Bleivergiftung

Bleivergiftung

Bleivergiftung, Rein metallisches Blei ist ohne Wirkung auf den Körper, wird aber in jedem seiner Oxydationszustände zu einem wirklichen Gifte; daher ist auch verschlucktes festes Blei (z.B. Schrotkörner) nicht ganz gleichgültig. Die Bleioxyde gehören zu dendurch Austrocknung u. Zusammenziehung der belebten Fasern schädlichen Giften u. bilden eine eigene Klasse, schleichende Gifte. Am stärksten wirken Mennige u. Bleiglätte u. die bleioxydsauren Salze, unter diesen bes. das essigsaure (Bleizucker) u. Bleiweiß. Letzteres bewirkt auch schon in nicht sehr großen Gaben in Magen u. Därmen, gleich ätzenden Giften, Entzündung, Brand u. Tod. Alle diese Stoffe werden meist zufällig als Dampf, Pulver bei Bereitung des Bleies (s. Hüttenkatze), des Bleioxydes od. bei Beschäftigungen damit in den Körper gebracht. Selbst der Genuß von sauern od. säuernden Flüssigkeiten, die in zinnernen Gefäßen mit zu vielem Bleizusatz od. in schlecht mit Blei glasirten Geschirren bereitet od. verwahrt worden; selbst das Trinken von Wasser aus bleiernen Cisternen, häufiges Schminken mit Stoffen, zu denen Bleiweiß (bei weißer) od. Mennige (bei rother Schminke) kommt u.a.m. ist nachtheilig. Weinhändler mißbrauchen auch Bleioxyde, bes. Bleiglätte, um in sauerm Wein die Säure abzustumpfen u. demselben einen lieblichen Geschmack zu geben. Man unterscheidet eine langsam verlaufende chronische B. (Lithargyrismus, s. auch Bleikolik), die endlich unheilbar wird u. den ganzen Organismus untergräbt, so daß ein Zustand eintritt, den man Bleikachexie nennt u. mit großer Abmagerung (Tabes saturnina) einhergeht, u. eine acute B., die durch große Mengen bedingt ist u. oft schnell zum Tode führt. Die gewöhnlichen Zufälle der B-en sind: fahle Gesichtsfarbe, Trockenheit des Mundes u. der Haut, Durst ohne Fieber, besonders aber Leiden, die sich auf den Unterleib beziehen; unter diesen die auch als eigene Krankheitsart unterschiedene Bleikolik (s.d.), mit Ekel, saurem, bitterem od. süßem Aufstoßen, Würgen u. Erbrechen, stark eingezognem Unterleib, bes. in der Nabelgegend, Verstopfung, od. Abgang von trocknen, schwarzen, kugligen Massen etc. Unter Fortdauer od. häufiger Wiederkehr dieser Erscheinungen tritt, in höherem Grade des Leidens, bes. bei Fortdauer der veranlassenden Ursache, allgemeine Verzehrung ein, mit Lähmung od. auch krampfhaftem Leiden entfernter Theile, u. endlich aus Erschöpfung der Tod. Das Heilverfahren ist theils auf Entfernung, theils auf Zersetzung des noch im Darmkanal rückständigen Bleigiftes gerichtet, nach Befinden durch schnell wirkende Brechmittel (Zinkvitriol), bes. aber durch Abführung, mit Bittersalz od. Glaubersalz, nebst reichlichem Brunnenwasser; dann auf Abstumpfung des Reizes des Bleigiftes durch ölige Mittel (Ricinusöl auch als Abführungsmittel), Milch, schleimige, schwefelhaltige Mittel; auch gleiche Klystire; äußerlich ölige Einreibungen, auch Schwefelräucherungen, Schwefel- u. Halbbäder. – Prüfung von Substanzen, die wegen Bleigehalt verdächtig sind: Jedes Bleioxyd kann durch Glühen mit Kohlenmetallisch dargestellt u. dadurch als Blei erkannt werden; Flüssigkeiten, in denen eine vorwaltende Säure ein Bleioxyd aufgelöst enthält, werden durch Eintröpfeln stärkerer Säuren geprüft, vornehmlich also durch die Schwefelsäure, die dann einen weißen Niederschlag bewirkt; auch dient der Schwefelwasserstoff, gasförmig od. tropfbar, dazu, weil sich durch ihn in dergleichen Auflösungen das entstehende Schwefelblei schwarz absetzt; bes. dient das Schwefelleberluftwasser hierzu (als Weinprobe). Auch das Natrium bewirkt in Auflösungen von essigsaurem Blei u. dergl. Niederschläge; auch der Zink gibt, indem er sich darin mit einer schwarzen Rinde überzieht, ein gutes Prüfungsmittel ab. Schwerer ist in Fällen, wo durch absichtliche Vergiftung mit Blei Tod erfolgte, dieselbe durch Untersuchung aus dem Leichenbefund auszumitteln, u. nur in Fällen, wo noch eine reichliche Menge des Giftes im Magen u. in den Därmen sich vorfindet u. wo der Tod schnell eintrat.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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