- Kartoffelkrankheit
Kartoffelkrankheit, verschiedene theils das Kraut, theils die Knollen der Kartoffel ergreifende Krankheiten. Man unterscheidet a) die Kräuselkrankheit. Sie wurde zuerst 1580 u. dann wieder 1781 beobachtet; die Stängel der Pflanzen werden bräunlichgrün, bekommen Rostflecken, die bis ins Mark dringen u. dasselbe rostfarbig färben; die nahe am Stängel sitzenden Blätter magern ab u. schrumpfen unter Ablegung ihrer natürlichen Farbe zusammen. Die Knollen sind seifig, unangenehm schmeckend u. ungesund, im Inneren braun u. fahlgelb. Die Ursache ist unbekannt, rührt aber jedenfalls von dem Befallen her. b) Schorf (Räude, Krätze), erscheint an den weißen u. gelben Kartoffelsorten häufiger als an den rothen u. blauen, wirkt zwar nicht zerstörend auf die Substanz der Knollen, verschlechtert diese aber. Im ersten Stadium bemerkt man im Herbst an den noch im Acker liegenden Knollen od. auch erst kurz nach der Ernte dunkele Fleckchen an der Oberhaut, von 1/2–1 Lin. Durchmesser od. in großen Flächen zusammenfließend, das Fleisch zeigt noch keine merkliche Veränderung, die Flecken gehen aber bald in Warzen über u. der Geschmack der Kartoffeln verändert sich; solche Knollen treiben schlecht. Im zweiten Stadium, welches nach einigen Wochen eintritt, reißt die Oberhaut der Warzen, u. es entsteht eine Pustel mit braunem Pulver erfüllt, nach dessen Verstreuen Grübchen übrig bleiben; das Fleisch unter den Warzen der Grübchen geht in trockene Verderbniß über, u. es sondert sich eine neue Schale von moderiger Beschaffenheit von dem darunter liegenden gefunden Fleische ab. Der Schorf entsteht häufig nach Düngung mit Mergel, Kalkmörtel, alter Lehmwand, Straßenkehricht, Schippmist, kalireicher Torfasche, Schaf- od. Pferdemist, Jauche. c) Fäule (Stockfäule) tritt in zwei Formen auf: als Trocken- u. Naßfäule. Diese Krankheit trat zuerst 1830 im Westerwalde u. an der Eifel auf, verbreitete sich bald über ganz Deutschland, wich 1845 dem Laubbrande, kommt aber auch jetzt noch hier u. da vor. Der Stockfäule geht ein Stadium der Vorbereitung voraus. Die Oberhaut verliert ihren Glanz, trocknet ein u. bildet dunkele, runzelige Flecken, welche später zu größeren Flecken zusammenfließen. Am Rande derselben löst sich die Oberhaut ringsum schuppenförmig, so daß eichelförmige Absonderungen derselben entstehen. Unter diesen Stellen der Oberhaut fängt das Fleisch der Knollen zu verderben an, indem es erst gelb, dann immer dunkeler braun u. endlich schwarz wird. Bei der Trockenfäule erheben sich die trockenen Flecken zu Wärzchen od. Höckerchen, welche in der Mitte einsinken u. aufreißen, u. es drängt sich daraus eine rasenförmige Schimmelbildung (Fusisporium solani) hervor, welche aus kleinen weißen Punkten besteht u. im Zellgewebe ihren Ursprung hat. Die Kartoffel verbreitet nun einen fauligen Geruch, die Krankheit bereitet sich in der ganzen Knollensubstanz aus, der Mehlgehalt verliert sich mehr u. mehr u. die Kartoffel bleibt beim Kochen fest; der Pilz verstaubt, die Knolle trocknet aus, wird specifisch leichter u. keimt schwer; häufig bilden sich aber kleine erbsenfarbene Brutknollen auf der kranken Kartoffel, deren Durchschnittsfläche braungelb marmorirt, durch innere Risse hohl u. von Milben bewohnt ist. Im letzten Stadium der Krankheit tritt schnell eine Zersetzung u. Auflösung der festen Bestandtheile der Knollen