- Bierhefe
Bierhefe (Hefenpilz), als einfachste Zelle die niedrigste Stufe in der Pflanzenwelt, ihre Entstehung s.u. Bierbrauen II. Man unterscheidet sie a) als Oberhefe, mittelst der ihr noch anhängenden kohlensauren Luftbläschen, auf der Oberfläche des Bieres (in Fässern am Spundloche als Spundhefe). Solche Oberhefe enthält harzige Theile von dem Peche, womit das Faß ausgepicht ist (Pechhefe). Die Oberhefe erscheint unter dem Mikroskope in ovalen Zellen von ziemlich gleicher Größe, in deren Mitte sich ein dunkler Kern befindet, der aus einem od. mehreren Stücken besteht. Die Fortpflanzung derselben geschieht durch Ausdehnung der Zellenhülle; b) die Unterhefe, welche sich zu Boden setzt; sie besteht größtentheils aus Pflanzenkleber; doch hat dieser durch die Einwirkung des Stärkemehls während der Gährung eine Umänderung erfahren, vermöge welcher er fähig worden ist, die weinige Gährung in derselben fähigen Mischungen zu befördern, d.i. selbst ein Gährungsmittel abzugeben (vgl. Hefe). Die eigentliche Unterhefe besteht auch aus Zellen, die aber weit kleiner sind u. von den verschiedensten Dimensionen. Diese Art der Hefe pflanzt sich wie viele Kryptogamen durch Sporen fort; die in der Mitte der Mutterzelle befindlichen kleinen Zellchen schlüpfen durch Platzen der Zellenhülle heraus. Die B. wird gewöhnlich aus der Oberhefe des gährenden Biers, durch Auswaschen mit kaltem Wasser, Auspressen u. Trocknen erhalten u. bildet so eine bräunlichweise, durchscheinende, brüchige Masse. Faßhefe ist weniger tauglich als Bottichhefe, die sich schon im Gährbottiche bildet. Man braucht sie als Ferment zum Bierbrauen u. Branntweinbrennen. Die Porterhefen werden von England aus häufig zu diesem Zweck nach WIndien u. sonst verführt. Die nicht bittere u. weit kräftigere Weißbierhefe wird auch vorzugsweise zu mancherlei Hefenbackwerk benutzt. Da die B. sehr bald ihre Wirksamkeit verliert u. nicht überall frisch zu haben ist, so wendet man in der Preßhefe od. trockenen Hefe (s. Hefe) ein Mittel an, das die B. in allen Fällen ersetzen kann. Auch arzneilich ist die B. neuerdings in Vorschlag gekommen u. in Magenschwäche zu 1–2 Löffel mit Nutzen gegeben worden, bes. aber in fauligen Fiebern, in Klystieren u. äußerlich, bes. mit Bohnenmehl auf wunde Hautstellen vom Aufliegen, in bösartigen Fiebern, dgl. in faulen Geschwüren, bes. dem Anthrax, äußerlich mit Chinarinde. In der Pharmacie dient die B. zur Bereitung von Rousseau's Laudanum. Als Verfälschungsmittel von B. kommen vor Satzmehl, Kreide u. Weizenmehl. Die Beimischung von Mehl gibt sich zu erkennen, wenn sich im kochenden Wasser Kleister bildet, od. die B. von Jodwasser blaugefärbt wird. Kreidebeimischung findet man durch Behandlung der fünffach mit destillirtem Wasser verdünnten B. mit Salzsäure, wodurch die Mischung aufbraust, wenn Kreide vorhanden ist.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.