Luftpumpe

Luftpumpe

Luftpumpe (Antlica pneumatica, Aëroleptynterion), ein Apparat der Experimentalphysik, welcher dazu dient, die Luft in einem verschlossenen Raume so zu verdünnen, daß der Rückstand unerheblich ist u. man also einen (relativ) luftleeren Raum (Guerickesche Leere) erhält. Ihre Hauptbestandtheile bestehen in einem hohlen metallnen Cylinder (Stiefel), in welchem ein genau passender Kolben luftdicht auf u. nieder bewegt werden kann; einem Recipienten od. einem Hohlkörper, aus welchem die Luft möglichst entfernt werden soll; u. einem engen Verbindungsrohr (Communicationsröhre) zwischen Stiefel u. Recipient, in welchem entweder eine Hahn- od. Ventilvorrichtung angebracht ist, um die Communication zwischen Stiefel, Recipient u. der freien Atmosphäre nach Belieben zu reguliren. Wird nun, während der Recipient mit dem. Stiefel in Verbindung steht, der Ausweg zur äußeren Luft aber verschlossen ist, der Kolben so nach außen bewegt, daß dadurch im Stiefel ein leerer Raum entsteht, so geht die Luft aus dem Recipienten theilweise in den Stiefel über u. wird also in beiden Räumen bedeutend verdünnt. Wird der Weg zum Recipienten abgesperrt u. dafür der nach der Atmosphäre geöffnet, so strömt durch letzteren Luft in den Stiefel, die aber, wenn der Kolben wieder vorwärts gedrückt wird, auf demselben Wege wieder u. zugleich mit der zuvor aus dem Recipienten in den Stiefel übergetretenen herausgepreßt wird. Ist dies geschehen u. will man die Verdünnung weiter treiben, so öffnet man aufs Neue den Weg zum Recipienten, schließt den zur Atmosphäre u. zieht den Kolben wieder aus, u. die im Recipienten noch vorhandene Luft verliert dadurch wieder einen Theil ihrer Dichtigkeit. Man kann diese Verdünnung unter Beobachtung des angegebenen Verfahrens noch mehrere Male u. zwar so oft wiederholen, bis endlich, bei einem gewissen Grade der Verdünnung, die größere od. geringere Vollkommenheit der Maschine der weiteren Verdünnung Grenzen setzt. In dem kleinen Kanale vom Cylinder bis zum Hahne hat nach jedesmaligem Andrücken des Kolbens u. dem Schließen des Hahnes die abgeschlossene Luft die Dichte der äußeren, u. da sie beim Öffnen des Hahnes in den Recipienten tritt, so kann die Verdünnung nie eine gewisse Grenze überschreiten. Daher heißt dieser kleine Raum der Schädliche Raum. Bei guten L-n läßt sich die Verdünnung auf 1/200 treiben, ja bis auf 1/500, wenn die wässerigen Dünste im Recipienten durch Chlorkalium od. Schwefelsäure absorbirt werden. Mittelst derselben Maschine kann man auch die Luft im Recipienten verdichten, wenn man an den Hähnen gerade die umgekehrten Drehungen macht, als bei der Luftverdünnung. Der Erfinder der L. ist Otto von Guericke. Wesentliche Verbesserungen aber erhielt sie durch Robert Boyle, J. Ch. Sturm, D. Papin, W. Senguerd, Hauksbee, Leupold's Gravesande, Nollet, J. Saweton, Cuthberson u. A. Auch hat man nach Baader u. Hindenburg durch das Füllen großer Gefäße mit Quecksilber od. Wasser, welches durch verticale Röhren von gehöriger (s. Barometer 1) – 3) u. Luftdruck) Länge abfließen kann, luftleere Räume zu erzeugen gesucht. Hernach hat man Hahn-, Ventil-, Quecksilber-, Wasser-L-n; ferner einfache u. doppelte, mit Handhaben, Steigbügeln, Kurbeln, Kreuzwinden, Druckbalken etc. Nach Wilke läßt sich auch die plötzliche Abkühlung heißer Wasserdämpfe (Dampfluftpumpen), nach Ingenhouß die Eigenschaft glühender Kohlen, beim Ersticken ihr achtfaches Volumen einzusaugen, durch Wiederholung, ebenfalls benutzen, um eine (unvollkommene) Leere zu erhalten. Daß die Verdünnung nicht über alle