Haut [1]

Haut [1]

Haut (Cutis), 1) (Anat. u. Physiol.), der allgemeine äußere Überzug der Thier- u. Menschenkörper. Aus derselben Substanz, wie die anderen weichen Körpertheile gebildet, stellt sie ein eigenes Organ dar, das durch mehr od. minder lockeres Zellgewebe mit den darunter liegenden Theilen verbunden ist. Sie besteht entweder für sich, als nackte H., od. hat selbst noch eine Überkleidung (Hautbedeckung). Diese ist entweder eine eigene Umformung des Außentheiles der H., od. wird durch Bildungen eigener Art dargeboten, welche der H. ein- u. beigefügt sind. Von letzter Art sind Schuppen, Federn, Haare (s.d. a.), von erster Art die mancherlei Körperdecken härterer, knorpeliger od. knochenartiger Consistenz, in denen Thiere niederer Ordnungen, entweder völlig, wie die Krustenthiere, od. doch meist, wie ganze Klassen u. Ordnungen von Insecten, aber auch einzelne Ordnungen der Vierfüßler (wie Schildkröten), eingeschlossen sind, die an einzelnen Hautstellen aber fast allen Thieren der höheren Klassen, als Horn, Krallen, Nägel etc. zukommen. Bei ganz einfachen Thieren (Polypen, Korallinen, den meisten Würmern, den Larven mehrerer Insecten) ist gar keine eigene H. unterscheidbar, ja der ganze Körper ist als ein Hautgebild zu betrachten, eben so bei Embryonen in ihren frühesten Perioden. Bei Thieren höherer Ordnungen zeigt sich zwar immer die H. zunächst als äußere umfassende Körperhülle (äußere H.); dabei setzt sie sich aber auch an Körperstellen, wo innere Räume zugänglich sind, nach innen fort, wiewohl mit Umänderung[105] ihres Charakters. Die äußere Haut, wo sie ausgebildet ist, besteht aus mehreren Schichten. Zuoberst liegt die Oberhaut (Epidermis), welche aus zahlreichen Schichten hornartiger kleiner Zellen zusammengesetzt u. ohne Blutgefäße u. Nerven ist. Die obersten Schichten sind. hart, spröde, bestehen aus mehr schuppenförmig zusammengedrückten Zellen u. stoßen sich fortwährend in Pulverform, nach gewissen Krankheiten, z.B. nach Scharlach u. Masern, auch in größeren Schuppen u. Lappen ab. Die untersten Schichten der Oberhaut sind weich u. feucht, enthalten die immer wieder nachwachsenden jungen Oberhautzellen u. werden das Schleimnetz genannt. Hier liegt zugleich der Farbestoff, welcher der H. die Farbe gibt u. beim Europäer z.B. hellgelbbräunlich, beim Neger schwarz ist, u. dessen Abscheidung durch Sonnenlicht noch vermehrt wird. Auf der Oberfläche der Oberhaut befinden sich unzählige Poren (Pori), welche nicht durchgehende Löcher in der Haut, sondern eigentlich nur Vertiefungen sind, theils häutige Scheiden für die Haarwurzeln, theils Ausführungsgänge für die Schweiß- u. Talgdrüschen. Die Oberhaut überzieht mit ihrer Decke überhaupt alle Theile der Oberfläche des Körpers, schlägt sich in alle Vertiefungen ein, kleidet genau alle Hautbälge aus, gibt Nägeln u. Haaren an ihrer Wurzel einen Überzug, schlägt sich auch nach den inneren Schleimhäuten der nach außen sich öffnenden Körperkanäle um, überzieht die geringsten Vertiefungen u. Schleimdrüsen u. setzt sich selbst in die Darmkanäle fort. Sie ist übrigens nicht so elastisch wie die darunter liegende dickere Schicht, daher spaltet sie zuweilen auf u. bildet dann die schmerzhaften Hautsprünge, denen man bes. bei kalter Luft ausgesetzt ist, od. sie schält sich in Läppchen od. Schuppen ab. Wird die H. oft u. anhaltend gedrückt, so wuchert sie gleichsam an dieser Stelle u. setzt mehr Hornmasse als gewöhnlich ab, wodurch endlich ein dicker u. fester Hornüberzug entsteht, wie z.B. an den Fingerspitzen bei Guitarrespielern, in der innern Hand bei Handarbeitern, an den Fußsohlen, an den Zehen (Hühneraugen) etc. Unter der Oberhaut folgt eine runzelig wellenförmige Schicht, der Warzenkörper, welcher dichte Gefäß- u. Nervennetze enthält u. daher der empfindlichste u. blutreichste Theil der H. ist. Auf dieser Schicht zeigen sich die sogenannten Tast- od. Hautwärzchen