Esthland [1]

Esthland [1]

Esthland (Ehstland, esthnisch Wiroma, d.i. Grenzland, Eestima od. Meie ma, d.h. unser Land), Gouvernement im europäischen Rußland am Finnischen Meerbusen; 376,99 QM.; eingetheilt in die 4 Kreise: Harrien, Wierland, Jerven u. die Wiek od. (nach den Hauptorten) Reval, Wesenberg, Weißenstein u. Hapsal; diese Kreise zerfallen in 11 hakenrichterliche Districte, als Ost-, Süd-, West-Harrien, Allentacken, Land- u. Strand-Wierland, Ost- u. Süd-Jerven, Land-, Strand- u. Insular-Wiek, u. enthalten zusammen 5 Städte, 2 Flecken u. 47 Landkirchspiele; Hauptstadt: Reval. Das ganze Land dacht sich meistens nördlich u. nordwestlich ab u. ist fast überall eben; eigentliche Berge finden sich nicht, wohl aber Hügel, unter denen zu nennen sind: der Johannisberg auf Dagdew, die 3 Brüder (Blauberge), schmale u. spitz zulaufende Hügel in Wierland; bei dem Gute Sall befindet sich der höchste Punkt des Landes; überall bildet der Kalk den Untergrund. Von W. nach O. wird das Land von einem fast ununterbrochenen Sumpfe u. Moraste durchzogen, hat mehrere Busen u. Häfen; über 290 meist kleine Seen, die bedeutendsten darunter sind: der Peipus (Tschudische See) u. der Lodensee; viele Bäche, keinen einzigen Fluß, der zur Binnenschifffahrt tauglich wäre, da die dem Peipussee entfließende Narowa nur einen kleinen Theil des Landes begrenzt; Mineralquellen bei Löwenruhe, auf den Gütern Wiems, Kurna, Toal mit Eisentheilen, auf Kunda eine Schwefelquelle u. außerdem zwei Salzquellen. E. hat 219,800 Einwohner, unter ihnen Esthländer, die aus Deutschen, Schweden u. Russen gemischte städtische Bevölkerung u. der Adel, u. Esthen, die eigentliche Bevölkerung auf dem platten Lande wohnend u. zum Finnischen Volksstamme gehörend; die Bewohner sind meistens lutherischer Confession, doch gewinnt auch die russische Kirche neuerdings mehr Boden. Die Esthen sind weich von Gemüth, indolent, friedlich, halten fest an ihren alten Sitten u. Gebräuchen, haben goldgelbes Haar, tragen schwarze Kleidung, auf dem Kopf die Männer Pelzmützen, die Weiber weiße Leindwandtücher, reden eine eigene Sprache (s. Esthnische Sprache); ihre Häuser sind klein u. von Holz; der Ackerbau wird durch die am 31. Oct. 1839 bestätigte Esthländisch-ökonomische Gesellschaft befördert, ist aber im Allgemeinen gegen die Nachbarländer noch zurück; man baut Roggen, selten Weizen, grobe u. Landgerste, Hafer u. Buchweizen, so wie Kartoffeln, Hanf u. Flachs; der Garten- u. Obstbau beschränkt sich auf die herrschaftlichen Gärten; nicht unbedeutende Viehzucht; die Waldungen enthalten mehr Nadel- als Laubholz; von Wild gibt es Bären, Wölfe, Luchse, Dachse, selten Elennthiere; am Strande der Ostseemachtman Jagd auf Seehunde. Die Versassung u. Verwaltung E-s beruht vornehmlich auf dem am 26. Febr. 1797 aller höchst bestätigenden, theils abändernden Deklad eines dirigirenden Senats, u. seit Emancipation der Bauern in E. auf den am 23. Mai 1816 bestätigenden Bauernverordnungen, mit den durch spätere Befehle u. andere Verordnungen bis jetzt eingetretenen Modificationen. Vgl. Possart, Statistik u. Geographie des Gouvernements E., Stuttg. 1846; Das esthländische Landrathscollegium, Reval 1854.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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