Grenzen gebracht werden kann, hat bei den gewöhnlichen L-n namentlich seinen Grund in dem Schädlichen Raum. Das oben beschriebene Öffnen u. Schließen der Wege wird nämlich entweder durch Hähne, welche man mit der Hand dreht (Hahnluftpumpen) od. durch Ventile besorgt (Ventilluftpumpen), welche von selbst spielen. Bei der Hahnluftpumpe bedient man sich, um nicht zwei Hähne drehen zu müssen, eines sogen. Sengnerdschen Hahns (Wechselhahn, Vierweghahn); derselbe ist doppelt durchbohrt, einmal geradlinig wie ein gewöhnlicher Hahn, u. zweitens in einem knieförmigen Kanale, welcher auf der runden Seite des [598] Hahns fast bis zur Mitte eindringt u. dann rechtwinkelig nach dem oberen Ende des Hahnes hin ausweicht. So kann durch eine einfache Drehung um 90° bald a) der Stiefel mit dem Recipienten, bald b) der Stiefel mit der äußeren Luft u. durch eine andere Drehung auch der Recipient mit der Luft in Verbindung gesetzt werden. Nun dreht sich dieser Hahn in dem Messingstück, welches den engen Kanal zwischen Stiefel u. Recipienten enthält; seine Durchbohrungen bilden die Fortsetzung dieses Kanals. Der Theil nun dieses Kanals, welcher sich vom Stiefel bis zum Hahn erstreckt, heißt der Schädliche Raum, weil er sich nothwendiger Weise bei Stellung b) mit atmosphärischer Luft füllt, welche sich darauf bei Stellung a) in den Recipienten ergießt. Bei den Ventilluftpumpen ist ein Ventil im Kolben u. eines an der Grenze zwischen der Communicationsröhre u. dem Stiefel angebracht; beide öffnen sich vom Recipienten aus nach außen; zieht man den Kolben aus, so schließt sich das Kolbenventil in Folge des äußeren Luftdrucks, u. die Luft aus dem Recipienten strömt durch das andere Ventil in den entstehenden luftleeren Raum; schiebt man den Kolben zurück, so schließt sich zunächst dies letzte Ventil wegen des zunehmenden Luftdrucks im Stiefel, u. dann öffnet sich auch das Kolbenventil u. entläßt die Luft aus dem Stiefel in die Atmosphäre. Hierbei bildet der kleine Raum im Kolben bis zur Decke des Kolbenventils den Schädlichen Raum. Großmann u. Babinet haben sinnreiche Einrichtungen erfunden, um die Wirkung des Schädlichen Raums aufzuheben. Der Babinetsche Hahn ist an einer L. mit zwei Stiefeln (zweistiefelige L.) angebracht, d. h. an einer solchen, bei welcher mit dem Recipienten zwei Cylinder mit Kolben in Verbindung stehen, so daß, während der eine Kolben ausgezogen wird, durch dieselbe Hebelbewegung der andere zurückgetrieben wird, u. hier können nun, wenn die Verdünnung schon einen hohen Grad erreicht hat, beide Stiefel durch den Babinetschen Hahn so in Communication gesetzt werden, daß die Luft aus dem einen Stiefel beim Einschieben des Kolben in den anderen treten kann, anstatt in die Atmosphäre zu entweichen u. den Schädlichen Raum zu füllen. Zur Luftverdichtung bedient man sich der Compressionspumpen, welche ähnlich den L-n construirt sind u. nur die entgegengesetzte Bewegung der Ventile od. des Hahns erfordern. Die Verdünnung der Luft nimmt in einer L., bei wiederholtem Auspumpen, in geometrischem Verhältniß zu, so daß, wenn z.B. die Luft in dem Recipienten beim ersten Zuge um die Hälfte verdünnt ist, sie solches bei dem zweiten Zuge auf 1/4, beim dritten auf 1/8 u. so fort wird. Um den Grad der Verdünnung zu sehen, bediente mau sich früher einer birnförmigen gläsernen Röhre (Birnprobe), od. einfacher eines kurzen Barometers. In einer guten L. kann man den Quecksilberstand bis auf eine Linie, ja nach Einigen bis nur zu 1/3 Linie Spannung herabbringen. Little will sogar eine 26,000malige Verdünnung erlangt haben.

