Blüthenstand

Blüthenstand

Blüthenstand (Blumenstand, Inflorescentia), die Art, wie die Blüthen mit der Pflanze verbunden sind. Sie sind A) ihrem Standorte nach: Ast-, End-, Stamm-, Wurzel-, Achselblüthen (Flores ramei, terminales, eaulini, radicales, axilares), Seitenblüthen (Fl. laterales),[925] in dem Blatte am Stängel zur Seite; gegenüber (oppositiflorus), einer andern Blüthe am Stängel od. Aste gegenüber; einem Blatte gegenüber (oppositifolius); einer andern Blüthe am Stängel od. Aste gegenüber (oppositiflorus); unter dem Blatte (extrafoliaceus), über dem Blatte (suprafoliaceus), zwischen den Blättern, in der Mitte am Stängel (intrafoliaceus), einseitig (secundi), alle nach einer Seite gerichtet, einzeln (solitarius), doppelt (Flores geminati) zahlreich (Flores multiplices s. numerosi), wenn 1 u. 2, od. viele dicht neben einander stehen; entweder sitzend (Flores sessiles), d.h. unmittelbar an dem Aste od. Stängel der Pflanze angeheftet, od. gestielt (pedunculati), wenn ihre Verbindung durch den, zwischen ihnen u. der Pflanze befindlichen Blüthenstiel (Pedunculus) vermittelt ist. Letzterer ist B) seiner Vertheilung nach: einfach (simplex), d.h. einzeln sitzend od. durch einen einfachen Stiel unmittelbar an dem Stängel od. Zweige befestigt, od. zusammengesetzt (compositus), d.h. sitzend od. gestielt an einer gemeinschaftlichen Hauptachse, die aus dem Stängel od. Zweige kommt, befestigt. Man unterscheidet bei dem zusammengesetzten Blüthenstande: a) die Hauptachse od. Spindel (Rhachis); b) die aus dieser hervorkommenden Nebenachsen (Blüthenstiele, Pedunculi) u. c) die wieder aus letzteren hervorkommenden Nebenachsen (Blüthenstielehen, Pedicelli). Stehen die Blüthen aber dicht zusammengestellt an einer verdickten Hauptachse, die gewöhnlich von einem allgemeinen Kelche umgeben ist, so heißen sie gehäufte (Flores aggregati). u. die verdickte u. verkürzte Hauptachse nennt man dann den allgemeinen Blüthenboden (Receptaculum commune florum). C) Nebentheile des Blüthenstandes: das Blatt, welches zuweilen an der Basis eines Blüthenstandes steht u. sich gewöhnlich von den übrigen Blättern unterscheidet, heißt Deckblatt (Bractēa), das aber, welches an dem Blüthenstielehen des zusammengesetzten Blüthenstands sitzt, Deckblättchen (Bracteŏla). Mehrere in eine Ebene gerückte Deckblätter od. Deckblättchen bilden zusammen eine Blüthenhülle od. allgemeinen Kelch (Involucrum, Calyx communis, s. Blüthe II. C) f). Ist ein Deckblatt so groß, daß es einen ganzen Blüthenstand umgibt u. vor dem Aufblühen ganz einschließt, so heißt es Blüthenscheide (Spatha), u. kleine, meist trockene u. steife Deckblättchen, vorzüglich bei gehäuften Blüthen, nennt man Spreublättchen (Paleae). D) Arten des zusammengesetzten Blüthenstandes; Aa) mit sitzenden Blüthen: a) mit gehäuften Blüthen auf verkürzten, verdickter, kugeliger, halbkugeliger, kissen- od. kegeksörmiger Spindel: aa) Häuschen (Aggregatum), wenn die auf der gemeinschaftlichen, verdickten Spindel sitzenden Blüthen freie Staubgefäße haben, also weder Fäden noch Beutel mit einander verwachsen sind; bb) Scheibenkopf (Compositum, Anthodium), ebenso, aber die Staubbeutel zu einer Röhre verwachsen. Bei beiden