Bierbrauen

Bierbrauen

Bierbrauen. I. Das B. ist die kunstmäßige Anfertigung des Biers. Das Verfahren beim B. im Allgemeinen besteht darin, ein zuckerähnliches Extract aus der Gerste od. andern Getreidearten darzustellen, dasselbe mit Hopfen zu würzen u. zur weinigen Gährung zu bringen, s. Bier. Ein Hauptbestandtheil ist das Wasser, und zwar ist das vorzüglichere das sogenannte weiche Wasser aus Flüssen u. Teichen; gröbere Unreinigkeiten von Teich- od. fließendem Wasser werden durch vorberiges Aufkochen und Abschäumen entfernt, die übrigen kleinern gehen bei der Gährung verloren. Die auszuziehenden Stoffe sind hauptsächlich ein, Kleber u. Stärkemehl enthaltender Pflanzenkörper, wie solcher vorzüglich in der Gerste, dem Weizen, Hafer etc. enthalten ist; diese Getreidearten werden vorher durch Malzen (s. unten) so behandelt, daß der Zuckerstoff in ihnen frei u. aufgeschlossen wird. Hopfen od. Hopfensurrogate sind als Nebentheil nothwendig, wenn es auf die Bereitung eines dauerhaften Bieres ankommt. Hopfensurrogate sind Tamarisken, Bitterklee, Ledum alustre, Roßkastanie, Dreiblätteriger Cederbaum, Ptelea trifoliata, Quassia, Cardobenedicten; zugleich mit Hopfen werden gebraucht, Weißer Andorn, Bergscordium, Gamander, Alant, Wermuth, Rheinfarren, Melissa, Wachholder, Muskatenblüthe etc.; andere Zusätze (s. Bier II. E) sind unwesentlich od. verwerflich. Das zum B. nöthige Getreide muß vollkommen reif, nicht ausgewachsen od. sonst verdorben, vollkörnig u. nicht zu alt, ebenso der Hopfen nich. überreif, gut getrocknet u. vor der Luft verwahrt sein.

II. Die verschiedenen Manipulationen beim B. sind: A) Das Malzen. Das Malzen des Getreides, bes. der Gerste, bezweckt die Veränderung, durch welche ein Theil des Stärkemehls, auf Kosten des Klebers in Zucker u. Gummi umgewandelt wird. Die hierbei nöthigen Verfahrungsarten sind: a) das Einweichen (Einquellen) geschieht in dem Begießbottich, einem hölzernen Bottiche, od. in einer, in die Erde versenkten, mit Quadern ausgemauerten Cisterne (Quellbottich). Man füllt das Gefäß zum Theil mit reinem, weichem Wasser an u. thut von dem Getreide einen Theil hinein, welches Gemisch man mit Krücken umrührt; taube Körner, Unreinigkeiten etc. die oben schwimmen, werden abgeschöpft; bei guter Gerste gehen[762] dabei höchstens 2 Procent verloren. Ist sämmtliches Getreide eingeweicht, so läßt man das Wasser etwa 5–6 Zoll über demselben stehen. Das indessen sich entwickelnde kohlensaure Gas bleibt im Wasser gebunden u. das Weichwasser nimmt einen Strohgeruch u. gelbe Farbe an. Die Zeit des Einweichens ist nach der Beschaffenheit des mehr od. weniger dickhülsigen Getreides u. nach der Temperatur des Wassers, mithin im Winter länger als im Sommer, verschieden; gewöhnlich rechnet man 40–48 Stunden. Bei niedriger Temperatur kann das Einweichen bis 5 Tage dauern. Die eingequellten Körner der Gerste sind durch das Einsaugen des Wassers um die Hälfte ihres Gewichts schwerer, um ein Fünftel ihres Volumens vergrößert, während die Hülsen durch Auflösung des Extractivstoffes etwa ein Achtel an Gewicht verlieren u. heller werden. Den richtigen Grad der Quellung haben die Körner erreicht, wenn sie zwischen zwei Fingern zerdrückt, eine dickbreiige Masse bilden. Wird das Wasser bei warmer Temperatur sauer, so muß es durch frisches ersetzt werden. Ist dasselbe durch den unten befindlichen Hahn des Einweichgefäßes abgelassen u. das gequellte Getreide genug ausgetropft, so bringt es der Mälzer auf die Malztenne, dies ist im Malzhause ein halb od. ganz unterirdisches, dem Temperaturwechsel so wenig wie möglich unterworfenes, am besten 15–16 R. warmes Gemach, dessen Fußboden (Wachsplatz