- Glarus [2]
Glarus (Gesch.). Der jetzige Canton wurde bis zum 5. Jahrh. zu Rhätien gerechnet. Gegen das Ende des 5. Jahrh. erschien St. Fridolin hier, bekehrte die Einwohner zum Christenthum u. gab G. dem von ihm gestifteten Kloster Seckingen zum Geschenk, dessen Schirmvogt später der Kaiser selbst wurde. Noch im 11. Jahrh. bestand die ganze Bevölkerung von G. blos aus 40–50 freien Geschlechtern; die wenigen übrigen Bewohner waren Leibeigene des dortigen Klosters. 1173 bewog Kaiser Friedrich I. das Stift, seinen dritten Sohn den Grafen Otto von Burgund, als Schirmvogt des Klosters anzunehmen, nach dessen Tode dieses Amt dem Grafen von Habsburg u. so dem Hause Österreich zufiel. 1299 ließ sich Kaiser Albrecht I. von dem Kloster förmlich mit der Schirmvogtei belehnen u. schickte nun Vögte nach G., welche aber die Bewohner drückten u. Veranlassung gaben, daß sich dieselben mit den Eidgenossen verbündeten, die Vögte vertrieben u. nach langen Kämpfen mit Österreich, endlich am 2. April 1388 in der Schlacht bei Näfels ihre Freiheit errangen, worauf sie 1395 auch die Oberherrlichkeit von dem Kloster Seckingen erkauften. 1415 bestätigte Kaiser Sigismund ihre Freiheiten. Von nun an theilte G. das Geschick der Eidgenossen. 1506–16 war Zwingli Pfarrer in G., weshalb sich bereits 1528 der größte Theil seiner Bewohner der Reformation zugewandt hatte, u. 1530 die Katholische Kirche nur noch in Näfels, dem Flecken G. u. zum Theil im Linththale Bekenner hatte. Diese Religionstrennung gab zu manchen Streitigkeiten Anlaß, u. erst 1683 kam zu Baden eine Vereinigung zwischen beiden Religionsparteien zu Stande, seit welcher Zeit beide ungestört im Canton neben einander bestanden. Die Bewohner von G. lebten nun zwar ruhig fort, blieben aber in allen Zweigen der Industrie weit zurück, suchten oft Unterkommen u. Brod im Auslande u. fingen erst am Ende des 18. Jahrh. an, durch Betriebsamkeit ihren weit vorgeschrittenen Landsleuten nachzustreben. 1807–12 wurde ein großer Theil des versumpften Linththales trocken gelegt, wodurch 20,000 Morgen für den Anbau gewonnen wurden. Die Gesetzgebung wurde ebenfalls revidirt, die Schulen erweitert u. Ackerbau, Viehzucht u. Industrie blühten auf. Die katholische Bevölkerung blieb auffallend zurück u. trat den Reformirten überall feindlich gegenüber, was ihr um so leichter wurde, als sie, obgleich nur ungefähr 1/7 der Bevölkerung von G., doch eine eigene Landesgemeinde bildeten, welche denselben politischen Einfluß hatte, als die der Reformirten. Dieser Übelstand gab Anlaß, daß im Oct. 1836 eine außerordentliche Landesgemeinde zusammentrat u. dem Canton eine neue Verfassung gab, durch welche eine einzige Landesgemeinde errichtet u. das Vorrecht der Katholiken aufgehoben wurde. Diese politische Reform gab zu vielen Streitigkeiten Anlaß; die katholischen Priester verweigerten auf Antrieb des römischen Nuntius in Schwyz u. des Bischofs von Chur aufgeregt, der neuen Verfassung die Anerkennung u. widersetzten sich bei jeder Gelegenheit der Regierung, bis endlich am 18. April 1837 diese den Bisthumverband mit Chur aufhob u. vier der widerspenstigsten Priester absetzte. 1842 erfuhr die Verfassung einige unwesentliche Abänderungen. Im Sonderbundskriege von 1847 stand G. auf Seiten der Eidgenossenschaft. Vgl. Heer u. Blumenheer, Der Canton G., historisch, geographisch u. statistisch geschildert, 1846.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.