- Gangliennerven
Gangliennerven (Intercostal- od. Sympathischer Nerv), eine Reihe Nerven, welche längs des Rumpfes, also vom Kopf an bis zum Ende des Steißbeins, laufen, finden sich auf jeder Seite der Rückenwirbelsäule in einer Reihe von 24 od. 25 Ganglien (Grenzknoten) als Ganglienkette, die sowohl unter sich durch verbindende Nervenfäden, als auch durch abgehende Nerven mit den meisten Gehirnnerven, mit allen Rückenmarksnerven u. nach innen mit dem Sonnengeflecht verbunden sind. Die hierzu gehörigen Ganglien haben zwar eine feste, aber doch nicht so dichte äußere Hülle, wie die Spinalganglien; die zweite Substanz umschließt die Nervenfäden innerhalb des Ganglions auf das festeste, u. diese treten in sehr verschiedenen Richtungen ein u. aus. Die Organe, welche von diesen G. aus Nerven bekommen, sind dem Einflusse des Gehirns (also auch dem Willen u. der sinnlichen Wahrnehmung) weit mehr entzogen, als andere; ihre Verrichtungen gehen gewöhnlich ununterbrochen fort; sie sind keiner Vervollkommnung durch Übung u. Ausbildung fähig; nur in krankhaftem Zustande u. bei erhöhter Reizung gelangen Affectionen in ihnen durch Schmerz zum Bewußtsein. Es haben daher die G. keinen Centralpunkt in der Maße, wie die übrigen Nerven, welche in Beziehung auf das Gehirn u. im Gegensatz auch in ihrer Gesammtheit als Cerebralsystem bezeichnet werden. Die einzelnen Ganglien, welche mit den zu ihnen gelangenden u. von ihnen ausgehenden Nervenfäden das Gangliennervensystem bilden, sind gleichsam zerstreute kleine Gehirne, deren jedes für sich besteht, obgleich sie sämmtlich in Bezug auf einander zu ihrem Centraltheil, dem Sonnengeflecht (s. unten), welches deshalb auch als Unterleibsgehirn (Cerebrum abdominale) bezeichnet wurde, stehen, wodurch bes. die Phänomene der Sympathie körperlich begründet werden, sowie auch[913] das Gemeingefühl vorzugsweise in dem Gangliennervensysteme seinen Sitz hat. So sehr auch die Zahl u. Größe dieser G. in verschiedenen Individuen, ja bei demselben Individuum, auf beiden Seiten variirt, so haben sie doch eine bestimmte u. wesentlich folgende Anordnung A) Man unterscheidet an den G.: a) einen Halstheil, dessen Ganglien in der gedachten Kette, zwei od. drei an der Zahl, als Halsknoten (Ganglia cervicalia) unterschieden werden. Der oberste (Ganglion cervicale supremum) liegt vor dem zweiten u. dritten Halswirbel. Aus ihm entspringen: aa) der Kopfschlagadernerv (Nervus caroticus), ein merkwürdiger Zweig, welcher in den Kopfarterienkanal (Canalis caroticus) aufsteigt, sich in zwei Aste theilt, die innere Kopfschlagader umschlingt, das innere Kopfschlagadernervengeflecht (Plexus caroticus inter.) mit dem Zellknoten (Ganglion caroticum) bildet, aus welchem Plexus der Nervus carotico-tympanicus inferior, superior u. vidianus profundus entspringt u. sich mit dem sechsten u. dem zweiten Hauptast des fünften Gehirnnerven verbindet (daher der ganze Intercostalnerv nach der älteren Ansicht als in diesem Gehirnnerven wurzelnd angesehen wurde); bb) der Drossellochnerv (Nerv. jugularis), welcher am Vagus zum Drosselloch in die Höhe läuft u. sich mit den neunten, zehnten, zwölften Gehirnnerven verbindet; cc) drei bis sechs Stück weiche Nerven, welche um die Theilungsstelle der gemeinschaftlichen Carotis den Plexus nervorum mollium (s.d.) mit dem Ganglion intercaroticum bilden; dd) der lange Herznerv (s.d.), welcher nach innen neben dem Stamme des Sympathicus zum oberen Aortennervengeflecht herabläuft; ee) Fäden zur Carotis den Schlund- u. Kehlkopf, den Halsgeflechten u. mehreren Gehirnnerven. Der mittlere Knoten liegt vor dem fünften u. sechsten Halswirbel, fehlt oft, gibt den mittleren Herznerven Zweige zum Aorten- u. Schilddrüsengeflecht u. zur Verbindung mit anderen Nerven. Der unterste Knoten gibt den unteren od. großen Herznerven u. mehreren