od. Wachsraum) mit glatten Steinen (Fliesen) gepflastert ist od. aus gutem Estrich besteht, wo b) das Keimen beginnt; man schüttet das Getreide in viereckigen Haufen (Beete) von 15–24 Z. Höhe auf u. läßt es 24–36 Stunden liegen, damit es wachse, d.h. Wurzelkeime treibe, dann wird es täglich einige Mal, damit das Keimen gleichmäßig vor sich gehe u. die Erhitzung im Innern nicht zu stark werde, mit der Malzschaufel umgewendet u., wenn die Wurzelkeime lang genug sind, dünn, zuletzt nur 3–4 Z. hoch ausgebreitet; diese flache Lage heißt Malzscheibe. Während dem entwickeln sich Wurzelfasern von 5–6 Lin. Länge, u. das Malz heißt nun Filzmalz. Durch diese Entwickelung geht eine chemische Veränderung mit dem Samenkorne vor sich. Ein Theil des Stärkemehls verwandelt sich in Zucker (der andere bleibt fest u. wird erst durch das Maischen in Zucker verwandelt), u. zwar findet diese Umwandlung an der Stelle, wo die Keime hervorbrechen, statt, an welcher deshalb das Korn einen süßen Geschmack erhält. Bricht der Blattkeim an der entgegengesetzten Seite durch, so wird das Innere des Korns breiartig u. milchig, u. Stärkemehl u. Zucker verlieren sich. Der Kleber der Gerste geht beim Malzen in eine eigenthümliche Substanz, Diastase, über. Die Temperatur des Malzes steigt nach u. nach bis auf 20–25° R. Den höchsten Wärmegrad erreicht das Malz gewöhnlich, wenn es 96 Stunden gekeimt hat. Als Zeit des Keimungsprocesses rechnet man etwa 14 Tage, bei kalter Temperatur kann sich die Zeit bis auf 21 Tage verzögern. Bei warmer Witterung muß man das schnelle Keimen dadurch hindern, daß man die Haufen niedriger macht, bei kalter dadurch befördern, daß man sie höher aufschüttet; bei trockenem Wetter kann ein Befeuchten des Malzes mit Wasser nöthig werd en. Ist das Getreide genug auf der Malztenne abgetrocknet, so daß es eine spröde Beschaffenheit erhalten hat u. sich zu Mehl zerdrücken läßt, so kommt es auf die Malzdarre (s.d.) u. wird entweder an der Luft (Luftmalz), od. durch künstliche Wärme (Darrmalz) getrocknet; hierdurch wird das fernere Keimen unterdrückt u. das Malz zu längerem Aufbewahren tauglich. Die Heizung geschieht gewöhnlich durch einen, meist ein Stockwerk tiefer in der Malzdarre befindlichen Ofen, od. durch einen Muffelherd (s.d.). Die Temperatur des Malzes wird von 25–60° R. gesteigert, u. die verschiedenen Grade bestimmen auch die Farbe desselben: blasses Malz (Welkmalz) bei 25–30; gelbes od. bernsteinfarbiges Malz bei 38–42°, u. braunes Malz, bei 56–60°; ganz dunkelbraunes fast schwarzes Malz heißt Farbmalz. Um Luftmalz zu bereiten, geschieht das Trocknen des Malzes auf dem Welkboden, zu welchem die frische Luft hinlänglich Zutritt hat. Das Luftmalz wird zu Weißbieren genommen. Das fertige Malz wird nun in Körben auf den Malzboden getragen; unter welchem sich gewöhnlich die Malzkammer befindet, in welcher soviel Malz aufbewahrt wird, als mit einem Mal in die Mühle geschafft werden soll. Hier wird es auch vollends von dem Malz- od. Darrstaub, d.i. den das Bier trübe machenden, verdorrten u. abgefallenen Getreidekeimen, Wurzeln u. dgl. durch Sieben, Fegen etc. gereinigt, u. etwas angefeuchtet od. benetzt, damit es beim Schroten nicht zu klein werde u. zu sehr stäube. c) Das Schroten geschieht auf einer besonderen Malzschrotmühle. Statt des Schrotens wird das Malz auch blos zerquetscht od. mit der Malzpflückmaschine zerrissen. Das fertige Schrot wird an einen feuchten Ort gestellt, damit es etwas Feuchtigkeit aus der Luft an sich ziehe u. das Mehl so vorläufig darin erweicht u. aufgeschlossen wird, wodurch die Würze auf dem Malz ausgezogen od. die Auflösung der Schleim- u. Zuckertheile bewirkt wird.

