- Gorgĭas
Gorgĭas, 1) griechischer Sophist u. Rhetor, aus Leontini in Sicilien, um 430 v. Chr. Schüler des Empedokles u. Lehrer des Isokrates; suchte der Rede durch äußeren Pomp das zu ersetzen, was ihr an Gediegenheit abging. Er zeigte seine Kunst an verschiedenen Orten Griechenlands, bes. in Athen, wo Kritias u. Alkibiades ihn hörten, u. wo er die Athener überredete, 427 den Syrakusanern Hülfe zu schicken. Er ging mit dahin u. erregte auch dort Aufsehen durch seine Redeweise. Nach seiner Rückkehr trieb er sein Redegeschäft, bes. in Thessalien, fort u. erwarb sich viel Geld. Er starb 398 v. Chr., angeblich 107 Jahre alt. Seine Sophistik baute G. auf Melissos' u. Zenos Scepticismus, den er übertrieb, sofern er ihn auf das praktische Leben anwandte. In seiner (verlorenen) Schrift Περὶ, ύσεως suchte er zu beweisen, daß nichts wirklich, nichts erkennbar, keine Erkenntniß durch Worte mittheilbar sei. Er führte in die Beredsamkeit die Dialektik ein, hatte aber Verdienst um die formelle Ausbildung der Beredsamkeit, deren erster Lehrer in Griechenland er war; die Dialektik in Unterhaltung u. öffentlicher Rede war auch der Gegenstand seines Unterrichts, welchen er der Jugend ertheilte. Seine Sammlungen von Prunkreden (Ἐνδείξεις) sind verloren; mit Unrecht werden ihm zugeschrieben die zwei Reden: Eλένης ἐυκώμιον u. Παλαμήδους[477] ἀπολογία in der Reiskeschen, Bekkerschen u. Orellischen Sammlung griechischer Redner. Vgl. Foß, De Gorgia Leont., Halle 1828. 2) G. der Jüngere, Rhetor zu Athen, welchen der junge M. Cicero hörte; von seiner Schrift: Σχήματα δια νοίας καὶ λέξεως machte Rutilius Lupus (s.d.) einen Auszug. 3) G., einer der drei Feldherren, welche der syrische Statthalter Lysias gegen die Juden sendete; er wurde von Judas Makkabäos geschlagen; nach zwei Jahren aber besiegte er die Juden unter Joseph von Azarias u. eine Priesterschaar, die ihn verfolgte, bei Marcha.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.