- Cloud, St. [2]
St. Cloud (spr. Sängt Kluh), Stadt im Arrondissement Versailles des französischen Departements Seine u. Oise, auf einer Anhöhe an der Seine u. der Eisenbahn von Paris nach Versailles; kaiserliches Lustschloß mit großem Park u. Wasserkünsten; viele Landhäuser der Pariser; 4000 Ew. Während der letzten drei Septemberwochen jeden Jahres berühmte Kirchweih mit Markt (La fête de St. C.) auf der großen Terrasse an der Seine. – St. C. (Fanum St. Clodoaldi) hieß früher Nogent; der Ort wird jedoch vor Chlodowald nicht genannt; dieser fränkische Prinz wurde nach der Ermordung seiner Brüder Mönch u. baute hier ein Kloster, welches nach ihm St. C. genannt wurde. Er schenkte den Ort, der später ebenfalls den Namen St. C. annahm, dem Bisthum von Paris, u. dieses genoß von 1381 an das Recht, am St. Andreastage von den Einwohnern Steuern von willkürlichem Betrag zu erheben, deren Höhe jedoch König Karl VII. 1429 auf 24 u. Ludwig XII. 1509 auf 20 Livres festsetzte. Die Stadt wurde 1358 von den Engländern u. 1411 von den Armagnacs theilweis verbrannt. 1589 wurde hier Heinrich III. von Jacques Clément ermordet. Das alte Schloß von St. C. wurde im 16. Jahrh. von Jérome de Gondy erbaut u. erbte dann nach einander auf vier Prälaten von dessen Familie, die sämmtlich Erzbischöfe von Paris waren u. dasselbe bewohnten, bis es 1658 Ludwig XIV. für seinen Bruder Philipp, Herzog von Orleans, kaufte, welcher es umbaute, vergrößerte, ihm die jetzige Gestalt gab u. durch Lenotre den Park anlegen ließ. 1670 wurde St. C. zur Duché-Pairie erhoben u. blieb im Besitz der Herzöge von Orleans, bis Ludwig XVI. 1782 das Schloß für Marie Antoinette ankaufte u. während der Sommer 1787 u. 1788 auch dort residirte. Während der ersten Revolutionsjahre war es als Restaurations- u. Tanzlocal verpachtet, unter dem Directorium hielten die beiden Räthe darin ihre Sitzungen, wo auch der eine derselben am 19. Brumaire des Jahres VIII. (10. Nov. 1799) durch Bonaparte mit Waffengewalt gesprengt wurde (s. Französische Revolution). Während der Consularzeit u. der ersten Kaiserjahre Napoleons I., der das Schloß mit großen Kosten wieder herstellen ließ, war es Residenz desselben; 1814 u. 1815 Hauptquartier Blüchers u. Schwarzenbergs (am 3. Juli 1815 Militärconvention wegen der zweiten Einnahme von Paris); Karl X. unterzeichnete hier 1830 die verhängnißvollen Juliordonanzen, welche die Julirevolution hervorriefen u. ihn vom Throne stießen; unter Ludwig Philipp gehörte das Schloß zur Civilliste, war theilweis Sommerresidenz der königlichen Familie, nach der Februarrevolution von[217] 1848 wurde es als Staatseigenthum erklärt, 1850 zur Wohnung des Prinzpräsidenten Ludwig Napoleon eingerichtet u. ist seit 1852 Krondomäne u. mehrentheils Spätsommerresidenz Napoleons III.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.