ein, die bald mit gänzlicher Fäulniß endet. Die Stockfäule besteht in einer jauchigen Zerstörung u. Auflösung der Knollen; dieselben fangen an schwammig, feucht, breiig zu werden, die von der Haut entblößten Knollen zeigen eine grüne, oft blauschwarze u. braune Farbe, stinken u. stecken andere nebenliegende Kartoffeln an. Die Krankheit entsteht erst in den Aufbewahrungsorten der Kartoffeln, zieht sich oft langsam den ganzen Winter hindurch u. während dem Frühjahr hin u. setzt sich dann an den in die Erde gelegten schon angesteckten Kartoffeln fort. Am häufigsten entsteht die Stockfäule, wenn Erkältung, Angrünung u. Nässe in stärkeren Graden vereint auf die Kartoffeln eingewirkt haben, u. wenn sich die Knollen im Aufbewahrungsorte stark erhitzen. d) Laubbrand, trat schon 1747 u. 1757 im Sächsischen Erzgebirge u. zwischen 1770 u. 1796 in Baden, Württemberg u. Hannover auf. 1845 erschien diese Krankheit wieder, verbreitete sich bald epidemisch über ganz Europa u. hat sich bis jetzt noch nicht verloren, obschon sie minder intensiv auftritt u. sich über weniger größere Strecken verbreitet als früher. Der Laubbrand entsteht unmittelbar unter der Schale der Kartoffel, nicht im Inneren des Kartoffelfleisches; es bilden sich Anfangs an den gesunden Knollen im Boden bräunliche u. schmutzigviolette Flecken von Linsen- u. Erbsengröße, zunächst unter der Oberfläche der durchscheinenden noch gefunden Schale. Diese Flecken vergrößern sich nach einigen Tagen allmälig, nehmen gleichzeitig eine dunklere Farbe an u. zeigen in dem ersten Stadium der Krankheit dieselbe Härte u. Festigkeit wie das Fleisch gesunder Kartoffeln, werden aber später pelzig, weich u. wässerig. Im zweiten Stadium der Krankheit ist die Kartoffel auf ihrer Oberfläche fast ganz von einem schwarzbraunen Körper überzogen, u. man bemerkt auch kleine Vertiefungen, welche sich in länglichen Streifen zu erkennen geben Solche Kartoffeln haben einen unangenehmen moderigen Geruch. Unmittelbar unter der Schale befindet sich ein messerrückendicker schwarzgrauer Streifen, welchem zunächst das Fleisch von schmutzigweißer Farbe ist, während sich in der Mitte der Knolle braune ausgehöhlte Flecken befinden. Die Krankheit zeigt sich zuerst am Kraute; dasselbe wird welk, ist wie gebrüht, sieht schwarz u. neigt sich zur Erde; auf der Oberfläche der Blätter u. Stängel befinden sich größere u. kleinere schwarzbraune Flecken; von dem Kraute theilt sich die Krankheit den Wurzeln u. Knollen mit. Der Laubbrand ist nicht in dem Grade schädlich wie die Stockfäule, weil er nur das Zellgewebe zerlegt. Im ersten Stadium der Krankheit sind die Kartoffeln noch genießbar; auch im zweiten Stadium können sie noch dem Vieh gefüttert werden u. eignen sich zur technischen Verwendung eben so gut wie gesunde Kartoffeln, weil das Stärkemehl nicht angegriffen ist. Die Ursachen des Laubbrandes sind unbekannt, rühren aber jedenfalls von der Witterung her. Am meisten sind ihr die weißschaligen, spätreifenden Kartoffelsorten unterworfen, während die buntschaligen Sorten ihr mehr od. ganz (wie die Zwiebel- u. Rio-Frio-Kartoffeln)[352] widerstehen Alle Mittel gegen den Laubbrand haben sich hülflos erwiesen. Vgl. Schacht, Die Kartoffelpflanze u. deren Krankheit, Berl. 1856; Löbe, Die Krankheiten der Kartoffel (Preisschrift), Lpz. 1855.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.