- Arminius
Arminius, 1) so v.w. Hermann 1); 2) (Jacob, eigentlich Hermanni od. Harmensen), geb. 1560 zu Oudewater in SHolland, studirte in Basel, Padua u. Rom u. wurde 1587 Prediger in Amsterdam. Es war damals in Holland die Streitfrage, ob der ewige Rathschluß Gottes über Seligkeit u. Verdammung der Menschen, welcher Adams Sündenfall in sich begreife, vor od. nach dem Fall beginne? A., aufgefordert, den reformirten Bürger Volkhardt Koornhäert in Amsterdam, welcher die Prädestinationslehre angegriffen hatte, zu widerlegen, gerieth bei dieser Arbeit selbst in Zweifel, lehnte endlich die Widerlegung ab u. ward seitdem vielfältig angegriffen, gleichwohl 1603 als Professor der Theologie nach Leyden berufen. Hier ward der Streit zwischen ihm u. Gomarus so heftig, daß 1608 ein Religionsgespräch zwischen beiden Parteihäuptern, jedoch ohne Erfolg, veranstaltet ward. A. st. 1609, aber Gomarus setzte den Streit fort gegen Uytenbogaert, später Sim. Episcopius, Kon. Vorstius u. Hugo Grotius. Das Wesentlichste in der Lehre des A. war das Dogma, die Prädestination sei ein Rathschluß des göttlichen Wohlgefallens, kraft dessen Gott von Ewigkeit bestimmt habe, die Gläubigen zu rechtfertigen u. ihnen das ewige Leben zu schenken, u. ein Rathschluß des göttlichen Zorns, kraft dessen er von Ewigkeit bestimmt habe, die Ungläubigen, als von Christo Abgesonderte, zum ewigen Tode zu verdammen. Die Anhänger von A., Arminianer, milderten also die strenge Calvinische Lehre, ohne dem Pelagianismus, dessen man sie beschuldigte, zu huldigen. Sie übergaben i. J. 1610 an die Stände von Holland eine von Uytenbogaert verfaßte Remonstrantie (daher Remonstranten), welche ihre Abweichung von dem Calvinischen Lehrbegriff enthielt u. bekannte: a) Gott habe von Ewigkeit einen Beschluß zur Beseligung od. zur Verdammung gemacht unter der Bedingung des Glaubens od. des Unglaubens; b) Christus sei für Alle gestorben u. habe Allen Gnade erworben; doch könnten nur Gläubige derselben theilhaftig werden; c) der Mensch könne den seligmachenden Glauben sich nicht selbst geben, sondern es bedürfe dazu der Wiedergeburt in Christo durch den Heiligen Geist; d) ohne Gottes Gnade könne der Mensch nichts Gutes denken, wollen od. thun, aber der Gnade könne von den Menschen widerstanden werden; e) ob der Mensch wieder aus der Gnade fallen könne, darüber behielten sie sich eine Enderklärung vor (später entschieden sie sich für die Verlierbarkeit der Gnade); s. Scripta adversaria collationis Hagiensis habitae a. 1611, holländisch 1612; lateinisch von Berti, Leyd. 1616 ff. Dagegen erließen die Gomaristen eine andere Erklärung, Contraremonstrantie, worin sie die schroffe Prädestination vertheidigten u. davon den Namen Contraremonstranten erhielten. Bürgerliche Parteiungen mischten sich hierein, der Statthalter Moritz von Oranien erklärte sich für die Contraremonstranten u. ließ Oldenbarneveld, welcher zu dem Toleranzedict der Staaten in diesem Streite gerathen hatte, hinrichten u. verurtheilte Hugo Grotius, welcher an jenem Rathe sich betheiligt hatte, zu lebenslänglicher Gefangenschaft. Die Contraremonstranten theilten sich in 2 Parteien, in die Supralapsarier (Strenge Gomaristen), die behaupteten, Gott habe in ewigem freiem Rathschlusse (Decretum aeternum), schon vor dem Sündenfalle, die Erwählung od. Verwerfung Einzelner u. Adam zum Falle (jene Electi, diese Reprobati) prädestinirt, u. in die Infralapsarier (Mildere Gomaristen), welche die Erwählung u. Verwerfung Einzelner unter Voraussetzung des Falls statuirten. 