B) Bereitung der Würze, zerfällt in drei Operationen: das Maischen, Würzekochen u. Kühlen der Würze. a) Das Maischen geschieht in dem Maischbottich, einem großen Bottich mit 2 Böden, von denen der obere (Blindboden) viele Löcher enthält u. von dem unteren 12 Z. weit entfernt ist; zwischen beiden befindet sich der Hahn zum Ablassen der Würze, in ein anderes, tieferstehendes Gefäß, Unterstock (Stellbottich, Würztrog), welches zugedeckt u. mit einer Pumpe versehen ist, damit die Würze sogleich in den nebenan befindlichen, höher stehenden Braukessel gepumpt werden kann. Beim Beginnen des Maischens wird Wasser in den Kessel gefüllt u. erhitzt. Das Malzschrot wird nun in den Maischbottich geschüttet u. wenn das Wasser etwa 56–60° R. erreicht hat, zum Theil in letzteren abgelassen. Nun beginnt das Einteigen, d.h. es wird die Masse mit hölzernen, rechenartigen Krücken (Maischkeulen), od. mittels einer durch Dampf getriebenen Maischmaschine beständig umgerührt (abgebrochen, aufgebrochen), bis die Mischung einem dünnen Breie gleicht; dann wird wieder ein Theil des Wassers, welches nicht über 75° R. warm sein darf, zugesetzt; dies ist das wahre Einmaischen. Die Durcharbeitung u. das Rühren der Maische wird nun bis zur vollständigen Flüssigkeit fortgesetzt. Der Maischbottich bleibt dann während 1–1 Stunden in Ruhe u. zugedeckt, u. unter dieser Zeit löst sich die im Malze noch befindliche Stärke, vermöge der[763] eigenthümlichen Festigkeit der oben A. erwähnten Diastase, Stärkemehl, unter einem gewissen Wärmegrade (56° R.) flüssig zu machen, in Zucker auf. Das Verfahren beim Einmaischen trägt wesentlich zur Beschaffenheit des Bieres bei, u. werden dabei an verschiedenen Orten sehr verschiedene Grundsätze beobachtet. In England pflegt man das Malz successive mit getrennten Portionen heißen Wassers zu extrahiren u. die einzelnen Abgüsse für sich od. gemischt zu verarbeiten; in Baiern dagegen wird das Malz mit kaltem od. lauem Wasser eingeteigt, die Maische zum Theil durch Kochen erhitzt u. dann den nicht erhitzten Theilen wieder zugegeben, Jetzt wird das Ganze durch den Ablaßhahn in den Stellbottich abgelassen (gestellt), auf dessen Boden Stroh (Seihstroh) ausgebreitet ist u. auf welchem ein Deckel von durchlöcherten Bretern (Stellboden) liegt. Letzterer dient zur Absonderung der gröbern Malztheile der Trebern, so wie das Stroh zu der der kleineren; od. man braucht auch statt des Stellbodens die Knospe, ein großes durchlöchertes Blech, dessen Löcher nicht so groß wie ein Haferkorn sind. Die durch das Maischen gewonnene süße u. helle Flüssigkeit ist die Bierwürze (Würze); sie enthält sämmtlichen, nur irgend ausziehbaren Zuckerstoff des Malzes. Die zuerst abfließende Würze ist gewöhnlich etwas trübe u. wird deshalb wieder in den Maischbottich zurückgegossen, bis sie klar abfließt. Hat die Temperatur des Wassers im Braukessel 75° R. erreicht, so wird abermals ein Theil desselben in den nun entleerten Maischbottich abgelassen u. wieder tüchtig durchgearbeitet. Die Temperatur dieser Maische beträgt gegen 63° R. Ist diese Maischung wieder abgezogen, so findet ein ganz ähnliches Verfahren wie voriges unter derselben Temperatur nochmals statt. Durch das 3malige Maischen ist das Malz so erschöpft, daß es zu starkem Bier keine Würze mehr gibt; will man den in den