- Hirse
Hirse, 1) (Panicum), aus Indien stammende Getreideart mit schilfartigem, 2 bis 3 Fuß hohem Stängel, ausgebreiteter Rispe, kleinen runden, weißen, gelben, auch grauen, mit dünner Schale umgebenen Samen. Man unterscheidet zwei Hauptarten: Weiße Rispen- od. Quasthirse (P. miliaceum) u. Gelbe Kolbenhirse (P. italicum); von beiden Sorten gibt es wieder Spielarten, die bald mehr, bald weniger constant sind u. sich durch Größe, Farbe u. Reifezeit der Körner unterscheiden; z.B. Goldhirse, sehr ertragreich u. von vorzüglicher Qualität; Große gelbe H., 3 Fuß hoch, mit 4 Zoll langen, kurz gegrannten Ähren von schmutziggelblichem Ansehen, Samen[411] klein u. gelblich; Kleine graue H., gegen 3 Fuß hoch, mit 3 Zoll langen, kurz gegrannten Ähren u. kleinen gelblichgrauen Samen; Violette H., 3–31/2 Fuß hoch, mit 3 Zoll langen, kurz gegrannten Ähren von dunkelbräunlichem Ansehen, Samen klein, bräunlich od. gelblich. Die Rispenhirse liefert einen besonderen Körner- u. Strohertrag, bedarf nur kurze Zeit zu ihrer Ausbildung, gedeiht noch in kälteren Gegenden, erfordert aber viel Handarbeit; die Kolbenhirse dagegen verlangt ein wärmeres Klima, liefert größere Körner u. ein besseres Futterstroh, doch sind die Körner weniger gut. Die H. verlangt einen sehr fetten, trockenen, tiefen, warmen u. lockeren Boden u. gedeiht am besten nach Klee u. Hackfrüchten; der Boden muß frisch gedüngt werden, am besten, zur Vermeidung der Verunkrautung, mit Compost, Pferdemist od. Düngesalz. Die Saat darf nicht zu frühzeitig (Ende April) geschehen, die der Kolbenhirse früher als der Rispenhirse; der Samen wird entweder flach eingeeggt u. gewalzt, od. gedrillt. Wenn die H. im Aufgehen begriffen ist, ist ihr das Überstreuen mit Erde, später das Aufeggen, Jäten u. Behacken mit der Handhacke sehr nützlich; Reihensaat wird mit dem Behack- od. Behäufelhäckchen bearbeitet. Im Juli blüht die H. u. im August beginnt ihre Reise; da diese allmälig erfolgt, so schneidet man die H. (meist mit der Sichel), wenn nur die obersten Körner reif sind, u. läßt die übrigen in der Scheuer reisen. Die H. wird durch Pferde od. Ochsen ausgetreten od. gedroschen. Da die Hirsekörner mit einer spröden Schale umgeben sind, die abgesondert werden muß, ehe man sie zu Speisen verbrauchen kann, so stampft od. knaut man sie in Hirsemühlen (Hirsestampfen) Stampfmühlen, die bei gewöhnlichen Mahlmühlen mit angebracht sind; sie unterscheiden sich von den Ölmühlen dadurch, daß in jedes Loch des Grubenstockes nur eine Stampfe fällt. Man hat zu gleichem Behuf auch Handhirsemühlen, wo die Stampfen einem Hammer gleichen, der sich um einen eisernen Bolzen dreht u. am hinteren Ende des Stieles mit dem Fuße getreten wird. Die beim Stampfen entstandene Kleie wird mit dem Hirsesiebe, einem Drahtsiebe, abgesondert. 12 Scheffel unenthülste H. geben 8 Scheffel enthülste. Die H. gehört unter die kräftigen Nahrungsmittel, erfordert aber ein gutes Verdauungsvermögen. Für Landleute ist Hirsebrei (Hirsemuß) mit Milch eine sehr beliebte Kost; auch dient sie vorzüglich zum Auffüttern jungen Federviehes, der Abgang vom Mehl aber überhaupt als Viehfutter, auch das Stroh, als Häcksel geschnitten, zum Brühfütter für Rindvieh. Außer als Körnerfrucht dient die H. als eine vorzügliche Grünfutterpflanze, die sehr milchvermehrend wirkt. Als Surrogat desselben empfahl man in neuester Zeit Setaria alternifolia u. S. perspicua, sie liefern vielen u. großen Samen; ferner Spartina cynosuroides, treibt sehr lange Blätter u. 6 bis 8 samenreiche Halme aus einer Pflanze; 2) die Pflanzengattung Panicum; 3) Indianischer od. Mohrhirse, Sorghum vulgare; 4) Perlhirse, Coix lacryma; 5) Samen- od. Vogelhirse, Lithospermum officinale; 6) (Waldhirse, Hirsegras), Milium offusum.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.