Blücher [1]

Blücher [1]

Blücher. Das Geschlecht der B. ist sehr alt u. kam mit Heinrich dem Löwen im 12. Jahrh. nach Mecklenburg; bereits um 1215 wird ein Ulrich v. B. als der Großvater eines Bischofs von Ratzeburg genannt. Das Geschlecht theilt sich jetzt in 3 Linien: B.-Wahlstadt, B.-Altona u. B.-Finken. A Blücher-Wahlstadt ist evangelisch, seit 1814 inden Grafenstand erhoben u. in Preußisch- u. Österreichisch-Schlesien begütert; Wohnsitze sind die Schlösser Radun u. Krieblowitz: 1) Gebhard Lebrecht v. B., Fürst von Wahlstadt, geb. 16. Decbr. 1742 in Rostock, aus dem Hause Groß-Ranzow in Mecklenburg, Sohn eines kurhessischen Rittmeisters. Im Siebenjährigen Kriege nahm er ohne Wissen seines Vaters bei dem schwedischen Husarenregimente v. Mörner Dienste, gerieth bei den Streifzügen in der Uckermark in preußische Gefangenschaft u. gefiel dem Obristen v. Belling so, daß ihn dieser bei sich behielt u. bald nachher seine Entlassung aus dem schwedischen Dienste auswirkte. Hierauf trat B. 1760 als Lieutenant in das Regiment seines Gönners, ward dessen Adjutant u. bald ältester Stabsrittmeister, nahm aber, da er sich durch Einschub gekränkt fühlte, 1772 seinen Abschied, widmete sich der Landwirthschaft, kaufte das Gut Groß-Raddow in Preußisch Pommern u. ward Deputirter der Landschaftsdirection. Nach Friedrichs II. Tode stellte ihn Friedrich Wilhelm II. 1787 wieder an u. zwar unmittelbar vor dem Major v. Jägerfeld, der ihm einst[902] vorgezogen worden war, in demselben Regimente. In den Rheinfeldzügen seit 1793 zeichnete er sich als Oberst allenthalben aus, kehrte 1794 als Generalmajor zurück, erhielt 1795 das Commando der Demarcationslinie, gab in dieser Zeit sein Tagebuch der Feldzüge am Rhein heraus, nahm 1802 Erfurt u. Mühlhausen für Preußen in Besitz, führte als Generallieutenant 1806 bei Auerstädt die Avantgarde, wurde aber geworfen, doch rettete er bei dem übereilten Rückzuge 5000 Mann durch Kriegslist gegen den französischen General Klein u. folgte Hohenlohe nach Prenzlau. Durch Erschöpfung seines Corps wurde er gehindert, Hohenlohe's Befehle, in der Nacht zu ihm zu stoßen, zu genügen, u. entging so der Capitulation von Prenzlau, zog das Corps des Herzogs von Weimar an sich u. marschirte fechtend nach Lübeck, wodurch er die 3 französischen Armeecorps Bernadotte's, Soulks u. Murats von der Verfolgung des Restes der preußischen Armee abzog. Nach tapfrer Vertheidigung Lübecks capitulirte er aus Mangel an Pulver u. Brod bei Ratkow am 6. Nov. u. bemerkte dies in der Capitulation. Gegen den französischen General Victor ausgewechselt, befehligte B. das Corps Preußen, das zu einer Diversion in Pommern landete, ward Generalcommandant in Pommern, jedoch nach dem Tilsiter Frieden, auf Napoleons Begehr, außer Thätigkeit gesetzt. 1813 übernahm er, 71 Jahre alt, den Befehl der preußischen Armee von 25,000 Mann in Schlesien, wozu noch 15,000 Russen unter Winzingerode stießen, focht mit derselben bei Lützen, Bautzen u. Haynau u. siegte mit seiner, während des Waffenstillstandes anders organisirten u. nun aus dem 1. preußischen Corps von York, den russischen v. Langeron u. v. Sacken bestehenden Schlesischen Armee entscheidend an der Katzbach u. wich dem wieder gegen ihn ziehenden Napoleon geschickt aus drang, als dieser nach Dresden zurückkehrte, unaufhaltsam vor (von den Russen nach dem Wort, das sie am meisten von ihm hörten, Marschall Vorwärts genannt), ging am 3. October bei Wartenburg über die Elbe, vereinte sich mit dem Kronprinzen von Schweden, trug durch das Gefecht bei Möckern am 16. u. am 18. October viel zur Entscheidungsschlacht bei Leipzig bei, überschritt am 1. Jan. 1814 den Rhein bei Kaub u. rückte nach Nancy u. Brienne; hier wurde er überfallen u. wäre bald selbst