Milz [1]

Milz [1]

Milz (Splen, Lien), eins der Organe der Bauchhöhle, liegt innerhalb des Bauchfells, hinter den kurzen Rippen der linken Seite; grenzt mit dem obern Ende an das Zwerchfell, mit ihrem untern an die linke Krümmung des queren Grimmdarms u. die linke Nebenniere, od. auch wohl die linke Niere selbst, schlägt sich mit einer innern, etwas concaven Fläche um den Magengrund herum, ist aber mit einer äußern convexen Fläche dem Lendentheil des Zwerchfells u. den vier letzten falschen Rippen zugewendet. In dieser Lage wird sie durch eigene Verlängerungen des Bauchfells, oberwärts durch das Zwerchsellmilzband, festgehalten, seitwärts durch das Magenmilzband mit dem Magen, zugleich aber auch mit dem Grimmdarm verbunden, daher sie auch dem Magen in den Veränderungen seiner Lage während seiner Anfüllung folgt. Ihrer elliptischen Form zu Folge bietet sie einen vordern u. einen hintern Rand dar, von denen jener schärfer, dieser stumpfer ist. Ihre Größe ist sehr verschieden, bei Erwachsenen 4–5 Zoll lang, 3–4 Zoll breit, 1 Zoll dick, 8–10 Unzen schwer. Sie ist meist weich, doch zuweilen auch der der Nieren- od. der Lebersubstanz gleich, erst dunkelroth, aber allmälig braunroth marmorirt, mit schwärzlichen Flecken untermischt. Die M. ist äußerlich von einer derben, festen, weißlichen, fibrösen, mit dem Bauchfellüberzüge versehenen Haut der Albuginea (Tunica fibrosa s. propria) begränzt, die außer Bindegewebsfasern auch noch gröbere u. feinere, netzförmig verflochtene, elastische Fasern enthält. Muskulöse Fasern kommen in dieser Hülle beim Menschen nicht vor, wohl aber beim Hunde, bei Katzen, Schweinen u. Schafen. Diese Albugiuca schickt zahlreiche Fortsätze als Gefäßscheiden u. Balken (Trabeculae) nach innen, von denen die ersteren die Blut- u. Lymphgefäße, sowie die Nerven einschließen, sich mit den Gefäßen in immer feinere Zweige spalten u. mit den Balken, dickeren od. dünneren Fäden, verbinden, so daß sie ein festes Gerüste (Stroma), das weiche Parenchym (Milzpulpa) durchziehen u. stützen. In den Räumen der netzartig sich verbreitenden Balken ist die weiche Pulpa der M. eingekettet u. in dieser liegen zerstreut umher die Milzbläschen (Milzkörperchen, Corpuscula Malpighii) u. außerdem noch Elementarkörperchen, Zellenkerne u. Zellen. An dem sogen. Ausschnitt der M. (Hilus) treten die Milzgefäße u. Milznervengeflechte u. Lymphgefäße mit der trichterförmig nach innen umgeschlagenen Albugiuca u. begleitet von ihr in die Substanz der M. ein. Bei Thieren tritt die M. zuerst bei solchen auf, in denen die Wirbelsäule sich entwickelt hat, also in den Fischen; sie liegt hier hinter dem Magen, von der verhältnißmäßig sehr großen Leber ganz bedeckt, ist von hellerer Farbe, als beim Menschen, übrigens der Lage, Größe u. Gestalt nach sehr verschieden. Dasselbe gilt auch von Amphibien; bei mehrern liegt sie im Gekröse. Bei Vögeln liegt sie unter dem linken Leberlappen, neben dem Vormagen, ist klein, verschieden gestaltet, doch meist länglich, oval od. herzförmig u. platt gedrückt. In den meisten Cetaceen ist sie im Verhältniß zu der Leber kleiner, als bei andern Säugethieren, ist in mehre Lappen getheilt, od. zerfällt auch in mehre Milze. Die meisten Säugethiere haben eine beträchtlich längere M., als der Mensch; sie umgibt den größten Theil des Bogens des Magens; ihr inneres Gewebe ist hier vorzüglich entwickelt u. zeichnet sich durch die gedachten weißen Körperchen aus, die hier nicht leicht fehlen. Beim menschlichen Embryo ist die M. schon im dritten Monat unterscheidbar; sie bleibt aber hier, wie auch bei Neugebornen, verhältnißmäßig zur Leber sehr an Größe zurück; doch sind die weißlichen Körper im frühen Kindesalter am deutlichsten. Über die Function der M. sind die verschiedensten Ansichten aufgestellt worden, am wahrscheinlichsten ist, daß dieses Organ bei der Umbildung u. Neubildung der Blutkörperchen dienstbar ist, u. daß in demselben die Stoffe der zerfallenen Blutkörperchen zur Benutzung derselben zu Galle vorbereitet werden, wozu sie mit dem Milzblute durch die Pfortader in die Leber geführt werden. Die Naturphilosophie hat geltend zu machen versucht, daß die M. nur das Product einer unvollständigen symmetrischen Bildung sei, indem, vermöge des Bildungsgesetzes des rückgrathigen Thierleibes, sich in den höheren Thierklassen eine rechte u. linke Leber bilden wolle, der Magen aber sich zwischen beide lege u. die Ausbildung der Leber der linken Seite (der M.) beschränke, so daß diese verschrumpfe u. nur als ein eigenes begrenztes Parenchyma sich erhalte, um von einem herrschenden Bildungsgesetze zu zeugen. Ebenso hat man die Ansicht eines Zerfallens des Lebersystems bei rothblütigen Thieren in eine arterielle u. venöse Seite aufgestellt u. hiernach die M. für die arterielle [275] Leber erklärt. Bemerkenswerth ist der Einfluß, welchen Nahrungsmittel u. andere in den Körper gelangende Stoffe, so auch allgemeine Krankheiten, auf die M. haben. Spirituöse Getränke, auch Eisen, verkleinern die M., wogegen reichlicher Biergenuß sie vergrößert; nach Vergiftungen durch ätzende Substanzen findet man die M. oft groß u. entzündet; nach Wechselfiebern folgt nicht selten Vergrößerung u. Verhärtung der M.; auch klimatische Einflüsse verändern sie in verschiedener Weise. Eben so merkwürdig ist der Einfluß, welchen abnorme Verhältnisse der M. auf Gemüthsstimmung u. den Geist überhaupt haben. Daß sie aber nicht absolut zur Fortdauer des Lebens nöthig sei, beweisen mehre Versuche, wo man Thieren die M. ausgeschnitten hat, ohne daß diese starben, ja auch nur wesentlich in ihrem Leben beeinträchtigt wurden. Auch beim Menschen ist die M. bei tief eindringenden Wunden, nach Unterbindung, weggenommen worden, ohne daß nach erfolgter Heilung bedeutende Gesundheitsstörungen eingetreten sind, ja das Milzausschneiden soll früher bei Läufern regelmäßig vorgenommen worden sein, um sie gegen das Milzstechen (s.d. 2) zu bewahren. Ja als Bildungsfehler ist (wie nicht selten gegenseitig ein Zerfallen der M. in zwei, u. dadurch die Bildung einer Nebenmilz, eine Zahl von drei od. vier Milzen vorkommt) in seltenen Fällen, bei übrigens regelmäßig gebildetem Körper, ein gänzlicher Mangel der M. beobachtet worden; dasselbe ist bei Akephalen ein gewöhnlicher Fall. Bei alten Personen verkleinert sich die M. in der Regel, verschrumpft auch wohl, während ihre Hülle sich verknöchert.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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