- Carnot
Carnot (spr. Karnoh), 1) Lazare Nicolas Marguerite, geb. 1753 zu Nolay in Burgund; kam früh ins Geniecorps. Bei Anfang der Revolution war er Hauptmann u. schlug sich auf die Seite derselben, wurde 1791 Deputirter der Gesetzgebenden Versammlung u. votirte als Conventsmitglied Ludwigs XVI. Tod. 1793 wurde er zur Nordarmee gesandt, half Jourdan siegen u. cassirte den feigen General Gratien. Er wurde nun Mitglied des Wohlfahrtsausschusses u. leitete als solcher das Strategische der Operationen. 1795 kam er in das Directorium; in Mißhelligkeiten mit Barras gekommen, wurde er durch dessen Partei gestürzt u. im September 1797 zur Deportation verurtheilt, welcher er durch die Flucht nach der Schweiz entging. Durch Aufdeckung der Schändlichkeiten seiner Collegen in der Schrift Réponse de C. au rapport fait sur la conjuration du 18 Fructidor an V. etc., Lond. 1799 (deutsch, Hamb. 1799), beförderte er deren Sturz. Nach dem 18. Brumaire ward C. zurückberufen u. Inspecteur aux revues, im April 1800 aber Kriegsminister; jedoch trat er von diesem Posten bald wieder ab, da seine Ansichten nicht die Napoleons waren, gegen dessen lebenslängliches Consulat u. Kaiserwürde er als berufenes Glied des Tribunats votirte. Bis 1814 lebte er ruhig, mit Schriftstellerei beschäftigt; dann übernahm er die Vertheidigung Antwerpens, das er, erst als Napoleon abgedankt hatte, auf Ludwigs XVIII. Befehl, übergab. Durch eine Denkschrift an Ludwig XVIII. (wider seinen Willen bekannt geworden u. gedruckt) machte er sich den Bourbons verhaßt, u. als er bei Napoleons Rückkehr die Pairswürde u. das Ministerium des Innern übernommen hatte, wurde er nach dessen zweitem Sturze, als Mitglied der provisorischen Regierung, vom König in der Verordnung vom 24. Juli begriffen. Er ging zuerst nach Warschau, dann nach Magdeburg, wo er 1823 st. Er schr. u.a. noch: Eloge de Vauban, Dijon 1783; Essai sur les machines en général, ebd. 1786, u. Aufl. 1810; Oeuvres mathématiques, Basel 1796; Réflexions sur la métaphysique du calcul infinitésimale, Par. 1796, 2. Aufl. 1813 (deutsch von Hauff, Fkf. 1800); Traité de la corrélation de figures de géometrie, Par. 1801; Géometrie de position, ebd. 1801 (deutsch von Schumacher, 2 Thle., Altona 1808–10); De la défense des places fortes (auf Befehl Napoleons geschrieben, worin er eine eigene Befestigungsmanier, s. Carnotsches Befestigungssystem, aufstellte), ebd. 1809, 3. Aufl. 1812, Braunschw. 1814 (deutsch von Rühle v. Lilienstern 1811, 2. Aufl. 1816); Don Quichote (komische Epopöe), 1820; Mémoires hist. et milit., 1824; Lebensbeschreibung von Rioust, Gent 1817, von W. Körte, Lpz. 1820, von Arago, Par. 1850. 2) Laz. Hippolyt, Sohn des Vor., geb. 1801 in St. Omer, begleitete seinen Vater ins Exil, übernahm aus Juliens Händen die neugegründete Révue encyclopédique, welche er bes. der deutschen Literatur widmete. Anfangs St. Simonist, trennte er sich später von die[704] ser Lehre u. wurde von Louis Philipp zum Paix ernannt; 1840 war er Berichterstatter der Befestigungsfrage. Grundsätzlich ein Republikaner, nahm er wesentlich Theil an der Februarrevolution 1848 u. trat als Minister des Unterrichts in das provisorische Ministerium vom 24. Febr.; Cavaignac beließ ihn in dem Ministerium vom 28. Juni, doch trat er schon Anfangs Juli aus. 1850 in die Kammer gewählt, hielt er sich zur äußersten Linken; im December 1851 wurde er beseitigt. Er übersetzte Müllers Griechenlieder 1828; gab Mémoires von Gregoires (1837) u. Bertr. Barère's (1842 f.) heraus u. schr.: Exposé de la doctrine de St. Simonism, 1830 u. v. a. 3) Sadi, Bruder des Vor., st. 1832; er schr.: Über die Theorie des Dampfes.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.