- Koptische Sprache
Koptische Sprache. Die K. S. ist die jüngste Gestalt der Sprache der alten Ägyptier, welche bis zur arabischen Eroberung Ägyptens neben der Griechischen allgemein im Lande gesprochen wurde, wogegen seitdem das Arabische immer mehr in den Hintergrund trat u. außer Gebrauch kam. Seit dem 10. Jahrh. wurde die K. S. in Unterägypten nicht mehr gesprochen, während es sich in Oberägypten einige Jahrhunderte langer erhielt, bis sie auch hier, wie im ganzen Lande, durch das Arabische verdrängt wurde. Gegenwärtig wird das Koptische weder grammatisch erlernt, noch irgendwo gesprochen. Doch beten noch alle koptischen Christen, welche in der Schule unterrichtet worden sind, sowohl in der Kirche wie im Hause in K-r S.; in den Schulen werden die Psalmen, die Evangelien u. Apostolischen Briefe arabisch, die Evangelien u. die Briefe auch koptisch gelernt; die Heilige Schrift wird in den Kirchen noch jetzt koptisch gelesen, aber arabisch erklärt. Man unterscheidet in der K-n S. zwei Dialekte, den oberägyptischen (Thebanischen od. Sahidischen) u. den unterägyptischen (Ermesitischen); der letztere wird auch vorzugsweise koptisch genannt. Von einem dritten Dialekte, dem Vaschmurischen, welcher in einer Gegend des Delta gesprochen wurde, sind nur noch wenige Reste erhalten. Derselbe ist jedoch von besonderem Interesse, da er in manchen Einzelheiten der alten ägyptischen Sprache den hieroglyphischen Inschriften näher steht, als der thebanische u. der ermesitische, von denen wiederum der erstere alterthümlicher erscheint, als der letztere. Die Koptische Schrift wurde mit der Einführung des Christenthums von den Griechen entlehnt; doch wurden sechs Buchstaben, deren Laute der Griechischen Sprache fremd waren, aus der einheimischen hieratischen Schrift hinzugefügt. Das Koptische Alphabet hat daher folgende 31 Buchstaben:
Das Genus der Substantive wird im Singular durch den Artikel pi, p, f für das Masculinum, t, th, ti für das Femininum unterschieden; im Plural haben beide Geschlechter ni, nen. Der unbestimmte Artikel ist Singular u, Plural han. Der Pluralis der Substantive wird theils durch Endungen, wie i u, y etc. theils durch Veränderung der Wurzel, z.B. abot Monat, Plur. abēt, theils durch beides, z.B. iōt Vater, Plur. ioti, theils gar nicht bezeichnet. Eigentliche Casus existiren nicht, doch werden gewisse Proklitica an deren Statt gebraucht, endshe (für Nominativ), ente (für Genitiv), e (für Dativ u. Accusativ), en, em (für Genitiv, Dativ u. Accusativ). Die Adjectiva sind unveränderlich. Die Steigerung wird nur durch Partikeln, wie huo mehr, emascho sehr, ausgedrückt. Die Zahlen sind 1 uai, 2 snau, 3 schomt, 4 ftōu, 5 tiu, 6 sou, 7 schaschf, 8 schmēn, 9 psit, 10 met etc. Ordinalia werden daraus durch das Präfix mah gebildet. Die persönlichen Fürwörter sind anok ich, enthok (masc.) u. entho (fem.) du, enthof er, enthos sie, anon wir, enthōten ihr, enthōu sie. Verkürzte Formen davon werden theils als Präfixe, theils als Suffixe am Nomen, Verbum u. Partikeln gebraucht, z.B. me lieben, Liebe, fme er liebt, pefme seine Liebe, hōf er auch (von hō auch) etc. Statt der einfachen persönlichen Fürwörter gebraucht man häufig die Wörter ro Mund, tot Hand u.a. mit diesen Suffixen, z.B. eroi mir (eigentlich meinem Munde), erok dir, erof ihm, eros ihr, etoten uns etc. Dieselben Prä- u. Suffixe dienen auch bei der Conjugation der Verba, deren Stamm selbst ganz unveränderlich ist. Die Tempora werden gleichfalls durch Präfixe od. Hülfsverba gebildet, z.B. Präsens titako ich zerstöre, ktako (masc.) u. tetako (fem.) du zerstörst, ftako er zerstört, stako sie zerstört, Praes. indefinitum schaitako ich zerstöre, Imperfectum naitako, Perfectum aitako, Plusquamperfectum ne aitako pe, Futurum eietako etc. Für die Wortbildung gibt es verschiedene Präfixe, z.B. er bildet Verba, met abstracte Substantive, ref Nomina actoris, dschin Nomina actionis u.a. Der Anfang des Vater Unsers lautet:
lies: peniōtetchen nipheui mareftubo endsche pekran, d.h. der-unser-Vater, welcher-in den-Himmeln, daß-werde-heilig (endsche ist das Zeichen des Nominativ) der-dein-Name. Grammatiker von Kircher, Rom 1636; Blumberg, Lpz. 1716; Tuki, Rom 1778; Scholtz, Oxford 1778; Valperga (Didymus Taurinensis), Parma 1783; Tattam, Lond. 1830; Rosellini, Rom 1837; Peyron, Turin 1841; Schwartze (herausgeg. von Steinthal), Berl. 1850; Uhlemann, Lpz. 1853. Wörterbücher von la Croze, Oxford 1775; Tattam, ebd. 1835; Peyron, Turin 1835; u. Parthey, Berl. 1849. Vgl. Nève, Des travaux de l'erudition chrétienne sur les monuments de la langue Copte (in der Revue catholique), Löwen 1853. Die Koptische Literatur hat zwar eine ziemliche Anzahl von Schriftwerken aufzuweisen, doch besteht dieselbe fast nur aus Abschriften der Bibel Alten u. Neuen Testaments in K-r S., aus Heiligengeschichten, Homilien, Liturgischen Büchern u. einigen gnostischen Werken. Doch ist außer Theilen der Bibelübersetzung bis jetzt nur sehr wenig durch den Druck bekannt geworden, so Pistis Sophia, herausg. von Petermann, Berl. 1851 (latein von Schwartze, 1853). Beachtenswerth[713] sind die koptisch-arabischen Glossare. Zahlreiche koptische Handschriften finden sich auf dem Britischen Museum, der Bodlejanischen Bibliothek zu Oxford, zu Turin, Rom, Berlin, Einiges auch zu Leipzig.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.