- Semitische Sprachen
Semitische Sprachen, seit Eichhorn die Benennung des von dem Indogermanischen verschiedenen, früher unter dem Namen der Orientalischen Sprachen (s.d.) inne begriffenen Sprachstammes in Südwestasien, sogenannt, weil die meisten Völker dieser Zunge als Nachkommen Sems (s.d.) erscheinen. Der Hauptsitz der S-n S. war Arabien u. Vorderasien, vom Tigris bis zum Mittelmeere, von wo dieselben im Alterthum durch die Phöniker, im Mittelalter durch die Araber weithin nach Westen, bes. in Afrika, verbreitet wurden. Den Sprachen dieses Stammes ist eigenthümlich in lautlicher Hinsicht das Vorherrschen rauher Kehllaute, in lexicaler das Bestehen der Wörter aus Wurzeln von drei Buchstaben, in der Wortbildung das Hervortreten der Starrheit des consonantischen u. der Flüssigkeit des vocalischen Elementes, in graphischer Beziehung die Schreibung nur der Consonanten, dagegen die bloße Andeutung od. die gänzliche Hinweglassung der Vocale. Der Semitische Sprachstamm zerfällt in drei Hauptzweige: A) die Aramäischen Sprachen, welche durch die Einbrüche anderer Stämme mit deren Elementen gemischt u. veredelt wurden; dazu gehörten im Westen die Syrische (Westaramäische) Sprache in Syrien u. im Osten die Chaldäische (Ostaramäische) Sprache in Babylon u. Mesopotamien; auch die Sprachen der Samaritaner, Sabier u. Palmyrener (s.d.a.) gehörten zu diesem Zweige; B) die Kanaanitischen Sprachen, dazu die Phönikische Sprachein Phönicien u. die Hebräische Sprache mit der Neuhebräischen od. sogenannten Rabbinischen Sprache; C) die Arabischen Sprachen, dazu die eigentliche Arabische Sprache, welche mit dem Islam nach allen Ländern kam, wo derselbe herrschende Religion ist; u. die Himjarische Sprache mit der Äthiopischen u. Amharischen Sprache. Viele neuere Gelehrte rechnen jetzt auch die Altägyptische od. Koptische Sprache zu den S-n S. Vgl. Renan, Histoire gén. et système comparé des langues semitiques, Paris 1855; Benfey, Über das Verhältniß der Ägyptischen Sprache zum Semitischen Stamm, 1844.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.