Tiedemann

Tiedemann

Tiedemann, 1) Dietrich, geb. 3. April 1748 in Bremervörde, studirte 1760 in Göttingen Theologie u. Jurisprudenz, später bes. Philosophie, wurde 1776 Professor der Lateinischen u. Griechischen Sprache an dem Collegium Carolinum in Kassel, 1786 Professor der Philosophie in Marburg u. st. dort 24. Septem ber 1803. Er war ein Gegner Kants. Sein philosophisches System war Anfangs nicht ganz von den Fesseln der Dogmatik frei, späterhin schien er sich zum Scepticismus zu neigen. Religion bestand ihm in moralischer Gesinnung u. im rechtschaffenen Handeln; der äußere Cultus hatte für ihn wenig Werth. Er schr.: Geist der speculativen Philosophie, Marb. 1791–96, 6 Thle.; System der stoischen Philosophie, Lpz. 1776, 3 Thle.; Untersuchungen über den Menschen, ebd. 1777, 3 Thle; Griechensands erste Philosophen, ebd. 1780. Vgl. Creuzer, Memoria T., Marb. 1803. 2) Friedrich, Sohn des Vor., geb. 23. August 1781 in Kassel, studirte 1798–1803 in Marburg u. Würzburg Medicin u. Naturwissenschaften, wurde 1804 Privatdocent in Marburg, 1806 Professor der Anatomie u. Zoologie in Landshut, 1816 Professor der Anatomie u. Physiologie in Heidelberg, trat 1849 in Ruhestand, lebte erst in Frankfurt a. M., dann in München u. st. daselbst 22. Januar 1861. Er schr.: Zoologie, Landshut 1808–10, 3 Bde.; Anatomie des Fischyerzens, ebd. 1809; Anatomie u. Naturgeschichte des Drachen, Nürnb. 1811; Anatomie der kopflosen Mißgeburten, Landsh. 1813; Anatomie u. Bildungsgeschichte des Gehirns im Fötus des Menschen, Nürnb. 1816; Anatomie der Röhrenholothurie, des pomeranzenfarbigen Seesterns u. des Steinseeigels (Preisschr.), Heidelb. 1816, u. Ausg., ebd. 1820; Naturgeschichte der Amphibien, mit Oppel u. Liboschütz, Heidelb. 1817, 1. Heft; Über das vermeintliche bärenartige Faulthier, Heidelb. 1820; Versuche über Wege, auf welchen die Substanzen aus dem Magen u. dem Darmkanale ins Blut gelangen, über die Verrichtung der Milz u. die geheimen Harnwege, ebd. 1820 f.; Icones cerebri simiarum et quorundam mammalium rariorum, ebd. 1821; Tabulae arteriarum corporis humani, Karlsr. 1822–24, 4 Hefte; Tabbulae nervorum uteri, Heidelb. 1823; mit L. Gmelin: Die Verdauung, Heidelb. 1826 f., 2. Aufl. 1831; Beobachtungen der Entwickelung des Embryo im Schildkrötenei, ebd. 1828; Physiologie des Menschen, Darmst. 1830 u. 1836, 1. u. 3. Bd.; Das Hirn des Negers, Heidelb. 1837; Von den Duveroyschen, Bartholinischen u. Cowperschen Drüsen des Weibes, der schiefen Gestaltung u. Lage der Gebärmutter, ebd. 1840; Von der Verengerung u. Schließung der Pulsadern in Krankheiten, ebd. 1843; Von lebenden Würmern u. Insecten in den Geruchsorganen des Menschen, Manh. 1844; Geschichte des Tabaks u. ähnlicher Genußmittel, Frankf. 1854; u. gab mit G. Reinhold u. L. Chr. Treviranus 1824–27 Zeitschrift für Physiologie heraus. 3) Gustav Nikol., Sohn des Vor., geb. in Landshut, trat in badensche Militärdienste u. wurde Lieutenant bei der Cavallerie; 1833 erhielt er seinen Abschied u. ging nach Griechenland, wo er wieder Militärdienste nahm. Aus Griechenland zurückgekehrt, lebte er in Heidelberg, bethenigte sich mit seinen beiden Brüdern 1848 an der badenschen Revolution, wurde 1849 Chef des Generalstabs bei der Neckararmee der Insurgenten u. Commandant von Ladenburg, befehligte die Insurgenten am 16. Juli bei Großsachsen gegen die Reichstruppen u. wurde am 30. Juni von Sigel als Gouverneur von Rastatt eingesetzt, wo er sich standhaft weigerte die Festung zu übergeben; nach geschehener Übergabe wurde er vor ein Kriegsgericht gestellt u. wegen Hochverraths am 11. August 1849 in Rastatt erschossen.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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