Löwe [1]

Löwe [1]

Löwe (Felis leo L.), 1) Art aus der Gattung Katze, einfarbig, rothfalb, mehr od. weniger mit schwarzer Mischung, hat am Schwanzende einen Haarbüschel u. in diesem einen Stachel, das Männchen vom vierten Jahre an eine lange Mähne über Hals u. Schulter; er wird bis 9 Fuß lang, 41/2(Fuß hoch, findet sich in Afrika u. Asien bes. sonst in Persien u. Indien), fand sich sonst auch in Griechenland; wird zahm, folgt dem Herrn, wie ein Hund, ist in der Wildniß nebst dem Tiger das stärkste Raubthier, doch weniger blutdürstig, als der Tiger, u. würgt nur aus Hunger so viel, als ihm nöthig ist, verachtet es, kleine Thiere zu tödten, daher man ihm Großmuth zuschreibt, ist aber auch feig, fällt nur im Hunger od. gereizt u. selten anders als zur Nachtzeit Menschen an, brüllt fürchterlich (dem entfernten Donner ähnlich), um Thiere aus den Lagern aufzuwecken, ergreift die Beute mit einem Sprunge, höchstens mit zwei, verfolgt dann nicht weiter, schleppt Ochsen fort, springt mit einem geraubten Schafe im Rachen über Zäune etc. Sein Lager ist unter Bäumen, im Gebüsch u. an ähnlichen Orten. In Afrika jagt man ihn mit Hunden, deren oft mehre von ihm durch Krallenschläge getödtet werden, od. schießt ihn, fängt ihn in Fallgruben etc. In Afrika benutzt man sein nicht ganz angenehm schmeckendes Fleisch; das Fell wird zu Decken, sonst mehr als jetzt, gebraucht. Die Löwin bringt (auch, wiewohl selten, in der Gefangenschaft) 4–5 Junge, welche sie mit Wuth vertheidigt. Der L. unterliegt dem Tiger selten, öfter dem Elephanten u. dem Nashorn. Man unterscheidet folgende Racen: a) L. der Barbarei, die stärkste Race, schwarzgelb, da die gelbbraunen Haare unten schwarz, auch mit schwarzen Haaren untermischt sind, Mähne stark, sich auch am Bauche hinziehend; b) L. vom Senegal, kleiner, lebhaft röthlichgelb, die weniger reiche Mähne mit wenigen schwarzen Haaren untermischt u. sich nicht über Brust u. Bauch hinziehend; c) Persischer L., noch kleiner, Kopf verhältnißmäßig weniger groß, der ganze Körper fahlgelb, die mäßig starke Mähne ist oft sehr schwarz; d) L. von Guzurat, mit sehr kurzer Mähne. Der Schwarze L. am Cap ist wahrscheinlich eine sehr schwarze Varietät des L-n der Barbarei od. vom Senegal. Amerikanischer L. heißt fälschlich der Kuguar (F. concolor). Versteinerungen von L-n u. löwenartigen Thieren finden sich in Ungarn, bei Scharzfeld am Harz u.a. O., vgl. Höhlenlöwe. In Ägypten, wo der L. in Leontopolis verehrt wurde, galt er als Symbol der Nilfluth, als Zeichen des Thierkreises u. (in den späteren Mythen vom Harpokraes) als das der Sonne im Zenith u. des Feuers; halb war er der Sonne, auch dem Horus heilig. In dem persischen Mithriaka (s. Mithras), wo der zweite Grad Leontika hieß, vertrat er die Idee der Reinigung u. wurde so wohl auch in den griechischen Mysterien genommen. In der griechischen Mythologie war der L. der Kybele geheiligt u. ist der Nemeische L., welchen Hercules (s.d.).erlegte, berühmt. In Indien sollten die L-n, jung gefangen, sich zur Jagd auf das Wildpret abrichten lassen. Die Alten wußten schon, daß der L. vor Feuer, Hafen u. Elephanten flieht, u. als ein Zeugniß seiner Dankbarkeit gegen Wohlthäter wurde die Anekdote von Androklos (s.d.) erzählt. Übrigens ist der L. Symbol der Stärke, Tapferkeit, Furchtbarkeit