Trebern noch befindlichen Rückstand noch weiter ausziehen, so gibt dies ein schwaches, leichtes Nachbier (Covent). b) Das Kochen der Bierwürze. Die fertige Würze wird nun in den Braukessel od. die Braupfanne gebracht u. gekocht; außerdem daß sie concentrirter wird, hat dies Kochen noch einen doppelten Zweck: theils wird sowohl durch die Hitze, als auch durch die spätere Einwirkung des Hopfens, der in der Würze enthaltene Giweißstoff (Albumin), welchen das Wasser aus dem Malze aufgenommen hatte, zum Gerinnen gebracht u. in Flocken ausgeschieden, so wie durch diese Scheidung die Würze überhaupt geklärt wird; theils wird durch das Kochen ein Theil des Stärkemehls u. Gummi, das sich noch in der Würze befindet, in Zucker umgewandelt u. ein anderer Theil zur Ausscheidung bei dem nachfolgenden Abkühlen der Würze geschickt gemacht. Hat die Würze angefangen zu kochen, so wird ihr der Hopfen gegeben u. zwar entweder indem man den Hopfen vorher in einem bes. Gefäß mit heißer Würze infundirt u. nachdem er einige Stunden geweicht hat, die ganze Flüssigkeit der Würze im Kessel zusetzt; od. indem man ihn gleich so in die Würze thut, wo er nun oben schwimmend, durch die aufsteigenden wässerigen Dämpfe aufgeschlossen u. erweicht wird. Die Menge des zuzusetzenden Hopfens beträgt bei gemeinem Bier 1/2 Pfund Hopfen auf 1 Metze Malz; bei starkem Bier 1 Pfund Hopfen auf 1 Metze Malz, ja für die stärkern Sorten des Porters u. der Ale in England beträgt dieselbe 11/2–2 Pfund auf die Metze Malz; Weißbiere bekommen weniger Hopfen als die braunen u. gelben. Einige gebrauchen auch statt des Zusatzes von Hopfen das Hopfenextract; andere. kneten frischen Hopfen in eingetrockneter Bierwürze u. setzen von dieser Masse zur Würze statt des frischen Hopfens. Ist die gehopfte Würze genug gekocht (1–2 Stunden gewöhnlich, in belgischen Brauereien währt das Kochen auch wohl 10 Stunden), so wird sie mittelst einer Rinne in den Hopfenkorb, einen von Weidenruthen geflochtenen Korb, um die Hopfenhäupter abzusondern, gelassen, u. nun beginnt c) das Abkühlen der Bierwürze. Die gekochte Bierwürze wird gewöhnlich mit einer Temperatur von 75–78° R. in das Kühlschiff abgelassen. Dies ist ein großes, flaches, aus starken Bohlen dicht gearbeitetes od. aus Eisenblech verfertigtes Gefäß, mit 6 Zoll hohem Rande, in dem das Gebräude bei 2 Zoll hohem Stande genug Raum hat. Die Würze muß im Kühlschiff od. im Kühlbottich, einem niedrigen, oben bedeutend weitern Bottich, bis auf 14–10° R. abgekühlt werden u. zwar, wenn möglich, durch einen frischen, ungehinderten Luftzug. indem durch mechanische Mittel dies zu bewirken, gewöhnlich zu kostspielig u. unwirksam ist. Im Großen findet auch die Anwendung eines Ventilators, wenn man ihn mit der natürlichen Abkühlung zugleich anwendet, mit Vortheil Statt. Der Bodensatz, den die Würze absetzt, besteht theils aus seinen Flocken des geronnenen Eiweißstoffes, theils aus dem in der Hitze aufgelösten, jetzt ausgeschiedenen, mit Gerbestoff verbundenen Stärkemehl. Die Dauer des Abkühlens beträgt etwa 6–15 Stunden; je rascher dasselbe geschieht, desto besser ist es. Zur Beschleunigung des Abkühlens hat Combalot empfohlen, rings um die Kühle einen seinen Regen dadurch zu erzeugen, daß man Wasser auf eine Rinne leitet, deren Boden aus sein durchlöchertem Weißblech besteht.

