- Malaien
Malaien (Malayen, Maleien), eins der Hauptglieder der nach ihnen benannten Malaiischen Völker (s.d.); erhielten ihren Namen von den Hindus, welche die Westküste Sumatras, wo sie zuerst mit den M. zusammentrafen, Maléala (in der Malabarsprache so v.w. Bergland) nannten u. dann mit dieser Bezeichnung die Portugiesen bekannt machten. Die eigentlichen M. tragen den Typus des ganzen Völkerstammes; ihr Körperbau ist klein, jedoch im Ganzen proportionirt u. nervig, die Hautfarbe dunkelbraun, das Haar lang u. glänzend schwarz, die Augen sind dunkel, groß u. feuerig, der Bart, welchen sie meist ausraufen, schwach, die Nase platt u. groß, die Schenkel u. die Waden dünn. Der Malaie zeichnet sich durch unbezähmte Leidenschaftlichkeit aus, welche sich im Zustande der Trunkenheit bis zur Wuth u. völligen Tollheit (das Amoklaufen) steigert; aus derselben entwickeln sich ihre sonstigen Tugenden u. Laster, ihre Tapferkeit u. Energie, wie ihre Treulosigkeit, Raub- u. Mordlust. Doch gilt dies nicht von allen Stämmen, welche übrigens auf sehr verschiedener Culturstufe stehen, in gleichem Grade. Die eigentliche Heimath der M. ist das innere Hochland von Sumatra, Wäschst die Landschaft Agam, wo sie schon im Mittelalter das blühende, aus Ackerbau begründete Reich Merangkabau (Priangan heißen die Ruinen der ehemaligen Hauptstadt) bildeten, welches jetzt die niederländische Provinz Padang Bovenlande bildet. Schon frühzeitig durch die Indier von der Küste Malabar aus civilisirt u. dem Brahmaismus gewonnen, wurden sie um die Mitte des 12. Jahrhunderts mit dem Islam bekannt. Den übrigen Malaiischen Völkern der Umgebung durch ihre ältere u. höhere Cultur überlegen, unterwarfen sie allmälig auch die Küstenlandschaften Sumatras. 1160 n. Chr. wanderten aus dem Stammsitze eine Anzahl M. unter Führung des Fri Turi Buwana aus, begaben sich nach Tanna-udjong auf der gegenüberliegenden Halbinsel Malacca, wo sie Singhapura (s. Singapore) stifteten, u. verbreiteten sich nach Malacca u. allen benachbarten Küsten, welche seit jener Zeit 1 Tanna maleio (d.i. Land der Malaien) genannt wurden. Auf der Halbinsel Malacca, welche nach den eingewanderten Bewohnern Malaiische Halbinsel heißt, stifteten sie in der zweiten Hälfte des 12. Jahrh. das Reich von Malacca (s.d.), welches mit dem Ackerbau Handel u. Industrie verband u. sich schnell zu einer großen Macht erhob, die ihre Flotten über den ganzen Indischen Ocean bis Arabien einerseits u. China andererseits sandte u. mit dem ganzen Orient im lebhaftesten Verkehre stand. Von M. aus verbreitete sich der Islam, welcher hier um die Mitte des 13. Jahrh. (1276) eingeführt worden war, schnell auf friedlichem Wege zu anderen Völkern des Archipels, zumal sich das Reich der Herrscher von Malacca, welche früher den indischen Titel Radscha, dann aber den arabischen Titel Sultan führten, nicht blos über die ganze Halbinsel, sondern auch über einen großen Theil der Inseln des Archipels erstreckte. Auf den Küsten der letzteren ließen sich allerwärts mehr od. minder zahlreiche malaiische Colonisten nieder, welche in einem gewissen Abhängigkeitsverhältniß von ihrem Mutterstaate Malacca gestanden zu haben scheinen. Letzter stand in seiner höchsten Blüthe, als im Anfange des 16. Jahrh. die Portugiesen 1512 durch die Zerstörung der Stadt dem Reiche ein Ende machten u. überhaupt die Malaienherrschaft im ganzen Archipel zu brechen schien, in welchen Bestrebungen ihnen die Holländer kräftig nachfolgten. Der größte Theil der malaiischen Fürstenthümer ist gegenwärtig den Holländern unterworfen. Fast alle waren auf eine Art von Feudalwesen begründet; die Obergewalt der Sultane: c. ist durch das Herkommen u. eine mächtige Aristokratie beschränkt, welche über die Masse des Volks als Hörige verfügt. Die Habsucht der Fürsten u. deren Streben, allen Handel zu monopolisiren, sind die Ursache fortwährender Streitigkeiten zwischen Fürsten u. Adel geworden, welche nebst der Seeräuberei wesentlich dazu beigetragen haben, die M. treulos, grausam u. schlecht zu machen Die Zahl der M. auf Sumatra wird, einschließlich der Korintji u. Redjang, auf etwa 1,630,000 geschätzt; sie wohnen theils m den noch unabhängigen Staaten von Siak u. Atschin, theils in den jetzt den Niederländern unterworfenen Staaten von Menangkabau (Padang Bovenlande), Palembang etc.; in Singapore u. auf Pulo-Penang wohnen, mit anderen Völkern stark gemischt, an 230,000 M.; die 11 Staaten der Malaiischen Halbinsel (s. Malacca) zählen 911.000 Bewohner; aus den Inseln des Archipels mögen an 1 Mill. M, zerstreut sein. Auf letzteren sind die wichtigsten malaiischen Staaten die den Holländern unterworfenen[769] Sultanate von Banbjermassing auf Südborneo, von Pontianak u. Sambas auf Westborneo, von Ternate; ferner das Sultanat von Magindanao (seit 1851 den Spaniern tributpflichtig) u. die Conföderation der Häuptlinge der Illanos auf Magindanao, der kleinere Staat auf den Suluinseln zwischen Borneo u. den Philippinen, die Bugis u. Macassaren auf Celebes. Viele M. sind bloße Meernomaden (Orang laut), welche von Seeraub u. Seefahrt leben. Handel u. Schifffahrt sind die Hauptbeschäftigung fast aller Küstenmalaien des ganzen Archipels.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.