Vater [1]

Vater [1]

Vater (Pater), 1) derjenige, welcher ein Kind erzeugt hat, od. von welchem doch die Gesetze annehmen, daß er der Erzeuger eines Kindes sei. Der V. ist entweder ein ehelicher, wenn das von ihm erzeugte Kind in rechtmäßiger Ehe geboren wurde; od. ein unehelicher, wenn er das Kind außer einer legitimen Ehe zeugte. Ein der ehelichen Vaterschaft nachgebildetes Verhältniß tritt bei der Annahme an Kindesstatt (Adoption, s.d.) ein. Die Bezeichnungen Schwieger u. Adoptivvater gehen auf das Affinitätsverhältniß, welches, analog dem Verhältniß zwischen V. u. Kind, zwischen dem einen Ehegatten u. dem V. des andern Ehegatten, beziehentlich zwischen dem einen Ehegatten u. den von ihm nicht erzeugten Kindern des andern Ehegatten Statt findet. Der Ausdruck Pflegevater bezeichnet eine nur vertragsmäßig od. aus Liberalität erfolgte Übernahme der Erziehungspflichten in dem Umfange, wie sie einem Vater gegen sein eheliches Kind obliegen. Das Verhältniß zwischen V. u. Kind gehört der Natur nach zu den innigsten, welche es überhaupt gibt; ihm kommt nur das Verhältniß zwischen Mutter u. Kind in den meisten Beziehungen gleich. In so weit die Rechte u. Verbindlichkeiten des V-s mit denen der Mutter übereinstimmen, bilden sie den Kreis der elterlichen Rechte u. Pflichten. Dazu gehören namentlich die Rechte u. Pflichten, welche auf der Verwandtschaft beruhen, von welcher das Verhältniß zwischen V. u. Kind, wie zwischen Mutter u. Kind, den ersten Grad bildet. Dahin gehören in neuerer Zeit namentlich die Erbrechte, die gegenseitige Pflicht zur Unterhaltsgewährung, das Recht der Eltern auf besondere Ehrerbietung, die Rechtswohlthat des Beneficium competentiae (s.d.) u.a. Der Natur nach fällt aber dabei dem V. als dem stärkeren Theile auch regelmäßig ein stärkeres Recht, u. umgekehrt dem Kinde, gegenüber dem V., auch ein stärkerer Anspruch auf Schutz zu, als ihm gegenüber der Mutter zusteht. Der V. gilt als das Haupt der Familie (Pater familias); ihm gebührt danach die Leitung des Hauswesens in noch höherem Maße, als der Mutter. Die besonderen Rechte, welche dem V. hieraus entstehen, bilden die väterliche Gewalt (s.d.), welche namentlich das Römische Recht in einer sehr umfassenden Weise zur Ausbildung gebracht hat. In ähnlicher Weise begründeten die germanischen Rechte ein bevorzugtes Recht des V-s in der Idee des väterlichen Mundiums (s.d.). Immer findet sich jedoch dies väterliche Gewalt- u. das ihm correspondirende Schutzverhältniß nur in Betreff der ehelichen Vaterschaft fester begründet; auf die unehelichen Kinder erstreckt sich dies Verhältniß nicht, schon weil bei ihnen der Mangel der festeren rechtlichen Verbindung zwischen Mann u. Weib die wirkliche Vaterschaft ungewiß läßt. Die unehelichen Kinder werden daher nach Römischem Recht sogar als quasi liberi sine patre bezeichnet; sie haben nur eine Mutter u. stehen zu ihrem natürlichen V. nur insofern in Rechtsbeziehungen, als sie unter gewissen Voraussetzungen ein beschränktes Erbrecht u. Alimentation verlangen können (s.u. Uneheliche), u. als das Ehehinderniß, welches zwischen Ascendenten u. Descendenten allgemein begründet ist, sich auf die uneheliche Verwandtschaft erstreckt. Bei ehelichen Kindern ist dagegen das Verhältniß des V-s nach Römischem Rechte ein so inniges, daß sogar von der Idee einer zwischen ihnen stattfindenden Personeneinheit gesprochen worden ist. Der V. ist der unbeschränkte Herrscher über Person u. Vermögen der seiner Gewalt untergebenen Kinder, letztere erwerben nur für ihn, sie können eigentlich etwas Eigenes gar nicht besitzen. Doch hatte diese unbedingte Unterwürfigkeit der Kinder unter den V. auch ihre Vortheile für die Kinder, bes. im Erbrecht. Die dem V. so unterworfenen Kinder beerben den V. ausschließlich u. ipso jure, ohne daß es ihrerseits einer Antretung der väterlichen Erbschaft bedarf; bei einem vom V. errichteten Testament müssen sie erst bes. exheredirt werden, u. der Mangel dieser Exheredation macht das väterliche Testament null u. nichtig. Das spätere Römische Recht ließ jedoch in diesen strengen Ansichten überall