Nerven zu Geflechten u. anderen Nerven. b) Einen Brusttheil, mit 12 Brustknoten (Ganglia thoracica), aus denen bes. die Eingeweidenerven (Nervi splanchnici, s.d.), u. zwar einen großen u. einen kleineren, welche beide zum Sonnengeflecht gehen, auch die zum Nierengeflecht gehenden hinteren Nierennerven entspringen; c) einen Lendentheil, der bes. aus fünf (oft auch nur vier) Lendenknoten (Ganglia lumbalia) zusammengesetzt ist; d) einen Beckentheil, gewöhnlich aus fünf Kreuzbeinknoten (Ganglia sacralia) bestehend, wovon die letzten auf beiden Seiten mit dem kleinen Steißknoten (Ganglion coccygeum) in der Mitte, welcher die ganze Kolbe unterwärts schließt, sich verbinden. B) Die von den Ganglien ausgehenden Aste bilden viele wichtige Nervengeflechte (Plexus). Solche sind: a) im Kopfe das erwähnte Kopfschlagadergeslecht, von welchem außer den oben genannten Nervenästen noch ein Ast (Radix media ganglii ciliaris) durch die obere Augenhöhlenspalte zum Ciliarganglion, ein anderer (Nervus tentorii cerebelli) über den Sehnerven hinweg zum Hirnzelte geht. Paukengeflecht (Jacobsonsche Anastomose, Plexus tvmpanicus), am Boden u. der inneren Wand der Paukenhöhle. b) Am Halse: Plexus caroticus externus inferior, der von den Schlund-, Kehlkopfsäften des ersten Halsknotens gebildet, unterhalb des Canalis caroticus rings um die Carotis liegt; Plexus nervorum mollium (s. oben); Plexus caroticus communis, von Fäden des G. intercaroticum (s. oben), des zweiten Halsknotens u. der Herznerven gebildet, welche gemeinschaftlich die Carotis umschlingen; Plexus subclavius, von Fäden des untersten Halsknotens gebildet, die Arteria subclavia umgebend. c) Inder Brusthöhle das Herzgeflecht (Plexus cardiacus, P. aorticus superior), von Herznerven des Sympathicus u. Vagus gebildet, umstrickt den Aortenbogen, enthält zwischen Aorta u. Luftröhre das Ganglion cardiacum, zieht sich an der Lungenpulsader u. absteigenden Aorta zum Herzen herab, wo es sich in das rechte u. linke Kranzgeflecht des Herzens (s.d.) fortsetzt. Plexus aorticus thoracicus, von Fäden der Brustknoten gebildet, um die Brustaorta liegend, gibt Zweige zu den meist vom Vagus gebildeten Speiseröhren- u. Lungengeflechten. d) Im Bauch u. Becken: das Sonnengeflecht (Plexus solaris, coeliacus), der Centraltheil der G. wird von den Eingeweidenerven, dem Vagus u. den Zwergfellsnerven gebildet, steht mit allen Geflechten in Verbindung, enthält außer mehreren unbestimmten Knoten (Ganglia centralia) bes. den rechten u. linken halbmondförmigen Knoten (Ganglion semilunare), umgibt die Theilungsstelle der Baucharterie, setzt sich fort in dem rechten u. linken Zwerchfellsgeflecht, an den unteren Zwerchfellsarterien, in dem großen Magen- od. Magenkranzgeflecht in der kleinen Curvatur des Magens, mit dem vorderen u. hinteren Magengeflecht an den Magenwänden; dem Lebergeslecht an der Leberarterie u. Pfortader, mit mehreren kleineren Plexus, u. in dem Milzgeflecht an der Milzarterie, mit wenigen aber ansehnlichen Knoten. Das obere Gekrösgeflecht (Plexus mesentericus superior) an der oberen Gekrösarterie. Das untere Gekrösgeflecht umgibt die untere Gekrösarterie u. gibt zum Mastdarm Nervi haemorrhoidales superiores. Das Nierengeflecht (Plexus ren ales) an der Nierenarterie, gibt den Plexus suprarenalis zu den Nebennieren u. den Pl. spermaticus internus zum Hoden od. Eiersack. Plexus aorticus abdominalis s. inferior, auf der vorderen Seite der Bauchaorta. Plexus hypogastricus superior, um die Theilungsstelle der Aorta in die Hüftarterien liegend, setzt sich nach rechts u. links in die Plexus hypogastr. dexter u. sinister fort. Letztere beide Geflechte verbreiten sich mit den Zweigen der Art. hypogastrica u. bilden Geflechte an dem Mastdarm, der Blase u. den Geschlechtstheilen.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.