heißt die Spindel Blüthenboden (Receptaculum commune) u. die sie umgebende Blatt- od. Schuppenhülle allgemeiner Kelch (Calyx communis). In Hinsicht der Stellung der Blüthen auf dem Blüthenboden unterscheidet man die am Rande stehenden Rand- od. Strahlenblüthen (Flores radiati) u. die in der Mitte von diesen umgebenen verschiedenen Arten des allgemeinen Kelches, s. Blüthe II. C) f). Der Fruchtboden (Receptaculum) ist bald a) scheibenförmig (disciforme) u. dann wieder stach (planum) od. vertieft (concavum); b) gewölbt (convexum) u. dann wieder schwach gewölbt (convexinsculum) od. halbkugelig (hemisphaericum), kissenförmig (pulvinatum), kugelig (globosum). kegelförmig (conicum) od. walzig (cylindricum). Seiner Consistenz nach ist aber der Blüthenboden dicht (solidum). fleischig (carnosum), od. hohl (cavum), u. in Hinsicht seiner Oberfläche spreublätterig (paleatum), nackt (nudum), wenn die Spreublätter fehlen, u. wabenartig (favosum), wenn sie zu zellenförmigen Hüllen mit einander verschmolzen sind. Nach der Einfügung der Blüthen ist er endlich höckerig (tuberculosum), od. erhaben punktirt (elevato-punctatum), wenn sie auf kleinen Erhöhungen des Blüthenbodens vertieft punktirt (cavato-punctatum) od. feingrubig (scrobiculatum s. foveolatum), wenn sie in Vertiefungen sitzen. cc) Stielblume (Hypanthodium) ist ein Blüthenstand, dessen Spindel fleischig verdeckt ist u. in einer Aushöhlung die sitzenden Blüthen trägt. Sie ist bald vertieft scheiben od. becherförmig, wie bei Dorstenia, bald sehr vertieft u. dabei oben am Eingange geschlossen (clausum) u. keulen-, birnen- od. kugelförmig, wie bei Ficus. b) Mit verlängerter Spindel, an welcher die sitzenden Blüthen in verschiedenen Höhepunkten u. in (einer od. mehreren Längsreihen befestigt sind: aa) Ähre (Spica) ist ein Blüthenstand mit dünner Spindel, die beim Abfallen der Blüthen nicht mit abfällt u. dabei ohne od. doch nicht mit sehr entwickelten Deckblättern. Die Ähre kann auch wieder aus kleinen Ährchen (Spiculae) zusammengesetzt sein u. heißt dann zusammengesetzte Ähre (Spica composita). bb) Kolben (Spadix) mit dicker, wenigstens anfangs fleischiger Spindel, die von einer Blüthenscheide umgeben ist, wie bei Arum, Calla, Acorus u.s.w. cc) Kätzchen (Amentum, Julus) mit dünner, zuletzt mit den Blüthen abfallender Spindel, sehr entwickelten, meist schuppenartigen Deckblättern u. kleinen, gewöhnlich unter diesen versteckten Blüthen, wie bei der Eiche, Erle, Pappel u. Weide. dd) Zapfen (Strobilus, Conus), wie Kätzchen, aber die Deckblätter mit der Zeit der Fruchtreife sich vergrößernd, lederartig, bröckelig, holzig u. trocken od. im Gegentheile fleischig u. saftig werdend, in letzterem Falle dann mit einander verwachsend, soz.B. bei Pinus, Cedrus, Thuja, Juniperus u. Taxus. bb) Zusammengesetzter Blüthenstand mit nicht verdickter Spindel, welche die Blüthen an Stielen, auch wohl an Nebenstielen trägt: a) Mit einfachen Stielen: aa) Traube (Racemus), wenn die einfachen Stiele an dem Hauptstiele (Spindel) in verschiedenen Höhenpunkten u. einer od. mehreren Längsreihen stehen, aber sich nicht in gleichen Höhen endigen, wie z.B. bei der Johannisbeere. bb) Doldentraube (Corymbus), eben so, aber