u. Großmuth, u. in der Thierfabel als Nobel der König der Thiere. Auch kommt der L. auf Münzen von Akanthos, Knidos, Kyzikos, Leontia, Massilia, Messina, Miletos, Panormos, Rhegium, Salamis, Velia u. als Schildbild vieler griechischen, indischen u. germanischen Fürsten u. Häuptlinge vor. In der Architektur der Griechen u. Römer wurde er zum Quellwächter (Krenophylax), u. aus Löwenrachen floß das Wasser der Brunnen; Löwenköpfe waren in der dorischen Bauart gewöhnlich Verzierung auf dem Carnieße der Gebäude, um die Löcher zu verbergen, welche zum Ablauf des Regenwassers von dem Dache diemen. 2) (Her.), im Wappen zeigt sich der L. nur von der einen Gesichtsseite, steht auf den Hintersüßen mit vorgeworfenen Pranken (Vorderfüßen), oft auch beklauet, d. h. mit Klauen von bestimmter Farbe, ausgeschlagener (ausgestreckter, gewöhnlich anders gefärbter) Zunge (bezunget) u. aufgerichtetem Schwanze. Geschickt zum Grimmen, wenn er den linken Fuß nieder- u. den rechten ausgeschlagen hält, den Kopf. zurückwirft, geschickt mit offenem Rachen zum Raube ist er, wenn er beide Pranken aufhebt u. den Kopf nicht zurückwirft. Er ist unter allen Thieren die gewöhnlichste Wappenfigur u. erscheint zurücksehend, od. sich schmiegend (sitzend). Der Schwanz ist oft doppelt (zwiegeschwänzt), bisweilen auch in einen Salomonsknoten geschlungen (gewunden, geschränkt, geknotet), bisweilen ist der. L. stumpfschwänzig (ungeschwänzt), od. mit einem Drachenschwanz versehen; od. zodelknöpsig (fleckig), d. h. an der Spitze mit einem Haarbüschel; geziert heißt er, wenn man sein Geschlecht bemerkt, ungeziert das Gegentheil. Er ist oft gekrönt, beladen, belegt. Ein L. mit kurzem Schwanz u. ohne Mähne heißt eine Löwin; sind mehr als drei L-n im Schilde, so sagt man junge L-n. Ein Fehler der Anordnung eines Wappens ist es, wenn die Felder eine solche Form erhalten, daß die L-n nur leopardirt (wenn er nur ein Auge zeigt u. die Stellung des Leoparden annimmt) darin erscheinen können. Der L. ist in den verschiedensten Farben eine der gewöhnlichen Wappenfiguren, indem sich die Tapferkeit des Mittelalters, bes. das königliche Thier, welches man in den Kreuzzügen kennen lernte, gern zum Sinnbild wählte, u. fast in allen fürstlichen Wappen kommt er ein- od. mehrmals vor. 3) (Astron.), Großer L., fünftes Zeichen des Thierkreises (Ω), zwischen dem Krebs u. der Jungfrau, als Sternbild aber von 13° Ω bis 22° mi der Länge in der Ekliptik sich erstreckend. Nach dem griechischen Mythus ist es der von Hercules getödtete Nemeische L., welchen Juno unter die Sterne versetzte, doch ist sein älterer (ägyptischer) Ursprung unverkennbar. Unter den 95 Sternen, welche Flamsteed in ihm[547] verzeichnet hat, zeichnet sich Regulus (Herz des L-n) als Stern erster Größe u. Denebola als zweiter (nach And. erster) Größe aus. Außerdem macht er sich noch durch einen Stern zweiter, nebst zweien dritter Größe am Hals bemerklich. Im Großen L. wurden die kleinen Planeten: Psyche, Themis, Lätitia, Daphne u. Europa entdeckt. K le iner L., nach Hevel Sternbild zwischen dem Großen L-n u. dem Großen Bären, bes. durch drei neben einander stehende Sterne dritter Größe angedeutet.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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