C) Die Gährung. Die abgekühlte Würze, welche ganz klar erscheinen muß, wenn sie helles Bier liefern soll, wird nun zum Behuf der Gährung in den Gährbottich, einen größern od. kleinern Bottich, gewöhnlich von der Gestalt eines abgestutzten Kegels, abgelassen (angestellt). Die Gährung ist entweder eine Ober- od. Untergährung, je nachdem sich die Hefe auf der Oberfläche od. auf dem Boden sammelt. Die Obergährung entsteht bei höherer Temperatur (15–18° R.) unter Zusatz von Oberhefe, die Untergährung bei niederer Temperatur unter Zusatz von Unterhefe. Alle edleren, namentlich baierischen Biersorten, erhalten Untergährung, welche zwar langsamer verläuft, aber den Pflanzenleim aus der Würze vollständiger abscheidet u. das Bier klarer u. haltbarer macht. Das Gährlocal (Keller) darf keinem großen Temperaturwechsel unterworfen u. muß 12–15° warm sein. Ehe die Hefe der Würze zugesetzt wird, muß sie mit etwas Würze angemengt zum Gähren gebracht sein. Die Menge derselben ist nach der Temperatur, Quantität u. Stärke der Würze verschieden; im Allgemeinen rechnet man 1 Maß Hefe auf 100 Maß Würze; im Winter gibt man etwas mehr Hefe zu, als im Sommer. 6–8 Stunden nach dem Zusetzen der Hefe beginnt die eigentliche Gährung. Es bildet sich ein milchähnlicher, weißer Schaum auf der Mitte des Bottichs, welcher sich nun mehr u. mehr ausbreitet u. allmählig die[764] ganze Oberfläche bedeckt; nach der Mitte zu wallet derselbe immer höher u. zeigt einen schaumartigen Berg von Hefe, dessen Höhe während der Gährung zunimmt u. nach u. nach eine hellbraune, statt der weißen Farbe erhält, eine Folge des Oxydirens des in der ausgeworfenen Hefe befindlichen Extractivstoffs. Unterdessen entwickelt u. entbindet sich nun nach dem Maße, als der Zucker in Alkohol übergeht, unaufhörlich Kohlensäure. Ist die Gährung auf den höchsten Punkt gekommen, so nimmt die Temperatur der Würze um 5–84 R. zu u. zwar desto mehr, je rascher das Gähren vollendet wird. Nimmt die, durch das kohlensaure Gas im Innern der Flüssigkeit hervorgebrachte Bewegung, so wie das Steigen der Hefe auf der Mitte der Oberfläche ab, u. sinkt die letztere wieder ein, löst sich die Hefe von dem Rande des Gährbottichs ab u. zieht sich nach der Mitte zu, so hat die Gährung ein Ende. Durch die Gährung ist die Würze nun zu völligem Bier geworden. Die durch das kohlensaure Gas herausgestoßene, bei der Untergährung zu Boden sinkende u. nur eine aus seinen Flocken bestehende bräunliche Haut zurücklassende, bei der Obergährung aber an der Oberfläche versammelte Hefe (Oberhefe) wird mit einem Siebe abgenommen u. das nun klare u. sogenannte sässige Jungbier wird von der sich am Boden befindlichen Unterhefe in Fässer abgezogen. Geschieht dies Abziehen nicht sogleich, nachdem sich die Kohlensäure entwickelt hat, so erhält das Bier einen unangenehmen Geschmack (Hefenbitter).

