- Ventura
Ventura, Giovacchino, geb. 8. Dec. 1792 in Palermo, trat früh in den Jesuitenorden, verließ denselben aber bei dessen Vertreibung aus Sicilien u. wurde nun Theatinermönch u. bald Generalsecretär u. 1824 Generalvicar seines Ordens in Rom. Er neigte sich den Grundsätzen Lamennais' (s.d.)
[439] zu u. wurde vom Papst zum Oberintendanten der Compilation der Kirchenzeitung, zum Mitglied der Censur u. zum Lehrer des Canonischen Rechtes in der Sapienza gemacht, verlor aber diese Stellen, weil er die Freiheit u. Unabhängigkeit der Kirche lehrte. Gleichwohl blieb er im Vertrauen des Papstes Leo XII., welcher ihn zu mehren geheimen Sendungen, so zum Abschluß des Concordates mit Modena, brauchte. Unter Gregor XVI. verließ V. als ein Freund Lamennais' 1829 den päpstlichen Hof u. zog sich in sein Kloster zurück. Als Pius IX. Papst geworden war, auf dessen Wahl er durch Zufall Einfluß gehabt hatte, kam er wieder in die päpstliche Gunst. 1847 von der Bewegung in Italien ergriffen, gab er einige Broschüren über die Selbständigkeit u. Nationalität Italiens heraus u. hielt am 28. u. 30. Juni d.i. zur Gedächtnißfeier D'Connels eine Predigt voll politischer Beziehungen auf die Zustände Italiens, welche großes Aufsehen erregte. Von ihm gingen im März u. April 1848 Adressen an den Papst Pius IX. theils über die Zusammenberufung eines italienischen Parlaments in Rom, theils zur Kundgebung der Hoffnungen, welche das italienische Volk auf den Papst setzte. 1848 wurde er Gesandter der revolutionären Regierung Siciliens beim Papst u. ging 1849 nach dessen Flucht aus Rom, ohne sich an der Constituirenden Versammlung zu betheiligen, wieder in das Kloster, am 4. Mai aber nach Civita-Vecchia, dann nach Montpellier u. 1851 nach Paris, wo er in den Kirchen Madeleine u. St. Louis, sowie nachher in der kaiserlichen Kapelle der Tuilerien als Prediger auftrat u. von seinen früheren Freiheitsideen gänzlich zu denen der Reaction sich bekehrte. Er st. 2. Juli 1861 in Versailles u. sein Leichnam wurde später nach Palermo übergeführt Er schr.: La causa dei regolari al tribunale del buon senso; Sull influenza de secolo XVI., 1824; De methodo philosophandi, 1828; Delle bellezze della fede, 1839; Sul riconoscimento della Sicilia come stato libero, 1848; Legittimita degli atti del parlamento sicil., 1848; Menzogne diplom. Ovvero esame dei pretesi diritti che s'invocano dal gabinetto di Napoli nella quistioni Sicula, 1849; Lettres à un ministre protestant, 1849; Les conférences de Paris (darin seine Pariser Predigten); Autobiographie, Paris 1855. Seine sämmtlichen Kanzelvorträge u. Erbauungsschriften erschienen deutsch Regensburg 1848–55, 5 Bde. Er übersetzte auch Bonalds La législation primitive u. De Maistre's Le pape, u. gab Bibliotheca Parva (eine Anthologie aus den Kirchenvätern u. geistlichen Dichtern), 1839, heraus.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.