fremdenrecht, die Rechtsgrundsätze über die rechtliche Stellung der Fremden. Als Fremde oder Ausländer werden im Gegensatz zu den Staatsangehörigen diejenigen bezeichnet, die außerhalb des Staatsverbandes stehen. Landsassen oder Forensen werden… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Kolbekerle — Kolbekerle, s. Wildfangsrecht …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

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