Commassation

Commassation

Commassation (v. lat.), die Zusammenlegung der in einer Flur od. Feldraum zerstreut umherliegenden Grundstücke in einen od. mehrere größere zusammenhängende Pläne. Da die C. in land- u. volkswirthschaftlicher Hinsicht von großer Bedeutung ist, so hat sich derselben in neuerer u. neuester Zeit die Gesetzgebung vieler deutscher Länder in der Art angenommen, daß auf die C. mit 2/3 od. 1/2 der Stimmen der Grundstücksbesitzer einer Flur provocirt werden kann. Der erste Staat, welcher die C. bei sich einführte, war Preußen zu Anfang dieses Jahres; ihm folgte Sachsen durch Gesetz vom 17. Juni 1834, Weimar (Gesetz vom 28. Aug. 1848 u. 1853), Anhalt-Dessau u. Köthen (Gesetz vom 26. März 1850), Hannover (Gesetz vom 12. Octbr. 1853), Gotha (Gesetz vom 6. Jan. 1854), Meiningen (Gesetz vom Jahr 1855), Schwarzburg-Rudolstadt (Gesetz vom 7. Jan. 1856), Altenburg (Gesetz vom 20. April 1857), Großherzogthum Hessen (Gesetz vom 15. Jan. 1858); in Württemberg u. Österreich werden gegenwärtig die betreffenden Gesetze vorbereitet. Die Vortheile der C. bestehen in Folgenden: der Übergang aus der Dreifelderwirthschaft zu einem besseren Wirthschaftsregister wird erleichtert, oft erst ermöglicht, überhaupt jede aus der Lage der Gemeinschaft entspringende Fessel in der Wirthschaftsweise beseitigt; die Befreiung der Feldflur von lästigen Servituten wird herbeigeführt; es wird an Zeit u. Bestellungskosten viel erspart; man gewinnt an Fläche durch Verminderung der ertraglosen Furchen, Beseitigung von Rainen, Verbesserung u. Geradelegung der Wege u. Flüsse; es wird eine angemessenere Form u. zweckmäßigere Lage der einzelnen Grundstücke erzielt; die Feld- u. Verbindungswege können zweckmäßiger angelegt werden, wodurch eine bequemere Zugänglichkeit zu allen Parzellen unmittelbar vom Wege aus hergestellt u. das schädliche Trenn- u. Überfahrtsrecht beseitigt wird; man gewinnt an Saatzeit durch Beseitigung der schmalen Parzellen; es lassen sich die neuen u. besseren Ackergeräthe u. Maschinen, wie Exstirpator, Krümmer, Säemaschine etc. anwenden; es wird eine bessere Wiesencultur durch entsprechende Anlage von Haupt- u. Ableitungsgräben, Sammelteichen, Trockenlegung versumpfter Flächen etc. ermöglicht; die Drainage läßt sich leichter ausführen; die Ausübung der Feldpolizei erleichtert; die Grenzen fest bezeichnet, Schaden durch Trift, Weide etc. beseitigt u. dadurch Feindschaft u. Processen zwischen den Feldnachbarn vorgebeugt; man kann die Grenzen einer Feldflur durch Rodung, od. Anlegung von Wald, Austausch etc. verbessern; es ist Gelegenheit gegeben, geeignete Flächen zur Anlage von Friedhöfen, Bauplätzen, Lehm- u. Sandgruben, Fohlentummelplätzen etc. für Gemeindezwecke auszusondern etc. Trotz dieser großen Vortheile der C. ist dieselbe noch nicht sehr vorgeschritten. Ursachen davon sind: Höhe der Kosten, Liebe zu den von den Vorfahren ererbten od. von den Besitzern selbst in Stand gesetzten Grundstücken; Furcht vor totalem Hagelschlag auf den zusammenliegenden Fluren; Besorgniß vor Kosten der Erhaltung der Wege, auf welche die Feldpläne stoßen; Besorgniß vor Wiederzerstückelung der zusammengelegten Flächen durch Vererbung, Verkauf etc. Wird mit der C. der Ab- u. Ausbau der Wohn- u. Wirthschaftsgebäude in die Mitte der zusammengelegten Grundstücke verbunden, dann gestalten sich die Vortheile der C. noch weit größer. Das technische Verfahren bei der C. ist Folgendes; sind die Grundstücksbesitzer eines Ortes über C. ihrer Fluren einig, u. haben sie zur Ausführung derselben bei der Generalcommission für Ablösungs- u. Gemeinheitstheilung auf Bestellung einer ökonomischen Commission angetragen, so hat dieselbe im ersten Termin das Sach- u. Rechtsverhältniß herzustellen, über den Umfang der C. zu verhandeln, Localbesichtigung zu vermitteln, die Anträge der Interessenten[300] wegen Einziehung aller in Anlage neuer Wege u. Gräben, sowie sonstige Anlagen zu hören u. zu prüfen u. die Annahme eines verpflichteten Feldmessers zu bewirken. Hierauf folgt die specielle Vermessung der zur C. zu ziehenden Grundstücke, deren Resultate den Betheiligten zur Durchsicht u. Anerkennung mitgetheilt werden. In einem zweiten Termin hat der Commissar in Begleitung der Interessenten die Flur zu classificiren u. den gefundenen Ortsbonitirklassen entsprechende Werthe beizulegen, hierauf mit der speciellen Bonitirung zu beginnen u. die vorgefundenen Bodenklassen in die Coupons nach dem Maße einzutragen. Sind die Klassenabschnitte auf der Brouillonkarte eingezeichnet, deren Flächeninhalt berechnet, die Reduction aller vorhandenen Klassenwerthe auf ersten Klassenwerth erfolgt, so wird das Resultat den Interessenten mitgetheilt. Nach Anerkennung der Bonitirung mit im dritten Termine über die Planlage verhandelt, die Wünsche u. Anträge der Betheiligten zu Protokoll gebracht, die nene Planlage fest berechnet, die neuen Grenzlinien auf der Karte markirt u. die Pläne einige Tage vor dem Anerkennungstermine im Freien abgesteckt. Im vierten Termine erfolgt die Anerkennung der Pläne; nun werden die Acten nebst dem Zusammenlegungspläne der Generalcommission zur Prüfung überreicht, worauf der juristische Commissar Auftrag zur Entwerfung des Receßentwurfes erhält, der den Betheiligten zur Anerkennung mitgetheilt wird. Ist der Receßentwurf von der Generalcommission bestätigt, so wird der letzte Termin zur Vollziehung der Receßexemplare von beiden Commissaren abgehalten u. das ganze Geschäft ist beendigt. Zur Erleichterung der C. hat man hier u. da rücksichtlich der Kosten Vorsorge getroffen, daß, wie in Preußen, geringe Pauschquanta pro Morgen eingeführt worden sind, od., wie in Koburg, die Kosten der C. vom Staate übernommen werden.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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