- Kreosot
Kreosot (v. gr.), ein von Reichenbach entdeckter Körper, welcher sich bei der trockenen Destillation von Holz, namentlich Buchenholz, Steinkohlen, Braunkohlen etc. bildet, er findet sich daher im rohen Holzessig u. im Theer. Das K. ist eine farblose, ölige Flüssigkeit von durchdringendem, unangenehmem, dem Rauche ähnlichem Geruch u. brennendätzendem [793] Geschmack; es reagirt nicht auf Pflanzenfarben, ist flüchtig u. siedet bei 203°; sein specifisches Gewicht ist 1, 037; es ist nicht krystallisirbar u. bleibt auch in starker Kälte noch flüssig, bricht das Licht sehr stark, leitet die Elektricität nicht; wirkt ätzend auf die Haut, innerlich genommen, giftig; verharzt sich nicht an der Luft, läßt sich schwer entzünden, brennt aber dann mit heller, rußender Flamme; es löst sich in Alkohol, Äther, Ölen, verdünnten Säuren u. Alkalien, auch in etwa 80 Theilen Wasser von gewöhnlicher Temperatur, weit mehr in kochendem, nimmt aber selbst durch Schütteln 1/10 seines Gewichtes an Wasser auf; es löst Schwefel, Selen u. Phosphor auf; salpetersaures Silberoxyd wird dadurch reducirt, concentrirte Schwefelsäure färbt es purpurviolet; durch oxydirende Mittel, wie Eisenoxydsalze, Goldchlorid u. Mangansäure verharzt es, setzt aber keine Krystalle ab; durch Chlorgas wird es milchig getrübt u. roth gefärbt; mit concentrirter Salpetersäure explodirt es, durch verdünnte Salpetersäure wird ein Harz gebildet, welches mit Ammoniak krystallisirbare, schwer lösliche Salze bildet; bei längerer Einwirkung von Salpetersäure entsteht nach Laurent Trinitrophenylsäure u. zwei andere, in gelben Blättern u. Nadeln krystallisirbare Säuren, Kreosotsäuren. Es coagulirt Eiweiß u. Blutfarbstoff, schützt frisches Fleisch vor Verwesung, so daß es austrocknet u. dem geräucherten ähnlich wird, so wie denn von ihm hauptsächlich die conservirende Kraft des Holzessigs u. des Räucherns bedingt wird. Das meiste in dem Handel vorkommende K. wird aus Steinkohlentheer gewonnen u. ist fast immer Phenylsäure, daher man oft an der Existenz des K. gezweifelt u. angenommen hat, daß alles K. Phenylsäure sei. Doch ist in neuerer Zeit, namentlich durch die Arbeiten von Gorups, gezeigt worden, daß das K. aus dem Buchenholz in der That ein eigenthümlicher, von der Phenylsäure wesentlich verschiedener Körper sei, dessen Zusammensetzung von Völckel = C24H13O4, HO, von Gorup = C26H16O4 angegeben wird, während das aus dem Steinkohlentheer gewonnene K. die Zusammensetzung C14H7O, HO haben soll (s.u. Kreolyl). Reines K. wird in der Medicin, außer gegen Zahnschmerzen, nicht angewendet, wohl aber als Zusatz zu Salben gegen hartnäckige herpetische Geschwüre, u. in 80 Theilen Wasser aufgelöst als Kreosotwasser gegen faulende Geschwüre, Krebs, Caries u. bes. wegen seiner Eigenschaft das Eiweiß zu coaguliren, ohne Entzündung zu bewirken, als blutstillendes Mittel bei Wunden, wo es der Aqua Binelli (s.d.) u. der in Schlesien zu gleichem Zweck gebräuchlichen Aqua empyreumatica (durch Destillation rohen Holzessigs mit Kreide bereitet), welche beide K. in unreinem Zustande enthalten, vorzuziehen ist; es wird auch als sehr wirksam gegen die Seekrankheit empfohlen.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.