D) Die Nachgährung u. Aufbewahrung. Die Überfüllung des Biers auf Fässer (Fassen) geschieht, wenn die Hauptgährung in dem Bottich geendigt hat. Die Fässer müssen gehörig gereinigt, von Heen u.a. Unreinigkeiten frei sein. Für Lagerbiere werden sie vorher mit Pech ausgepicht, theils der größeren Reinlichkeit wegen, theils um das Entweichen der Kohlensäure durch die Holzporen zu hindern, theils endlich um dem Biere einen eigenthümlichen Geschmack zu geben. Das Bier wird entweder in der Brauerei selbst gefaßt, od. es geschieht dies erst in den Kellern, wohin das gebraute Bier in Kufen getragen u. wo es durch Schläuche od. Gerinne eingefüllt wird. Auch hier ist für das Bier noch eine Behandlung erforderlich, da die Gährung noch nicht beendigt ist. Dazu gehört bei Bieren, die auf Obergährung gebraut sind, daß man in dem Fasse die Oberhefe gehörig abstoßen läßt, weshalb das Faß Anfangs mit Bier, später mit Wasser, so nachgefüllt wird, daß das Bier bis an das Spundloch steht u. die Hefen leicht auswerfen kann. Zu diesem Zweck liegen die Bierfässer auf dem Fülllager, hölzernen, ungefähr. Elle weiten Trögen, damit sich die ausgestoßene Hefe darin sammelt. Diese zweite Gährung (Nachgährung) beginnt 6–10 Stunden nach dem Fassen u. dauert 30–40 Stunden; sollte sie später erfolgen, so muß der Keller durch angebranntes Stroh od. durch Kohlfeuer erwärmt werden. Hört das Bier auf, Hefen auszuwerfen, so sucht man den Keller durch Luftzug od. durch Besprengung des Bodens mit Wasser abzukühlen; auch gießt man noch einmal kaltes Wasser in das Faß, damit sich die Unterhefen setzen, u. nun wird das Faß zugespundet, doch erst nach einigen Stunden der Spund festgeschlagen. Nach 24–48 Stunden haben sich die Unterhefen größtentheils gesetzt u. das Bier kann abgezogen werden. Die auf Obergährung gebrauten Biere haben bei geringem Hopfengehalt einen süßlichen Geschmack u. sind mit unter trüb. Das zu Maische verwandelte Malz ist nur schwach gedarrt, daher ihre hellere Farbe. Lagerbier wird einige Mal in ausgepichte od. geschwefelte Fässer abgezogen u. der Spund verpicht, auch mit Unschlitt überzogen, damit die äußere Luft nicht eindringen u. die fixe Luft nicht verfliegen kann. Um das Lagerbier spundvoll zu erhalten, bringt man eine gläserne Röhre in dem Spunde an, durch welche nachgefüllt wird. Da je nach dem Mengenverhältniß der Bestandtheile u. der Art des Brauens eine Masse verschiedener Biersorten erzielt werden, so läßt sich für die Behandlung des Bieres im All gemeinen keine bestimmte Regel festsetzen. Zur längeren Aufbewahrung qualificiren sich nur die sogenannten trockenen Biere, welche reich an Alkohol sind (Bairisches Bier, Porter, Ale), wogegen die sogenannten substantiösen, malzextracthaltigen Biere bald consumirt werden müssen. Felsenkeller u. Keller, deren Temperatur sich durch damit verbundene Eiskeller reguliren läßt, damit sie nicht viel über 4° R. warm werden, erhalten das Bier lange Zeit in demselben guten Zustande.

