- Darmsaiten
Darmsaiten, aus Därmen von Thieren gedrehte Saiten, zum Bezug der Bogeninstrumente. Meist werden die dünneren Därme von Ziegen, Schafen, Katzen u. Lämmern (diese die feinsten), doch auch von Wölfen (Wolfssaiten), u. zwar am liebsten von mageren Thieren, weil deren Membrane weit zäher sind, zu D. genommen u., nachdem sie aufgeschnitten u. mit einem Schäler von allen fetten u. schleimigen Theilen gereinigt u. in der Darmbeize, einer besonderen Lauge (gewöhnlich Seifensieder-, od. aus Pottasche gekochte Lauge) gebeizt sind, in Strehnen (Saitlinge) zusammengelegt, nochmals mittelst des Schleimeisens von Schleim u. anderen Unreinigkeiten gereinigt u. abgeschabt, u. dann mittels eines Drehrads, wie es die Seiler bei der Fabrikation des Bindfadens benutzen, gesponnen. Vor dem völligen Zusammendrehen der [750] Därme werden dieselben indeß noch einige Male geschwefelt. Man benutzt zu dem Ende einen Rahmen von etwa 2 Fuß Breite u. 5 Fuß Länge, dessen kürzere Seiten mit Pflöcken versehen sind. Der Arbeiter nimmt eine Anzahl Strehne, befestigt sie mit einem Ende an den Haken des Drehrades, mit dem anderen an einen der Pflöcke des Rahmens, gibt ihnen eine schwache Drehung unter fortwährendem Glattstreichen, löst sodann das eine Ende von dem Haken des Drehrades u. befestigt es an dem gegenüberstehen Pflock des Rahmens; ist der Rahmen ganz mit Saiten bespannt, so wird er in eine feuchte, dicht verschließbare Kammer, in welcher Schwefel über einem Kohlenfeuer brennt, gestellt. Nach drei Stunden wird das Drehen der Saiten fortgesetzt, dann das Schwefeln wiederholt, hierauf folgt die dritte Drehung u. Schwefelung. Die Violinsaite D wird aus 6 Strehnen, A aus 4, E aus 2–3 Strehnen zusammengedreht; zu letzteren dreht man das Saitenrad 80 Mal, zu A 60 Mal, zu D 40 Mal herum. Zu einer Contrabaßsaite sind 40–60 Därme nöthig. Nach dem völligen Zusammenspinnen, welches nach Verhältniß der Stärke der Sorten mehr od. weniger geschieht, wenn den die D. getrocknet, mit dem Reibholz geglättet, mit Öl eingeschmiert u. in Ringel gebunden. 30 Stück von letzteren heißen ein Stock. Zuweilen färbt man sie auch mit Lackmus blau u. mit Cochenille roth. Zeichen der Güte sind: Helligkeit, Durchsichtigkeit, Elasticität u. daß sie beim Aufziehen nicht verfärben; die tieferen D. werden auch mit Silberdraht überzogen. Ungleich gesponnene D. geben einen unreinen Ton u. sprechen auch unter dem Bogen nicht gut an. Die D. werden in ganz Europa von nicht zünftigen Darmsaitenmachern verfertigt, die besten kommen aber aus Italien, bes. aus Rom (Romanische Saiten) u. Neapel (wo Angelucci 1750 eine der vorzüglichsten Fabriken gründete). Gute D. besitzen, auf eine Durchschnittsfläche von einem Quadratzoll reducirt, eine absolute Festigkeit von 20,000 bis 34,000 Pfund. Die groben D., z.B. zu den Wippen der Drechsler, werden überall von Seilern verfertigt.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.