Zwiebel

Zwiebel

Zwiebel, 1) (Bulbus), eine Art unterirdische Wurzel od. Mittelstock (s.u. Rhizoma), welcher fleischig u. von Häuten (Blattscheiden) od. Schuppen (Deckblättern) umgeben ist, nach oben aber eine Knospe, welche sich zu einem Oberstocke entfaltet, nach unten Würzelchen treibt. An einer Z. ist also zu unterscheiden: a) der Mittelstock selbst, welchen man Zwiebelkuchen (Discus bulbi s. Lecus) nennt, ein conischer, kugeliger, länglicher od. scheibenförmiger fleischiger Körper; b) der Keim (Turio), nach oben u. c) die Wurzeln (Radices), nach unten wachsend, so wie d) die Häute (Tunicae) od. Schuppen (Squamae). In Beziehung auf letztere unterscheidet man a) die häutige od. schalige Z. (Bulbus tunicatus), deren Decke aus breiten, sich concentrisch umfassenden Schalen besteht, wie bei Allium cepa; b) die schuppige od. dachziegelige Z. (B. squamosus s. imbricatus), wenn die Decken aus mehr schmalen, schuppenartigen, sich dachziegelig deckenden Blättern bestehn, wie bei Lilium candidum; c) die netzförmige Z. (B. reticulatus), wenn die netzförmig verzweigten Gefäßbündel der Decken nach dem Absterben des zwischen ihnen liegenden Parenchyms übrig bleiben u. dann die Z. wie ein Netz umgeben, wie bei Allium victorialis; u. d) die gefranzte Z. (B. fimbriatus), wenn die netzförmige Decke sich strahlig in Fasern auflöst, wie bei Crocus sativus. In Hinsicht des Zwiebelkuchens unterscheidet man a) die Zwiebelknolle (B. solidus s. Bulbotuber), wenn der Zwiebelkuchen an Masse überwiegend u. nur von wenigen Häuten umgeben ist; b) die eigentliche Z. (Bulbus), wenn der Zwiebelkuchen im Verhältniß zu seinen Decken klein ist. Zwiebelbrut (Proles bulbi s. Bulbulus) nennt man junge Z-n, welche neben dem Keime hervorkommen, entweder ziemlich in der Mitte der Z. (B. centralis), wie bei Allium cepa u. Tulipa gesneriana, od. seitlich neben der alten Z. (B. lateralis), wie bei Ornithogalum umbellatum, od. zwischen den Decken, gewöhnlich von einem fadenförmigen Fortsatz (Sarmentum) getragen (B. periphericus), wie bei Allium descendens. Zwiebelknospen (Bulbo gemmae, Bulbilli) od. Brutknospen (Gemmae plantiparae) nennt man kleine zwiebel- od. knollenartige Knospen, welche zwischen den Blüthen wie bei Allium sativum, in den Blattachseln, wie bei Lilium bulbiferum u. Ficaria ranunculoides, od. auf den Blättern, wie bei Malaxis paludosa am Rande, bei Bryo- [771] phyllum calycinum zwischen den Blattkerben, bei Scilla maritima auf der Blattfläche hervorkommen, später sich von selbst trennen, durch Nebenwurzeln an den Erdboden befestigen u. einen Oberstock treiben. 2) Insbesondere die als Küchengewächs angebaute: a) Sommerzwiebel (Gemeine Z., Zipolle), der kugelige, etwas plattgedrückte, außen von rothgelben od. weißlichen, trockenen Schuppen umschlossene, innen weiße u. saftige, in einander geschobene blätterige Häute, runde, röhrige Blätter u. einen röhrigen, runden, in der Mitte aufgedunsenen Blüthenstängel, mit kugeliger Blüthendolde treibende Wurzelstock von Allium cepa, einer Gemüsepflanze, deren ursprüngliches Vaterland unbekannt ist. Sie hat scharfen, stechenden, Thränen der Augen erregenden Geruch