als kleine kegel- od. warzenförmige Erhabenheiten von 1/20 Linie Durchmesser u. mit Haargefäßen u. Nervenendschlingen durchflochten. Diese Wärzchen sind an den verschiedenen Hautstellen nach Größe u. Gestalt verschieden u. an den Fingerspitzen, in der hohlen Hand u. an den Fußsohlen treten sie am stärksten, in doppelt parallelen Reihen zwischen parallelen Furchen hervor. Durch die Verschiedenheit dieser Hautwärzchen, die ungleiche Dicke ihres Überzuges, sowie die größere od. geringere Dichtigkeit ihres Nervengeflechtes haben die einzelnen Hautstellen eine verschiedene Empfindlichkeit, im Allgemeinen läßt sich aber festsetzen, daß die Endtheile, welche frei liegen u. mannigfaltig bewegt werden können, die größte Empfindlichkeit haben, u. die vordere Hälfte des Körpers größere als die hintere. Das allerfeinste Gefühl zeigt sich in der Zungenspitze. Unter dem Warzenkörper liegt die Lederhaut (Corium), welche die dichteste u. dickste Schicht der H. ist, aus seinen, verfilzten, sehr zähen u. elastischen Fasern besteht u. reich an Gefäßen (Hautvenen, Hautarterien) ist. Durch Gerben kann diese H. in Leder umgewandelt werden, daher ihr Name. Unter der übrigens auch nervenreichen Lederhaut liegt noch eine Zellgewebsschicht, das Unterhautgewebe, welches meistens mit Fett erfüllt ist u. daher auch die Fetthaut genannt wird. Die Fetthaut bildet gleichsam eine Art von Polster für die Lederhaut u. verbindet diese mit den unterliegenden Organen, als schlechter Wärmeleiter hält sie die Körperwärme zusammen u. gibt den Gliedmaßen die volle, runde Form. An Stellen, wo die Knochen unmittelbar unter der Haut liegen u. zumal Gelenken (Knie u. Ellenbogen) eine leichtere Beweglichkeit verschafft werden soll, bilden sich im Unterhautzellgewebe Maschenräume mit kleberiger Flüssigkeit (Hautschleimbeutel). Im Innern dieses Gewebes findet sich der Hautdrüsenapparat, welcher aus Talgdrüsen u. Schweißdrüsen besteht. Die Hauttalgdrüsen sind kleine traubenförmige Schläuche, die über die ganze H. verbreitet, bes. zahlreich aber an behaarten Stellen sich finden u. den Hauttalg, der H. u. Haare mit einem schützenden Fettüberzug bedeckt (Hautschmiere), absondern. In vielen der Hauttalgdrüsen finden sich gleichzeitig Haarbälge vor u. man nennt sie darum auch Haarbalgdrüsen. Die Hautbalgdrüsen sitzen in der oberen Schicht der Lederhaut, wenn sich diese bei Einwirkung von Kälte od. Schreck um die gefüllten Drüschen zusammenzieht, so entsteht die sogenannte Gänsehaut. Die Schweißdrüsen der H. bestehen aus einem knäulartig aufgewickelten Gange (Drüsenknäuel), sind mit wenigen Ausnahmen über die ganze H. verbreitet u. münden korkzieherartig gewunden (Schweißkanal) als seine Öffnungen (Schweißporen) an der Oberfläche, aus denen der Schweiß tropfbar heraustritt. Die Nägel an Fingern u. Zehen sind eigentlich nichts als starke Oberhautplatten, die wie die Oberhaut ebenfalls aus einer Schleim- u. Hornhautschicht bestehen (s.u. Nagel). Borsten u. Stacheln (s.d.) sind nur Modificationen des Haares. Einige Thiere, wie die Schuppenthiere, Gürtelthiere, Schlangen, Eidechsen, Schildkröten sind mit Schuppen (s.d.) od. Platten von hornartiger Masse bedeckt. Über die Schuppen der Fische, s.u. Fische. Auch die Hörner (s.d.), d.h. die Scheiden der Stirnfortsätze, sind als Hautgebilde zu betrachten. Was endlich die Federn (s.d.) betrifft, so sind sie ihrer Bildung u. Entstehung nach den Haaren verwandt. Die Bestimmung u. Thätigkeit der Haut (Hautfunction) ist als Schutz-, Tast-, Absonderungs- u. Aufsaugungsorgan zu dienen. Die Oberhaut schützt die unter ihr gelegene Lederhaut, zumal die Hautwärzchen, gegen mechanische Einwirkungen, u. deren Hornschicht, nebst ihrem Fettüberzug, ist ein Schutz gegen chemische Einwirkungen vieler Substanzen, so wie gegen Gifte der verschiedensten Art. Die Lederhaut vertheilt durch ihre Festigkeit u. Elasticität etwaigen Druck auf eine