1617 übergaben die Arminianer den Staaten eine neue etwas gemäßigte Remonstrantie. Allein sie wurden immer mehr bedrückt, ihr Gottesdienst vom Volke gestört u. endlich durch die Synode von Dortrecht 1618, deren Präsident der heftige Johann Bogermann war, ihre Meinung verdammt, Episcopius widerlegt, die Confessio belgica anerkannt u. die Lehre der Infralapsarier zum Glaubensartikel der Reformirten Kirche (so weit diese jene Schlüsse annahm) erhoben. Die Generalstaaten bestätigten die Schlüsse; die Remonstrantinischen Lehrer wurden abgesetzt u. des Landes verwiesen; in Holstein aufgenommen, ließen sie sich seit 1621 in Friedrichsstadt nieder, welches fortan ein Hauptsitz der Partei wurde. Nach dem Tode Moritzens von Oranien wurden die Remonstranten auch in Holland milder behandelt u. geduldet. Episcopius hatte in dem, 1621 von ihm verfaßten Glaubensbekenntniß der Partei (Confessio s. Declaratio sententiae pastorum, qui Remonstrantes vocantur, Harderw. 1622) die dogmatischen Lehren sorgfältig übergangen u. mehr die unverfängliche Sittenlehre ausgesprochen; aber bis zum Jahr 1643, wo er starb, predigte er den Arminianischen Lehrbegriff. Viele gelehrte Männer (G. I. Vossius, P. de Courcelles, P. Limborch, Jean le Clerc, Joh. Jac. Weistenius u. A.) gehörten zu den Remonstranten. Unter ihnen entstanden auch Spaltungen, die bedeutendste durch die 3 Brüder van der Codde, welche zunächst, weil es an Geistlichen fehlte, den Grundsatz, daß auch Laien lehren dürften, vertheidigten u., weil sie auch nachmals alle verordneten Geistlichen zurückweisend, von den Remonstranten sich absonderten, erst in Warmond, dann in Rhynsburg bei Leyden (daher Rhynsburger) sich 1619–30 als Gemeinde organisirten, alle Glaubensbekenntnisse der Remonstranten, wie der übrigen Reformirten, vornehmlich die Prädestinationslehre, verwarfen u. eigenthümliche gottesdienstliche Gebräuche einführten. Ihre Versammlungen 2 mal in der Woche, Sonntags u. Freitags, hießen Collegien; daher der Parteiname Collegianten. Sie waren aus verschiedenen Parteien, Arminianern, Mennoniten, Calvinisten etc. zusammengesetzt, nur Socinianer nahmen sie nicht auf. Die eigentlichen Arminianer od. Remonstranten, welche an den 5 Artikeln von 1610 festhalten u. deshalb Fünf-Artikler genannt werden, bilden noch jetzt eigne Gemeinden in England (wo sie bes. seit 1702 zahlreich sind) u. Holland (wo jedoch ihre Anzahl immer mehr sich mindert; die stärkste Gemeinde in Rotterdam beträgt 600 Mitglieder). Von den Arminianischen Baptisten, die[742] bes. in NAmerika sehr zahlreich sind, s. u. Baptisten. Vgl. Brant, Vita J. Arminii, Amst. 1724; von Mosheim, Braunschw. 1725; Adr. von Cattenburgh, Bibliotheca scriptorum Remonstrantium, Amst. 1728; Jac. Regenboog, Hist. de Remonstranten, Amst. 1774, 3 Thle. (deutsch, Lemgo 1781); Francke, Historia dogmatum Arminianorum. Kiel 1813.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.