Steuerruder

Steuerruder

Steuerruder, ein breites, am Hintertheil des Schiffes senkrecht durch Haken u. Ösen befestigtes u. in Angeln bewegliches Holz, durch welches dem Schiff beliebige Seitenwendung gegeben wird, indem, wenn es rechts gedreht wird, das Schiff sich sogleich links wendet, u. umgekehrt. Es besteht aus drei Theilen: der Pfoste, dem hintern stärkern Theil, dem Klick u. der Hacke, dem vordern breiten Theil. Unten ist es breiter, verjüngt sich jedoch nach oben um 1/3. Die Pfoste hat oben am Kopfe ein viereckiges Loch für die Ruderpinne, d.i. ein Hebel von Eichenholz, welche in das Schiff hineingeht u. womit das Schiff gedreht wird, bei breiten Flußkähnen u. kleinen Kauffahrteischiffen mit den Händen od. mittelst der Rudertaljen, einfacher Flaschenzüge auf jeder Seite des S-s an den Seitenwänden des Schiffs befestigt, um durch Anholen od. Führen des Taues das Ruder in die gehörige Stellung zu bringen; auf größeren Schiffen, wo es schon größerer Kraft zur Bewegung bedarf, mittelst eines Steuerrades (s.d.) hinter dem Befahnmast. Es ist zu dem Ende ein ungetheertes Tau, das Steuerreep, um die Welle des Steuerrades geschlungen u. geht durch das im Deck befindliche Scheibengat hinunter, das eine Ende nach dem rechten, das andere nach dem linken Bord des Schiffes, daselbst durch einen Block u. nach der Ruderpinne zurück, wo beide Enden fest sind. Auf kleinern Fahrzeugen heißt die Bohle, worauf derjenige steht, welcher das S. lenkt, die Steuerbrücke. Der Matros, welcher hinter dem S. steht, um das Schiff zu steuern, heißt der Rudergänger (Rudersteurer, Mann am Ruder). Werden zwei zu dieser Arbeit gebraucht, so heißt derjenige, welcher vor dem Compaß steht, der Rudergänger u. der andere der Blinde Mann. Letzter muß beständig auf das Commando des Ersteren Achtung geben. Der Schiffsbeamte, welcher die Leitung des Schiffs nach dem, von dem Capitän bestimmten Curs besorgt u. daher Alles unter seiner Aufsicht hat, was zu den nothwendigen Beobachtungen gehört, die Compasse, Sextanten, Loglienen etc., heißt Steuermann (Steuerer, lat. Gubernator, gr. Kybernetes). Sind zwei od. drei Steuerleute (beziehentlich ein od. zwei Steuermannsgehülfen) vorhanden, so heißt der zweite Untersteuermann, der dritte aber die Dritte Wacht (Steuermannsmat). Auf Kriegsschiffen ist der Steuermann ein Unteroffizier u. hat alle astronomischen u. sonstigen Instrumente unter seiner Aufsicht, wie Quadranten, Sextanten, Compasse, Logge, Seekarten etc. Er stellt den Curs nach dem vom Capitän bestimmten Wege u. führt ein Journal. Liegt ein Schiff vor Anker, so hat er auch die Oberaufsicht über alles zu den Ankertauen u. deren Klarhaltung Gehörige. Kauffahrteischiffe haben gewöhnlich. nur einen Steuermann, welcher unmittelbar auf den Capitän folgt. Wenn ein Lootse (s.d.) an Bord des Schiffs genommen wird, so verrichtet dieser den Dienst des Steuermanns. Die Kenntnisse, welche dem Steuermann auf der Fahrt über das Meer unentbehrlich sind, um jeden Moment den Lauf des Schiffs zu bestimmen, zerfallen unter dem Namen der Steuermannskunst (Nautik) in zwei Theile: den theoretisch-mathematischen u. den praktischen. Der theoretisch-mathematische Theil lehrt die astronomische Bestimmung der Polhöhe u. Entfernung der Sterne um die Längen- u. Breitengrade, die Stunden des Tages u. das Abtreiben des Schiffs von seinem directen Laufe, kurz den von ihm gemachten u. den noch zu machenden Weg zu berechnen; der praktische Theil beschäftigt sich mit der unmittelbaren Regierung des Schiffs durch das Ruder u. die Segel, dem Stellen der Segel in den Wind, den Vorsichtsmaßregeln bei drohendem Ungewitter, der Kenntniß der Küsten u. der Seestürme an denselben, dem Ausbringen u. Einnehmen der Anker etc. Der Steuermann war schon im Alterthum eine Hauptperson auf dem Schiffe; sein Platz war auf dem Hintertheil des Schiffs u. Alles, was geschehen sollte, hing von seiner Anordnung ab. Verlangt wurde von ihm genaue Kenntniß des Gebrauchs des S-s, der Segel u. aller bei der Schifffahrt gebrauchten Werkzeuge, ferner Kenntniß der Winde, der Gestirne u. ihres Einflusses auf die Erde u. die Witterung, endlich des Meeres, bes. wo gute Häfen, Klippen, Sandbänke etc. waren. Vgl. Schifffahrt u. Schifffahrtskunde 2).


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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