- Beschädigung fremden Eigenthums
Beschädigung fremden Eigenthums wird in denn eueren Strafgesetzbüchern in der Regel alsdann als eine eigene Art von Verbrechen aufgeführt, wenn sie aus Bosheit od. wenigstens aus Muthwillen erfolgt ist. Das Gemeine Recht kennt wegen solcher Beschädigungen, selbst wenn sie vorsätzlich geschehen sind (insofern nicht wegen der Art der Beschädigung, z.B. durch Brandstiftung, besondere Strafgesetze eingreifen), keine selbständige Androhung einer öffentlichen Strafe, sondern gibt dem Verletzten nur Privatklagen, namentlich die Actio legis Aquiliae, vermöge deren der Beschädigte vollen Ersatz des Schadens, im Leugnungsfalle sogar das Doppelte desselben zu verlangen berechtigt ist. Eben so findet sich in der Peinlichen Halsgerichtsordnung Karls V. nur für den Fall, wenn Jemand unerlaubter, heimlicher Weise fremdes Holz abhauet, eine besondere Strafandrohung (Art. 168) vor, wobei auf die an jedem Orte dafür übliche Strafe verwiesen wird. Dagegen enthalten schon die Polizei- u. Landesordnungen des 16. u. 17. Jahrh. manche hierauf bezügliche, allgemeiner lautende Strafvorschriften, welche die neueren Strafgesetzbücher nicht blos aufnahmen, sondern noch weiter ausgebildet haben. Zum Thatbestande des Verbrechens wird immer eine fremde Sache u. eine Handlung gefordert, welche die Sache entweder ganz vernichtet od. doch in ihrer Beschaffenheit so verändert, daß sie dadurch in ihrem Werthe wesentlich verringert wird; die Absicht des Beschädigenden darf nicht sowohl darauf gerichtet sein, sich selbst einen Nutzen zu verschaffen, als vielmehr den Anderen zu benachtheiligen. Die Strafe besteht je nach der Schwere des Falls entweder in Geldstrafe od. in Gefängniß, Arbeitshaus, auch selbst in Zuchthaus. Geleisteter Ersatz vermindert die Strafbarkeit; ja nach manchen Gesetzen fällt bei völliger Schadloshaltung jede Strafe weg. Andere Gesetze lassen, wenigstens bei den leichteren Fällen, eine Bestrafung nur dann eintreten, wenn der Beschädigte ausdrücklich darauf anträgt. Als besondere Erschwerungsgründe werden dagegen in der Regel hervorgehoben, wenn die Beschädigung an kirchlichen Gegenständen, an Bethäusern, zum öffentlichen Gebrauche dienenden Bauwerken, Denkmälern, an Sammlungen für Kunst u. Wissenschaft, Gräbern, öffentlichen Anlagen, od. an Sachen, die nicht wohl fortdauernd zu beaufsichtigen u. daher unter den öffentlichen Frieden gestellt sind, wie Ackergeräthschaften, Früchte auf dem Felde, Vieh auf der Weide, Leinwand auf der Bleiche u. dgl. erfolgt ist. Eine ganz eigene Verbrechensgattung, welche erst die neueste Zeit als solche aufzustellen genöthigt worden ist, bilden die B-en von Eisenbahnen u. Telegraphen. Der Grund, aus welchem B-en dieser Art unter die gewöhnlichen Grundsätze über B. fremden Eigenthums nicht füglich gestellt werden konnten, liegt darin, daß B-en dieser Anstalten nicht blos eine weit größere Gemeingefährlichkeit an sich tragen, sondern der Beschädigende auch es in der Regel gar nicht übersehen kann, wie groß der Nachtheil sein wird, den er durch seine B. zufügt, endlich aber auch manche Handlungen hier schon als B. erscheinen, welche unter anderen Verhältnissen diesem Begriff nicht unterfallen würden. Die Strafen sind hierbei mit Recht in der Regel hoch gegriffen. Nach dem königlich sächsischen Gesetz vom 11. Aug. 1855 findet man z.B., wenn durch eine solche B. der Betrieb der Eisenbahn od. der telegraphischen Anstalt behindert od. gefährdet worden ist, Arbeitshaus- od. Zuchthausstrafe bis zu 12 Jahren Statt. Hat aber in Folge der B. ein Mensch od. eine Mehrzahl von Menschen eine Körperverletzung erlitten od. das Leben verloren, so wird diese Strafe, auch wenn dem Thäter der Erfolg nicht als vorsätzlich zuzurechnen war, diese Strafe noch um die Hälfte od. um das Doppelte erhöht. Ist dagegen die Handlung als vorsätzliche zu betrachten, so kann selbst lebenslängliches Zuchthaus od. Todesstrafe eintreten. Der B. wird aber bei Eisenbahnen auch schon gleich geachtet: das Hinstellen od. Hinwerfen von Gegenständen, die der Fahrt hinderlich sein können, die Verrückung beweglicher Schienen, die Veranstaltung eines auf den Eisenbahnbetrieb bezüglichen falschen Alarms; bei den Telegraphen jede mit dem Telegraphen od. der Drahtleitung vorgenommene Veränderung, die Fälschung gegebener telegraphischer Zeichen, die Verhinderung des Personals an seinen Verrichtungen u. dem Ähnliches.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.