Die L. dient bes., um die Schwere, die Flüssigkeit u. die Elasticität der Luft auf eine evidente Art zu erweisen. In einem unter dem Recipienten angebrachten od. auch mit der Communicationsröhre in Verbindung stehenden Barometer sinkt das Quecksilber im Verhältniß der Verdünnung der Luft u. steigt sogleich wieder bei Zulassen äußerer Luft. Der Recipient wird durch die äußere Luft, bei Verdünnung der innern, fest an den Teller angedrückt u. hält bei Wölbung, also in Glockenform, diesen Druck aus; ist aber auf einem Cylinder oben eine Glasplatte gelegt, so wird diese, nach Wegnahme des größeren Theils der inneren Luft, von der äußeren Luft zerdrückt; ebenso wird eine darüber befestigte Blase zersprengt; Wasser wird durch eine solche Blase hindurchgetrieben. Metallne Halbkugeln, die genau auf einander passen, hängen, wenn die Luft aus ihnen größtentheils herausgepumpt ist, auf das Festeste zusammen, wie Guericke zuerst an zwei kupfernen, mit Handhaben versehenen Halbkugeln (Guerickische Halbkugeln), welche zum Auseinanderziehen oft eine Kraft von 16–24 Pferden erforderten, nachwies. Eine schlaff zugebundene u. in dem Recipienten aufgehängte Blase schwillt nach Verdünnung der umgebenden Luft beträchtlich auf, od. platzt wohl, fällt aber nach zugelassener Luft wieder zusammen. Ein leichter Körper, welcher in atmosphärischer Luft nur langsam zu Boden sinkt, wie z.B. eine Flaumfeder, fällt in sehr verdünnter Luft unter dem Recipienten eben so schnell, wie z.B. eine Bleikugel, zu Boden; Heber hören unter gleichen Verhältnissen auf zu laufen, Saugpumpen geben kein Wasser mehr. Wasser, u. noch mehr Alkohol, siedet auch schon bei sehr mäßigen Temperaturgraden, wenn man die Luft aus dem Recipienten größtentheils ausgepumpt hat, u. verwandelt sich in Dampf, welcher aber in hinzugelassener Luft sich sogleich niederschlägt. Brunnenwasser, noch mehr Bier, Milch, Seifenwasser, Sauerteig etc. entlassen in sehr verdünnter Luft eine Menge Luftblasen, eben so Holz, das dann, wenn es von Luft leer ist, im Wasser niedersinkt. Thiere, unter den Recipienten gebracht, schwellen unter der Luftverdünnung auf u. sterben, wenn die Luft zum Athmen ihnen Bedürfniß ist, wie bes. warmblütige, in sehr kurzer Zeit; eine brennende Kerze verlöscht unter gleichem Verhältnisse; Schießpulver läßt sich nicht entzünden u. ein Feuerzeug gibt keine Funken. Der Schall mindert sich in dem Verhältniß, als die Luft dünne wird, u. verliert sich endlich ganz. In technischer Hinsicht ward die Luft bes. zum vollständigen Austrocknen von Körpern gebraucht, welche keine Hitze vertragen. Andere Erscheinungen finden in der, mittelst einer L. (die dann auch Compressionsluftpumpe heißt) verdichteten Luft statt. Eine Blase, welche stark aufgeblasen ist, wird in verdichteter Luft kleiner, eine seine Kugel von Glas zusammengedrückt; in einem heberförmigen Barometer, welches im verschlossenen Schenkel Luft enthält, während in beiden Schenkeln das Quecksilber gleich hoch steht, wird durch verdichtete Luft die Luft im Schenkel zusammengepreßt, u. zwar so, daß sich daraus der äußere Druck berechnen läßt. Das Instrument heißt dann Manometer (Dasymeter). Ein Heronsball springt, wenn er aus verdichteter Luftschnell in dünnere kommt. Der Unterschied in der Fallzeitleichter u. schwerer Körper ist in comprimirter Luft noch größer, als in gewöhnlicher. Eine Kautschukflasche läßt sich durch verdichtete Luft zu einem sehr großen Volumen aufblasen. Die Wirkung der Windbüchse beruht lediglich auf Compression der Luft.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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