u. ähnlichen Geschmack, enthält ein weißes, scharfes, flüchtiges, stark riechendes Öl, Schwefel, welcher mit dem Öle verbunden ist, eine große Menge unkrystallisirbaren Zuckers, Schleim, Phosphorsäure, Essigsäure, eine kleberähnliche vegetabilisch-thierische Substanz, welche in der Wärme gerinnt, eine kleine Menge citronsaurer Kalk, ein sehr zarter zelliger od. faseriger vegetabilischer Stoff. In den Schalen ein gelber Farbestoff. In der Medicin wird sie wenig, höchstens äußerlich als leichtes Epispasticum, od. gebraten, od. als Zwiebelsalbe, als zeitigendes Mittel auf Abscesse u. Furunkeln u. als harntreibendes Mittel bei Blasenkrampf u. Wassersucht, auch als Hausmittel, um den Haarwuchs zu fördern, angewendet; häufig aber in der Küche als eins der ersten Gewürze an Saucen, Braten, Gemüse etc., auch als eigenes Zugemüse benutzt, auch werden sie farcirt (glacirt) u. frisch, bes. von Juden, Polen, Russen gegessen. Durch die Cultur haben sich mehre durch Farbe, Gestalt, Größe ausgezeichnete Varietäten gebildet, welche in der Gärtnerei unterschieden werden. Es gibt zwei Hauptsorten, die runde od. plattrunde, sogenannte Kopfzwiebel, u. die längliche od. Birnzwiebel. Von der Kopfzwiebel gibt es weiße, bl aßrothe u. dunkelrothe; die weißen verlangen eine sehr warme Lage; die blaßrothe ist am meisten verbreitet, auch die dunkelrothe, sogenannte Ulmer Z., wird gern gekauft; die Birnzwiebeln werden selten angebaut, obgleich sie sicher u. leicht zu erziehen sind, weniger Raum verlangen u. sich ebenso lange halten als die Kopfzwiebel. Andere Varietäten sind: die Madeira-Riesenzwiebel, bei kräftigem, feuchten Boden, hat lange Vegetationsdauer; die Ägyptische Z., erzeugt auf dem Stängel viel Luftzwiebeln, welche im Frühjahr zur Fortpflanzung dienen; die Kartoffelzwiebel, sehr fruchtbar; Hanauer u. Arnstädter Birnzwiebel, sehr sein von Geschmack. Die Z. verlangt mildes, mehr trocknes als feuchtes Klima, sonnige, etwas geschützte, jedoch nicht zu sehr eingeschlossene Lage u. lockern, mehr trocknen als feuchten, kräftigen, jedoch nicht frisch gedüngten Boden. Die Z-n werden entweder aus Steckzwiebeln (kleinen Z-n, welche im Jahre vorher gesäet wurden u. ihre völlige Ausbildung nicht erlangten) od. aus Samen erzogen, welchen man am besten in Reihen säet. Will man Z-n von ausgezeichneter Größe erziehen, so muß man den Samen im Februar auf ein Mistbeet säen u. die Pflanzen im April od. Mai ins freie Land versetzen. Der Boden, worauf sie verpflanzt werden, muß mit grob pulverisirter Holzkohle vermischt sein. Man pflanzt die Z-n nach allen Seiten 1 Fuß aus einander, indem man blos ihre Faserwurzeln in die Erde bringt, u. begießt sie regelmäßig jeden Tag. Die Ernte beginnt, wenn das Kraut gelb wird u. umfällt. Ganz andere Arten sind b) die Winterzwiebeln (Allium fistulosum L.), Stängel blätterig, Blätter röhrig, Blumendolde fast kugelrund, u. die pfriemenförmigen Staubfäden hervorragend, Blumen weiß, mit grüner Linie. 3) Z. der Harnröhre, s.u. Harnröhre; 4) Z. eines Haares, so v.w. Haarwurzel.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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