Ignatĭus

Ignatĭus

Ignatĭus (Ignaz), 1) St. I. von Antiochien einer der Apostolischen Väter der Christlichen Kirche, führte auch den Beinamen Theophorus od. Deïser (d.i. der Gott im Herzen Tragende), geb. zu Nora in Kappadocien od. Nura in Sardinien Er verkehrte mit den Aposteln u. wurde 69 nach Chr. zum Bischof von Antiochien geweiht. Als Trajan 107 n. Chr. nach Antiochien kam u. hier die Verfolgung der Christen anordnete, befahl er, daß I. nach Rom gebracht werde, um dort im Circus wilden Thieren vorgeworfen zu werden. Freunde sammelten die Überreste seines Körpers u. brachten sie nach Antiochien zurück. Sein Tag ist in der Griechischen Kirche: der 20. December, in der Römischen: der 1. Februar. Daß I. Briefe an verschiedene christliche Gemeinden geschrieben hat, ist hinlänglich bezeugt; zur Zeit des Eusebius waren deren sieben in Umlauf; von ihm u. Origenes werden die an die Römer, an Polykarp u. an die Epheser namentlich erwähnt. Jedoch sind gegenwärtig 15 Briefe (12 griechische u. 3 nur lateinische) unter dem Namen des I. bekannt. Außer den drei erwähnten galten davon noch die an die Magnesier, Trallier, Philadelphier u. Smyrnäer für echt. Diese sieben echten Briefe sind in zwei verschiedenen Recensionen auf uns gekommen, einer kürzeren u. einer weitern; diesen Recensionen entsprechen zwei alte lateinische Übersetzungen, von denen die der kürzern nach ihrem Auffinder u. Herausgeber Uske benannt wird, die weitere aber die Vulgata bildet. Unecht sind die (griechischen) Briefe an die Maria Cassobolita, an die Tarser, Antiochier, an Heron, Diakon von Antiochien, u. an die Philipper. Die vier ersten dieser Briefe sind ebenfalls in doppelter lateinischer Übersetzung, der Vulgata u. der Usher'schen, der Philipperbrief jedoch nur in der Vulgata vorhanden. Zur Ignatianischen Literatur kommen nun noch zwei Briefe an den Apostel Johannes u. an die Beata Virgo, die nur lateinisch vorhanden sind u. nebst der Briefe der Beata Virgo an den I. zuerst (Paris 1495) gedruckt erschienen. Bald. darauf gab Faber Stapulensis die lateinische Übersetzung (Vulgata) von elf griechischen Briefen (mit Ausnahme des Briefs an die Maria) heraus (mit Dionys. Areopagita, Par. 1498). Nachdem letztere elf Briefe mehrmals (Ven. 1502, Par. 1515, Basel 1520, Strasb. 1527) gedruckt worden waren, fügte Champerius den Brief an die Maria u. die nur lateinisch vorhandenen drei Briefe hinzu u. gab somit eine vollständige Sammlung der Briefe des I. in lateinischer Form (Par. 1516), die im Laufe des 16. Jahrh. noch mehrfache Auflagen erhielt. Der griechische Text der 12 Briefe wurde zuerst von Pacäus (Dillingen 1557, Par. 1558) dann nach einer andern Handschrift von Gesner (Zürich 1559) herausgegeben; beide Ausgaben enthalten die weitere Recension des Textes. Schon im 16. Jahrh. begann der Streit[814] über die Echtheit der Ignatianischen Briefe; Vedel (Genf 1623) in seiner Ausgabe erklärte nur die sieben oben genannten für echt. Neuen Stoff für die Kritik brachten Usher in seiner Ausgabe der Briefe des Polykarp u. I. (Oxf. 1646; Appendix, Oxf. 1647), in der er die kürzere Recension in lateinischer Übersetzung mittheilte u. Vossius, der den griechischen Text der kürzern Recension für sechs Briefe aus einem Mediceischen Codex (Amst. 