- Gottesfriede
Gottesfriede (Treuga [Treva] Dei, Pax Dei), seit dem 11. Jahrh. in Deutschland auf Antrieb der Geistlichkeit beschlossene u. vom Kaiser Konrad II. bestätigte Aussetzung der Fehden an gewissen Tagen in der Woche, z.B. in der Advents- u. Fastenzeit, an den Sonn- u. hohen Festtagen mit ihren Octaven u. Vigilien. Bruch des G-ns wurde mit Confiscation des Vermögens, Kirchenbann, Geld-, selbst Leibesstrafe geahndet. Auch Kirchen, Klöster, Kapellen etc., welche man später zur Erinnerung mit einem Kreuz zu bezeichnen pflegte, u. Sachen, welche zum Ackerbau gehörten, Reisende, Frauen, die Clerisei mit Allem, was ihr gehörte, waren in den G-n eingeschlossen. Der G. hatte in seiner Ausbildung eine nahe Beziehung zu den Bestrebungen für den Landfrieden seit Rudolf I. Schon vor dem eigentlichen G-n kommen in Frankreich solche von der Geistlichkeit ausgehende Versuche vor, jede Art von Selbsthülfe, Gewalt u. Räubereien durch Erweckung des religiösen Gefühls u. der Gewissensangst vor den jenseitigen Folgen solchen Verhaltens abzustellen. 1038 liest Erzbischof Arino von Bourges in seiner Diöces einen allgemeinen Frieden beschwören, in welchem alle Eingesessenen seiner Diöces vom 15. Jahre an einbegriffen wurden. Alle Mitglieder mußten sich verbindlich machen, einander gewaffnete Hülfe gegen Friedensstörer zu leisten; selbst die Geistlichkeit wurde zu dieser Verpflichtung auf Veranlassung ihres Hauptes herangezogen; sie brachen Burgen, beflegten Stegreifritter, unterlagen aber zuletzt der großen Menge derselben. Die älteste Urkunde des eigentlichen G-ns ist ein von 1041 datirtes Schreiben burgundischer Bischöfe u. Abte im Namen des ganzen gallischen Clerus an die Geistlichkeit Italiens. Hier werden zuerst nur gewisse, durch die Beziehung auf Lebensmomente Christi bes. geweihte Wochentage, später in ihrer allmäligen Fortbildung auch größere, bes. heilige Zeiten, wie die ganze Fastenzeit, Osteroctave, Weihnachten etc. für gebannte Zeiten erklärt u. darin oft blos der Gebrauch der Waffen, wie überhaupt jedes feindselige Vergehen eines Christen gegen den andern aufzuheben versucht. Auch in England galt der G. Etwas Ähnliches war im alten Griechenland die [507] Ekechirie (s.d.). Vgl. Küster, De treuga et pace Dei, Münst. 1852; Kluckhohn, Geschichte des G-ns, Lpz. 1857.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.