größere Fläche; die Fetthaut darunter dient als Polster u. schlechter Wärmeleiter (s. oben). Die eigentliche Function der H. ist als Tastorgan zu dienen, mittelst der nervenreichen Tastwärzchen u. Tastkörperchen, welche bes. zahlreich an der Zungenspitze, den Fingerspitzen u. den Lippen u. am sparsamsten an dem Rücken vertheilt sind. Außerdem ist die Haut auch ein wichtiges Ausscheidungsorgan,[106] indem sie das Blut von unbrauchbaren Stoffen durch die sog. Hautausdünstung (Transspiration) befreit. Diese ist hinsichtlich ihrer Menge u. Beschaffenheit, je nach Race, Alter, Geschlecht u. Individualität sehr verschieden u. selbst bei einem u. demselben Menschen weder zu allen Zeiten, noch an allen Stellen der H. gleich; sie erscheint in zwei Formen, tropfbarflüssig (Schweiß) u. dunstförmig (Hautdunst). Letztere ist ununterbrochen vorhanden u. ist jedenfalls wichtiger u. umfangreicher als der Schweiß, wird vorzugsweise von den Gefäßen der H. oberflächlich abgeschieden u. besteht aus Wasser mit Beimengung gasförmiger u. flüchtiger Stoffe nebst eigenthümlichen Riechstoffen. Der Schweiß (s.d.) ist dagegen das Product der Schweißdrüsen. Noch dient die Haut als Aufsaugungsorgan, jedoch ist diese Hautfunction eine untergeordnete, indem die hornige u. eingefettete Oberhaut den flüssigen u. luftförmigen Stoffen den Eingang sehr erschwert. Die H. bietet auch in Krankheitszuständen Erkenntnißzeichen für dieselben dar. Im gefunden u. kräftigen Leben hat die H. eine gewisse Spannung; durch das in ihr aufgenommene u. unter ihr liegende Fett wird bewirkt, daß alle Glieder ihre zu wohlgefälliger Darstellung erforderliche Rundung erhalten. Eine schlaffe, welke H. zeigt Abmagerung an u. ist deshalb ein Begleiter des höheren Alters, wodurch bes. auch die Hautrunzeln sich bilden. Übermäßige Ausdehnung der H. deutet auf krankhafte Stoffe hin, die in dem Zellgewebe sich anhäufen (vgl. Wassersucht u. Windsucht, auch Zellgewebeverhärtung), od. zeigt auch einen entzündlichen Zustand der tieferen Theile an. Eine trockene H. deutet auf Störung der Ausdünstung, wogegen eine mäßig feuchte H. Bedingung u. Anzeige von Gesundheit ist (vgl. Schweiß). Nach den Temperaturveränderungen des Körpers ist die H. auch bald warm, bald kalt. Die Hautröthe od. Hautblässe steht theils mit vorübergehenden Lebenszuständen, Gemüthsaffecten etc. in Verbindung. Manche Thiere werfen übrigens jährlich ein- od. mehrmal ihre H. ab, nachdem sich darunter schon eine andere gebildet hat, man sagt dann, sie häuten sich od. befinden sich in der Häutung; 2) (Tunica membrana), überhaupt ein in dem thierischen Körper in Flächenform sich ausbreitendes Organ von weicher Consistenz, zur Bildung einzelner Theile (wie die Harnblasenhäute u.a.), zum Überzug (wie die Gehirnhäute), zur Scheidung von Theilen (wie das Zwerchfell). Nach den Geweben, woraus sie bestehen, unterscheidet man Muskel-, Flechsen-, Schleimhäute u.a.; 3) Pflanzen-H., s.u. Integumenta; 4) der feste Überzug, welcher sich auf verdampfenden Flüssigkeiten bildet u. auf der Oberfläche schwimmt; so das Salzhäutchen beim Abdampfen von Salzlösungen, das Milchhäutchen auf der gekochten Milch; 4) H. des Schiffes, die äußere Bekleidung des Schiffes mit, auf die Inhölzer genagelten eichenen Planken (Hautplanken), die unten, so weit das Schiff im Wasser liegt, mit schwächeren Tannen- od. Kieferbretern (der Spikerhaut), unter der sich noch ungeleimtes graues Packpapier u. Kuhhaare befinden, überzogen wird; anstatt der Spikerhaut bedient man sich in neuerer Zeit einer Belegung von dünner Kupferplatte, um die inneren Hautplanken gegen die Fäulniß u. gegen die Angriffe des Bohrwurms zu schützen. Statt des Papieres wendet man in der neuesten Zeit mit großem Vortheil Filz an. Die Nägel zur Befestigung dieses Überzuges: Hautspiker.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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