1646) herausgab, zu welchem noch Leclerc den Römerbrief (nach einem Codex Colbertinus) fügte. Die Controverse zwischen Daillié u. Pearson stellen vorläufig die Authenticität der oben erwähnten sieben Briefe in kürzerer Fassung fest. In ein neues Stadium trat die kritische Frage, als Cureton eine syrische Übersetzung von den drei Briefen des I. an Polykarp, die Epheser u. die Römer (Lond. 1845) veröffentlichte, welche bis ins 4. Jahrh. hinauf bezeugt ist u. von Cureton, der sich gegen die Angriffe Wordsworths in den Vindiciae Ignatianae (Lond. 1846) vertheidigen mußte, für den eigentlichen Kern der Ignatianischen Literatur erklärt wurde. Dieser Ansicht schloß sich Bunsen (Die drei echten u. vier unechten Briefe des I., Hamb. 1847; I. von Antiochien u. seine Zeit, ebd. 1845) an, dem aber Baur (Die Ignatianischen Briefe u. ihr neuester Kritiker, Tüb. 1848) u. Hilgenfeld (Die apostolischen Väter, Halle 1853) entgegen traten Sonst betheiligten sich noch Uhlhorn u. Denzinger (Über die Echtheit des bisherigen Textes der Ignatianischen Briefe, Würzb. 1849), sowie Hefele u. Jacobson. Vervollständigt wurde der Apparat zur kritischen Untersuchung durch Cureton, der im Corpus Ignatianum (Lond. 1849) u.a. viele neu aufgefundene Bruchstücke einer andern, 13 Briefe enthaltenden syrischen Übersetzung mittheilte, u. durch Petermann, welcher eine armenische Übersetzung von 13 Briefen (Lpz. 1849) bekannt machte, die selbst erst wieder aus einer syrischen Übertragung geflossen war. Seitdem haben sich namentlich Ritschl, Uhlhorn, Dressel, Volkmar u. namentlich Lipsius in Leipzig (Zeitschr. für historische Theologie, 1856, Heft 1; Über das Verhältniß des Textes der drei syrischen Briefe des I. zu den übrigen Recensionen der Ignatianischen Literatur, Lpz. 1859), mit der Streitfrage beschäftigt. Ausgaben des griechischen Textes enthalten u. A. noch die Sammlungen der Patres apostolici von Cotelier (Amst. 1724, 2 Bde.), Hefele (4. Aufl., Tüb. 1855), Jacobson (2. Aufl., Oxf. 1851, 2 Bde.) u. Dressel (Lpz. 1858). 2) I. Magister (I. Diakonus), lebte jm 9. Jahrh. in Constantinopel; er schrieb die Äsopischen Fabeln in Senarien um. Kleine Gedichte in der griechischen Anthologie. 3) St. I., Sohn des byzantinischen Kaisers Michael I., geb. 790 (796); wurde von Leo dem Armenier entmannt u. in ein Kloster gesperrt; er wählte hier den Mönchsstand u. wurde nach seiner Freilassung 846 Patriarch von Constantinopel, aber, weil er gegen die Sittenlosigkeit des Kaisers Michael III. u. gegen die Willkürherrschaft seines Oheims Vardas eiferte, 857 abgesetzt u. auf die Insel Terebinthus verbannt. Durch den Einspruch des Papstes Nicolaus I. deshalb wurde der erste Grund zur Trennung der Griechischen Kirche von der Römischen gelegt. Unter Kaiser Basilius wurde er 867 wieder eingesetzt u. st. 877; Tag der 23. October. Er schrieb Briefe u. die Lebensbeschreibung des St. Tarasius. 4) St. I. de Jesus, Carmeliter des 17. Jahrh., aus Italien; suchte bes. die Johannischristen bei Bassora zu bekehren u. schr.: Narratio originis rituum et errorum Christianorum St. Joannis, Rom 1652; Grammatica linguae pers., ebd. 1661, etc. 5) I. von Loyola, s. Loyola.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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