III. Außer dem oben angegebenen gewöhnlichen Verfahren beim B., gibt es, namentlich für das Maischen u. Kochen, noch andere Verfahrungsarten, womit man Zeit, Arbeit u. Brennstoff zu ersparen beabsichtigt. Bei dem Maischen ziehen Einige das Extract gleich nach dem Einteigen ab u. maischen den Rückstand nochmals mit siedendem Wasser; Andere ziehen die Maische ab, lassen sie 1/2 Stunde sieden u. gießen sie wieder auf die Trebern; noch Andere lassen die Würze nochmals in der Pfanne sieden u. hierdurch wird auch der etwa darin befindliche Kleber, welcher das Bier leicht trübe u. sauer macht, ausgeschieden; wieder Andere kochen das ganze Gut, d.h. die Flüssigkeit sammt den Trebern, in der Pfanne u. bringen es dann erst auf den Stellbottich. Auch hat man, bes. Rietsch, mit der Erzeugung von Malzextract in neuester Zeit gelungene Versuche gemacht, u. es gibt namentlich in England Fabrikationen von Malzextract, die als Handelsartikel ausgeführt werden. In neuester Zeit ist man von den sonst üblichen 3 Dickmaischkochungen abgegangen u. begnügt sich mit 2, auch nur 1 solchen Kochung, kocht auch sogar mit Lautermaische, um nach erfolgtem Aussüßen des Malzschrotes in warmem Wasser von 40–50° R. die Temperatur der Maische auf 60° R. zu bringen; verwendet von der zum Gebräu bestimmten Wassermenge einen größeren Theil zum Nachguß, wodurch eine vollständigere Extraction der Würze aus den Trebern u. eine gehaltvollere Würze bedingt wird. Tizard hat eine mechanische Vorrichtung. zur Erhitzung der Maische mittelst Dampf auf indirectem Wege angegeben (Attemperator). In England hat derselbe zur Aussüßung der Trebern auch eine mechanische Vorrichtung, Hystrican, construirt; in Schottland gebraucht man dazu eine ähnliche Vorrichtung, den Besprenger. Man wendet dort zur Aussüßung der Trebern die Verdrängungsmethode mit der Modification an, daß mit dem Besprenger schon begonnen wird, bevor noch die erste Würze von den Trebern ganz abgeflossen ist u. so lange sie noch darüber steht. Chappel gab ein Verfahren zur Verbesserung der Darstellung der Würze an. Das [765] Wesentliche dieses Verfahrens, durch das eine ungleich vollständigere Extraction des Malzes erzielt werden soll, als nach der gebräuchlichen Digestionsmethode, besteht darin, die auf dem letzten Wege ausgezogenen Materialien noch ein od. einige Mal mit bis auf 120° C. erhitztem Wasser zu behandeln. Bes. hat man verschiedene Versuche mit Anwendung des Dampfes aus das B. gemacht. Bis jetzt kennt man 3 Systeme derselben: a) das von Dalainsky u. Ringhoffer beruht auf der Anwendung indirecten Dampfes, mit Anwendung eines Separatdampfkessels zur Erhitzung des Maischwassers mittelst eines eigenthümlich construirten Erwärmungscylinders u. zur Kochung der Würze mit Hopfen in Priqueurschen Pfannen. Zum Theil wird die Maische mittelst in sie einströmenden Dampfes aus dem Erwärmungscylinder erhitzt; b) das von Wanka gründet sich auf die Anwendung indirecter Dampferhitzung sowohl der Maische mittelst eines in sie gelegten Röhrensystems, als auch der Würze beim Kochen derselben mit Hopfen in 2 Priqueurschen Pfannen. Bei beiden lassen sich Brennstoffe jeder Art verwenden, man erzeugt aber damit Biere, die eine größere u. schnellere Vergährungsfähigkeit haben u. sich langsamer u. schwieriger klären lassen; e) das von Gassauer; dabei wird ein geschlossener Braukessel angewendet, u. die beim Kochen der Würze mit Hopfen sich entbindenden Wasserdämpfe werden zur Erhitzung der Maische u. des Nachgußwassers verwendet. Die hierbei mit erhöhter Temperatur gekochte Würze klärt sich besser u. liefert ein sich schnell klärendes Bier von gutem Vergährungsgrade.