Milderungen eintreten, s.u. Väterliche Gewalt. Ein besonderes Recht des V-s bildete sonst noch das Recht der Einwilligung bei Verheirathung der Kinder, welches jedoch, wenn der V. verstorben ist, auch auf die Mutter übergeht. Zu den Verpflichtungen des V-s gehört außer der Gewähr der allgemeinen Erziehungskosten noch die Pflicht der angemessenen Ausstattung der Töchter bei der Verheirathung, nach Particularrechten auch die Pflicht zur Gewähr einer väterlichen Unterstützung bei Etablirung der Söhne (Subsidium paternum). Wegen des der Verwaltung u. dem Nießbrauch des V-s unterstellten Vermögens haben die Kinder gemeinrechtlich eine gesetzliche Generalhypothek an dem Vermögen des V-s. Zum Theil gebühren die Rechte, welche dem V. zustehen, auch dem Großvater von V-s Seite, bes. wenn der V. verstarb, als er noch selbst in väterlicher Gewalt stand. Zur Geltendmachung resp. Sicherung der ehelichen Vaterschaft (Paternitas), d.i. des Verhältnisses des V-s zu seinem Kinde u. umgekehrt, sind sowohl dem V., als dem Kinde u. dessen Mutter mehrfache Rechtsmittel geboten. Das Recht geht dabei von dem Satze aus: Pater est, quem justae nuptiae demonstrant, d.h. es besteht eine rechtliche Vermuthung, daß das in einer rechtsgültigen Ehe geborene Kind von dem Ehemanne als V. herrühre. Gegen diese Vermuthung ist jedoch der Gegenbeweis zulässig. Dieser gilt ohne Weiteres als erbracht, wenn das Kind noch vor Ablauf des 181. Tages nach Eingehung der Ehe od. nach Ablauf von 10 Monaten seit Auflösung der Ehe geboren ist; wurde das Kind aber nach Ablauf von 181 Tagen seit Eingehung der Ehe u. vor Ablauf von 10 Monaten seit Auflösung der Ehe geboren, so muß der Ehemann, um das Kind als das seinige verläugnen zu können, die physische Unmöglichkeit (z.B. durch Abwesenheit) davon beweisen, daß das Kind nicht von ihm herrühren könne. Die Klagen des V-s heißen Actio de paternitate affirmativa od. negativa, je nachdem die Vaterschaft von ihm behauptet od. geläugnet wird. Die Klage der Mutter auf Anerkennung des Kindes heißt Actio de partu agnoscendo. Besondere Vorsichtsmaßregeln, um die eheliche Vater- resp. Kindschaft bei den nach einer Ehescheidung geborenen Kindern zu sichern, ordnete ein SC. Plancianum an. Fühlt die Frau sich[374] schwanger, so hat sie innerhalb 30 Tagen, von der Scheidung an gerechnet, dem Manne, od. falls dieser noch in väterlicher Gewalt ist, dessen V. davon eine förmliche Anzeige zu machen, worauf der Benachrichtigte entweder eine Besichtigung u. Bewachung der Frau verfügen od. durch förmliche Gegenanzeige die Schwangerschaft der Frau von ihrem Manne läugnen kann. Unterläßt er dies, so muß er das Kind bis dahin ernähren, wo er beweist, daß es kein ehelich erzeugtes sei. Ordnet er' eine Bewachung an od. läugnet er die Schwangerschaft, so hat er zwar auch die interimistische Alimentationsverbindlichkeit zu übernehmen, es hat aber dann nicht er, sondern die Frau den Beweis der Legitimität des Kindes zu führen. Wenn aber die Frau gar keine Anzeige macht od. die zur Besichtigung u. Bewachung abgeordneten Personen nicht zuläßt, so ist der Mann überall nicht verbunden die einstweilige Alimentation zu übernehmen od. sich auch nur auf einen Proceß über die Legitimation mit der Mutter einzulassen; nur das Kind selbst od. dessen Vormund bleibt dann berechtigt die Legitimitätsrechte später noch geltend zu machen. Diese Bestimmungen sind durch ein zweites Senatusconsult unter Kaiser Hadrian u. die Praxis dahin erweitert worden, daß dieselben Vorsichtsmaßregeln auch einzuhalten sind, wenn das Kind während der Ehe od. nach des V-s Tode zur Welt gekommen ist. Im letztern Falle erhält die Frau, wenn sie die Vorschriften des SC. Plancianum beobachtet, eine Bonorum possessio ventris nomine, unter Beiordnung eines Curator ventris, welcher ihr die Alimente aus der Erbschaft gewährt. Über die Geltendmachung der Kindesrechte gegen einen unehelichen V. s. Uneheliche. 2) (Kirchenw), s. Väter; 3) so v.w. Vaterschaft, s.u. Bergbau.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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