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Anzeige, 1) (Rechtsw.), die entweder schriftlich od. mündlich an die Criminalbehörde gegebene Nachricht, daß man von einem Vergehen od. Verbrechen Kunde erlangt habe, nebst Mittheilung der darüber in Erfahrung gebrachten näheren Umstände. Die A. bildet die gewöhnlichste Veranlassung zur Einleitung des Strafprocesses. Sie zerfällt je nach den Personen, von denen sie ausgeht, in öffentliche u. Privat-A., u. man versteht unter öffentlicher A. diejenigen, welche von öffentlichen Beamten, in deren Beruf es liegt, Verbrechen aufzuspüren u. zur Kenntniß der Behörden zu bringen (Gendarmen, Polizeidienern, Steueraufsehern etc.), ausgeht. Wird mit der A. zugleich von der dieselbe bewirkenden Person ein eigener Antrag auf Untersuchung u. Bestrafung des angezeigten Verbrechens verbunden, so wird die A. zur Denunciation. Das Verfahren auf die A. ist verschieden, je nachdem das Strafverfahren nach dem Anklage- od. dem Inquisitions-Princip geordnet ist. Im letzteren Falle hat der Untersuchungsrichter den Grund der Anklage sowohl in rechtlicher Hinsicht, ob nämlich die angezeigten Thatsachen das Vorhandensein eines Verbrechens wahrscheinlich machen; als in factischer Hinsicht, ob zu erwarten steht, daß dieselben auch durch genügende Beweismittel zur Evidenz gebracht werden können, genau zu prüfen u. erst, nachdem dies bejaht werden konnte, zur Einleitung förmlicher Untersuchung zu schreiten. Nöthigenfalls ist hierbei zuvörderst der Anzeigende selbst zu näheren Erläuterungen aufzufordern od. auf anderem Wege der Grund der A. zu erproben. Anonyme A-en sind stets mit Vorsicht zu behandeln. Wird die. A. als unbegründet befunden, so wird sie entweder ganz unbeachtet gelassen, od. es erfolgt die förmliche Abweisung derselben durch Decret, was indessen nur bei förmlichen Denunciationen zu geschehen[587] pflegt. Im Anklageverfahren hat zunächst der Staatsanwalt die Prüfung der A. vorzunehmen. Sein Urtheil, bei wichtigeren Fällen nach Correspondenz mit dem Oberstaatsanwalt od. dem vorgesetzten Ministerium, entscheidet darüber, ob die A. sich dazu eignet, eine förmliche Voruntersuchung darauf einzuleiten u. eine Anklage zu erheben. Bei minder wichtigen Vergehen, wie z.B. Waldfreveln, Felddiebstählen u. bei Polizeivergehen, wird der A. der verpflichteten Polizeidiener, Forstbeamten, Feldhüter etc. particularrechtlich oft eine solche Bedeutung beigelegt, daß der Abkürzung halber darauf sofort eine Art Mandatsverfahren eintritt, indem angenommen wird, daß durch die A. bereits genügende Bescheinigung für die Schuld des Denunciaten vorliege. Der Denunciat wird daher sofort verurtheilt, ihm aber freigelassen, binnen einer gesetzten Frist seine etwaige Vertheidigung vorzubringen. Macht der Denunciat davon Gebrauch, so wird dann in gewöhnlichem Wege weiter verhandelt. Läßt derselbe die Frist ungenützt vorbeigehen, so bleibt es bei der Verurtheilung, u. die ausgesprochene Strafe wird nunmehr vollzogen; 2) (Annonce, Ankündigung), Bekanntmachung irgend einer Art, in öffentlichen Blättern, in so fern sie nicht auf die Politik u. das höhere Staatswesen Bezug hat. Die A-n sind: öffentliche A-n, meist von niederen Verwaltungs-, Gerichts- u. Polizei-Behörden, sie enthalten Steckbriefe, Vorladungen u. dergl.; od. Privat-A-n von zu verkaufenden u. zu vermiethenden Gegenständen, Gesuche von Stellen od. Capitalien, dergl. von gefundenen od. verlorenen Sachen; Familien-A-n, so von Geburten, Verlobungen, Heirathen u. Todesfällen; Kaufmännische, wodurch der Kaufmann dem Publicum sein Etablissement, irgend eine Veränderung in demselben, den Empfang von Waaren u. was er sonst zur allgemeinen Kenntniß bringen will, anzeigt etc.; 3) A-n in der Police, die Mittheilungen, welche der Versicherte bei Schließung des Vertrags mit dem Assecuradeur, diesem zu machen verpflichtet ist u. die sich auf die ihm bekannten Umstände beziehen, welche nach vernünftigem Ermessen auf die Schätzung der Gefahr u. somit auf den Entschluß des Versicherers, die Assecuranz zu übernehmen, Einfluß haben. Die Unterlassung einer solchen A. macht entweder die Assecuranz ungültig, wobei jedoch dem Assecuradeur der Anspruch auf die Prämie bleibt; od. sie führt für den Versicherten gewisse Nachtheile herbei, gewöhnlich einen geringeren Grad der Verantwortlichkeit des Versicherers; 4) (Bergb.), gute A. von Erzen, Hoffnung zu guter Ausbeute; 5) (Indicatio, Med.), der aus dem Gesammtzustande einer Krankheit, mit Rücksicht auf die gegenwärtigen Zufälle, ihre Ursachen u. ihren wahrscheinlichen Ausgang entnommene Bestimmungsgrund zur Anwendung eines Heil- od. sonstigen Verfahrens. Die bestimmenden Krankheitsmomente werden anzeigende Momente (Indicantia). die als zweckmäßig od. nothwendig erachteten Mittel angezeigte Mittel (Indicata) genannt. Die A. bezieht sich aber entweder als therapeutische A. auf die wirkliche Heilung der Krankheit, od. als Lebens-A. mehr auf die Erhaltung des Lebens; als Causal-A. auf die Entfernung der Ursachen; als symptomatische A. vornämlich auf Beseitigung einzelner Zufälle, od. endlich als palliative A. mehr auf die Milderung der Krankheit. Ihr entgegengesetzt ist die Gegen-A. (Contraindicatio), der ausgemittelte Kör perzustand, welcher überwiegende Gründe darbietet, etwas zur Heilung der Krankheit nicht vorzunehmen, was ohnedies angemessen (angezeigt) schien. Sonst kamen bei der A. die anzeigenden Tage (Dies indicantes, D. contemplabiles) in Betracht, Tage, an denen man aus dem Zustande einer hitzigen Krankheit bisweilen vermuthen zu können glaubte, ob an den kritischen Tagen eine Krise eintreten werde. Es galten dafür die zwischen je 7 Tagen mitten inne liegenden, der 4., 11., 17., 24. Noch früher suchte man die A. in den Gestirnen.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.