IV. Zur Prüfung des Gehaltes des Bieres dienen die Bierproben. Diese sind die von Fuchs angegebene Hallymetrische Bierprobe, welche das B. nach der darin auflösbaren Menge von Kochsalz beurtheilt; die von Zanneck, Otto u. Balling angewendete Saccharometrische Probe, u. die von Steinheil angegebene, von Balling verbesserte Aräometrische od. optische Bierprobe. Die Procente, welche die Würze enthält, wird an dem Aräometer u. der optischen Probe beobachtet, die Auflösung geschieht in einer Vergährung, die Ablesung der gesuchten Größen nach einem zur Bierlinie vorgeschobenen Maßstabe. Die saccharometrische u. die optische Bierprobe unterscheiden sich nur dadurch, daß die erstere das Bier in frischem u. gekochtem Zustande mit dem Procentsaccharometer auf nur einerlei Qualität prüft u. aus der Vergleichung beider alle übrigen Beziehungen der Biere folgert; während die optische Bierprobe das Bier nur in frischem Zustande mit zweierlei Instrumenten auf 2 Qualitäten, die Größe der Lichtbrechung mit dem optischen Gehaltmesser u. auf die Saccharometeranzeige mit dem Saccharometer prüft u. durch Entgegenhaltung derselben auf die übrigen Beziehungen der Biere schließt.

V. Gewöhnlich sind für das B. eigne Gebäude als Brauhäuser eingerichtet u. mit den Erfordernissen u. Geräthschaften zum Brauen versehen. Sie sind entweder Communal- od. Privatbesitzungen, Neben größeren Brauereien gibt es auch hin u. wieder Hausbrauereien, in welchen der Bedarf für eine Haushaltung bereitet wird. Das B. selbst wird in größeren u. öffentlichen Brauereien von Bierbrauern betrieben, welche das Brauen des Bieres kunstmäßig erlernt haben u. es zu ihrem Geschäfte machen; sie sind gewöhnlich nicht zünftig (doch bilden sie oft in großen Städten die Brauergilde), sondern werden von Brauereibesitzern od. Bierverwaltern angenommen u. verpflichtet, um dem Brauwesen vorzustehen. Das wirkliche Brauen verrichten die Braumeister mit den Brauknechten; die übrigen gröbern Arbeiten besorgen die Braugehülfen, s.u. Bier VI. – H. Knaust, Fünf Bücher von der göttlichen edeln Gabe, der philosophischen, hoch theuern u. wunderbaren Kunst, Bier zu brauen, Erf. 1573; Bönisch, Über das Bierbrauen der Engländer etc., Bresl. 1806; Freeport, Von dem weißen u. braunen englischen Bierbrauen, Hamb. 1808; Scharl, Die Bierbrauerei im Königreich Baiern, Münch. 1814; Munz, Das Malzen u. Gähren, Lpz. 1819, 2. Aufl. Neust. 1836; Poppe, Die Bierbrauerei, Tüb. 1826; Dorn, Anleitung zum Bierbrauen, Berl. 1833; Krauß, Sammlung mehrerer neuen Angaben u. Erfindungen für jeden Bierbrauer, 4. Aufl., Lpz. 1835; Gumbiner, Handbuch der Bierbrauerei, Berl. 1846; Zimmermann, Lehrbuch der Bierbrauerei, Berl. 1852; Ziegler, Taschenbuch der baierischen Bierbrauerei, Lpz. 1852; Büchner, Die baierische Bierbrauerei, Lpz. 1852 Stein, Gambrinus, Heilbr. 1852: Fischer, Der Bierbrauproceß, Weim. 1852; Heiß, Die Bierbrauerei mit besonderer Berücksichtigung der Dickmaischbrauerei, Münch. 1853; A. L. Müller, Das neue Brauverfahren, Presb. 1854; P. Müller, Handbuch für Bierbrauer, Braunschw. 1855; Balling, Anleitung zur saccharometrischen Bierprobe, Prag 1855; Anleitung zum Gebrauch des Saccharometers, ebd. 1855; Schwarz, Bierbrauapparat, Darmst. 1857.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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