- Lysĭas
Lysĭas, 1) Sohn des Syrakusaners Kephalos, geb. 459 in Athen, zog 444 mit einer athenischen Colonie nach Thurii, wo er wegen seines Reichthums in großem Ansehen stand, mehre Ämter bekleidete u. sich unter Tisias zum Gelehrten u. Redner bildete. Nach mehr als dreißigjährigem Aufenthalte in Thurii verließ er 411, in Folge eines Aufstandes, diese Stadt u. kehrte nach Athen zurück, wo er mit seinem Bruder Polemarchos eine große Schildfabrik etablirte. Unter der Herrschaft der Dreißig Tyrannen wurde L. als Demokrat angefeindet, verlor sein ganzes Vermögen, u. während sein Bruder den Giftbecher trinken mußte, entkam er mit Mühe nach Megara. Her wirkte er nach Kräften mit zum Sturz der Tyrannen in Athen, u. dahin zurückgekehrt klagte er den Eratosthenes als den Urheber der Hinrichtung seines Bruders an (die erste seiner erhaltenen u. die einzige von ihm gehaltene Rede). Nun schrieb er viele, meist gerichtliche Reden für Andere u. in diesem Zweige der Beredtsamkeit galt er den Alten wegen seines gewählten Ausdrucks als Muster des attischen Styls. Er st. 378 in Athen. Übrig sind 34 Reden, herausgegeben in den Sammlungen von Reiske u. Becker, zuerst bei Aldus, Ven.1513, Fol.; von Taylor, Lond. 1739; von Auger, Par. 1783, 2 Bde.; von Alter, Wien 1785; Auserlesene Reden von Bremi, Gotha 1826, von Förtsch, Lpz. 1829; Baiter u. Sauppe, Zür. 1843; Müller, Par. 1847; Rauchenstein, Lpz. 1848, 2. Aufl. 1854; Scheibe, Lpz. 1852; deutsch von Falk, Bresl. 1843; der Epitaphios (Rede zu Ehren der im Korinthischen Kriege Gefallenen, 393 v. Chr. gehalten) u. einige andere Reden in Wielands Attischem Museum u. Neuem attischen Museum; vgl. De vita et scriptiss Lysiae, Berl. 1837. 2) Feldherr des Königs Antiochos Epiphanes von Syrien u. Reichsverweser während dessen Feldzug in den östlichen Provinzen, 165 v. Chr. Nach einem unglücklichen Kampfe gegen die Juden kehrte er nach Syrien zurück; 163 machte er sich zum Vormund des unmündigen Antiochos Eupator, wurde aber 161 hingerichtet. 3) Claudius L., um 54 n. Chr. römischer Chiliarch auf der Burg Antonia in Jerusalem, welcher den Apostel Paulus verhaften u. zum Proconsul Felir nach Cäsarea führen ließ, um ihn der Rache der Juden zu entziehen.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.