die Stiele alle in ziemlich gleichen Höhenpunkten sich endigend, die unteren Stiele also viel länger als die oberen u. die Blüthen dadurch alle in eine gemeinschaftliche Ebene (Schirm, Teller) kommend, wie z.B. bei Crataegus od. den Scheibenköpfen von Achillea, deren Stiele ebenfalls [926] Doldentraube bilden. cc) Dolde od. Schirm (Umbella), wenn die einfachen Stiele alle aus einem gemeinschaftlichen Punkte, gewöhnlich am Ende eines Hauptstieles, Stängels od. Zweiges hervorkommen u. sich in gleichen Höhenpunkten endigen. Zusammengesetzt (Umbella composita) nennt man die Dolde dann, wenn die Hauptachse mehrere kleine Doldchen (Umbellulae) trägt, die unter sich wieder eine große Dolde bilden, wie dies bei den Doldengewächsen, z.B. dem Kerbel, Kümmel, Schierling u.s.w., der Fall ist. Auch die Doldentraube kommt so zusammengesetzt vor. Die Stiele erster Ordnung nennt man dann Strahlen (Radii), u. die Dolde heißt nach der Zahl der Strahlen wenigstrahlige (Umbellae pauciradiatae) od. vielstrahlige (U. multiradiatae), auch zählt man die Strahlen u. sagt Umbellae bi-, tri-, quadriradiatae u.s.w. Ist die zusammengesetzte Dolde an ihrer Basis von Deckblättern umgeben, so heißen diese allgemeine Hülle (Involucrum generale s. universale), indeß die Deckblätter der Doldchen die besondere Hülle od. das Hüllchen (Inv. partiale proprium s. Involucellum) heißen. Zuweilen verwachsen auch die Hüllblättchen od. an ihre Stelle tritt eine Blüthenscheide. dd) Quirl od. Wirtel (Verticillus), wenn die Blüthen um ihre Achse einen Kranz bilden, Halbquirl (Semiverticillus, Verticillus dimidiatus), wenn sie nur die Hälfte der Achse kranzartig umgeben. Der Quirl kommt besonders häufig bei den Rachenblüthlern vor. ee) Köpfchen (Capitulum) ist eigentlich eine kurzstielige Traube, deren Stiele aber so am Ende zusammengedrängt sind, daß dadurch der Blüthenstand kugelig od. halbkugelig erscheint, wie z.B. beim Wiesenklee u. der Karthäusernelke. Ist der Blüthenstand dabei sehr klein u. achselständig, so heißt er Knäuel (Glomerulus), u. ist er wenig kugelig u. dabei lockerer, so wird der Büschel (Fasciculus) genannt. b) Mit verzweigten Nebenstielen: aa) die Rispe (Panicula), wenn der Hauptstiel verzweigte Nebenstiele trägt, die sich nicht in gleichen Höhenpunkten endigen. Sind die Stiele dabei kurz od. so dicht, daß sie von den Blüthen fast ganz verdeckt werden, so heißt eine solche Rispe auch wohl ein Strauß (Thyrsus), wie z.B. beim Türkischen Hollunder (Syringa). bb) Trug- od. Afterdolde (Cyma) heißt eine Rispe, deren verzweigte Stiele sich alle in gleichen Höhenpunkten endigen, so daß die Blüthen, wie bei der Dolde od. Doldentraube einen Schirm oder Teller bilden, wie z.B. beim Schneeball, Flieder, Cornelkirschenbaum etc. Spirre (Anthela) ist eine Art Doldentraube od. Trugdolde, deren Stiele abwechselnd aus einer gemeinschaftlichen Achse od. dicht unter einer End- od. Gipfelblüthe entspringen, über welche sie hinausragen (daher sie auch übergipfelter Blüthenstand heißt), wie dies vorzüglich bei, Juncus, Lurula; Scirpus sylvaticus u. and. Cyperaceen vorkommt.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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