gefangen worden; er siegte nun am 1. Febr. bei la Rothière, schlug sich, da er rasch gegen Paris vordrang, u. indem der Fürst Schwarzenberg zu langsam parallel folgte, abgeschnitten wurde, bei Etoge u. Joinvilliers (Montmirail) durch die Franzosen durch, siegte bei Sezanne u. am 9. März bei Laon u. stürmte am 31. März den Montmartre, wodurch Paris fiel. Für seine Verdienste wurde er von seinem König am 3. Juli 1814 in Paris Feldmarschall u. Fürst B. von Wahlstadt (zur Erinnerung an jenen Sieg an der Katzbach in der Nähe des im Mongolenkriege 1241 als Schlachtfeld berühmten Dorfes Wahlstadt) ernannt u. mit den Stiftsgütern von Trebnitz in Schlesien beschenkt u. seine Nachkommen in den Grafenstand erhoben. Er begleitete nun Friedrich Wilhelm III. nach England u. ward dort mit Begeisterung empfangen, ja die Universität Oxford krönte ihn mit dem juristischen Doctorhute. Nach der Rückkehr Napoleons aus Elba 1815 befehligte er die 115,000 Mann starke preußische Armee in Belgien. Napoleon schlug ihn am 16. Juni bei Ligny, u. fast wäre er hier bei einem Cavallerieangriff mit dem Pferde stürzend gefangen worden. Am 18. Juni erfocht er mit Wellington den Sieg von Belle-Alliance u. rückte schon den 29. Juni wieder vor Paris. Friedrich Wilhelm schuf einen besondern Orden, das eiserne Kreuz in einem Stern mit goldenen Strahlen, nur für ihn. Nach dem Frieden zog sich B. auf seine Güter zurück u. st. 12. Sept. 1819 auf seinem Gute zu Krieblowitz in Schlesien. Hier ließ ihm Friedrich Wilhelm IV. ein Mausoleum errichten, welches 28. August 1853 geweihet wurde. Denkmale wurden ihm gesetzt 1819 in Rostock, 1826 in Berlin u. 1827 in Breslau. An seinem 100jährigen Geburtstag, den 16. December 1842, erhielt das 5. Husarenregiment den Namen der Blücherschen Husaren. Vgl. Borott, Leben des Feldmarschalls Fürst B., Zittau 1819; Fr. Förster, Der Fürst B. von Wahlstadt, Lpz. 1821, u. Varnhagen v. Ense, Lebensbeschreibung B-s, Berl. 1827; Schöning, Geschichte des fünften Husarenregiments mit besonderer Rücksicht auf B., Berl. 1843. Während B. selbst 1814 in den Fürstenstand erhoben wurde, wurden seine Nachkommen in den Grafenstand erhoben; seine Söhne waren: 2) Franz, Graf B. von Wahlstadt, Sohn des Vor., geb. 1777, trat früh in die preußische Cavallerie, war 1813 Stabsoffizier im 1. schlesischen Husarenregiment, zeichnete sich in demselben vielfach aus, ward aber bei Dresden verwundet u. gefangen. Später befreit, wurde er Commandeur desselben Regiments u. General u. st. 1829 zu Köpenick, an Folgen der erhaltenen Kopfwunden geisteskrank. 3) Gebhard, Graf B. von Wahlstadt, des Vor. Sohn, geb. 1799, jetziger Chef der Familie, vermählt seit 1832 mit Marie, geborene Gräfin von Larisch-Männich (geb. 1801), sein älterer Sohn Gebhard ist geb. 1836. 4) Friedrich Gebhard, Graf B. von Wahlstadt, geb. 1780 Sohn von B. 1), machte einen Theil der Feldzüge 1813–15 als Major im Gefolge seines Vaters mit, nahm den Abschied als Oberstlieutenant u. st. 1834. B) Blücher-Altona, 1818 in den Grafenstand erhoben: 5) Konrad Daniel, Graf von B.-Altona, geb. 1764, trat früh in dänische Dienste u. wurde Oberpräsident von Altona; er starb 1845; 6) Graf Gustav, Sohn des Vor., geb. 1789, Chef der Linie, seit 1826 vermählt mit Emilie, geborene Ferral; sein älterer Sohn Konrad ist geb. 1832. C) Blücher-Finken, ist lutherisch, 1815 in den Grafenstand erhoben u. in Mecklenburg begütert, wo B. u. Finken ihre Wohn- sitze sind; Chef: 7) Graf Ludwig, Sohn des 1836 verstorbenen Grafen Ludw. Gerhard Hartwig Friedrich, geb. 1814 u. seit 1838 vermählt mit Marie geborene v. Bülow, sein ältester Sohn Gerhard Ludwig ist geb. 1839.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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