- Waldburg [2]
Waldburg, altes, reichsunmittelbares Geschlecht in Württemberg, Baiern, Österreich u. Preußen, dessen Ahnen das Truchsessenamt an den Höfen mehrer Hohenstaufen führten, wovon sie den Namen Truchseß-W. annahmen. Die Truchsesse von W. wohnten schon in den ältesten Zeiten den Reichs- u. Kreistagen bei u. hatten im Schwäbischen Grafencollegium eine gemeinschaftliche Stimme. 1463 erwarben sie die Grafschaft Sonnenberg u. nahmen den gräflichen Titel, welchen sie schon früher als Grafen zu Thann neben dem als Truchsesse von W. geführt haben sollen, wieder an, gaben diesen aber auf, als die Grafschaft durch Aussterben der Sonnenbergischen Linie wieder verloren ging. Georg III., aus dem Hause W.-Wolfegg, zeichnete sich als General des Schwäbischen Bundes in dem Bauernkriege aus u. zur Belohnung dafür erhielt die Familie 1525 von dem Kaiser Karl V. die Erlaubniß sich Reichserbtruchsesse zu nennen. 1528 verlieh ihnen der Kurfürst Ludwig von der Pfalz als Erbtruchseß die Anwaltschaft auf dieses, zu jener Zeit von der Familie Seldneck ausgeübte Amt, welches die Truchseß-W. dann auch bis zur Auflösung des Deutschen Reichs ausübten. 1628 erhob Kaiser Ferdinand II. die Stammhalter der Linie W. in den Reichsgrafenstand u. machte ihre Besitzungen zu Reichsgrafschaften, so wie im März 1803 Kaiser Franz II. die Häupter der drei schwäbischen Linien W.-Wolfegg, W.-Zeil-Zeil u. W.-Zeil-Wurzach in den Reichsfürstenstand u. ihre Grafschaften zum Reichsfürstenthum W. erhob. Seit 1808 begleitete der jedesmalige Senior des Hauses W. das Erbreichsoberhofmeisteramt im Königreich Württemberg. Der gemeinschaftliche Stammherr der noch lebenden Fürsten u. Grafen von Truchseß-W. war Johann, welcher 1423 starb. Seine zwei Söhne Jakob u. Georg bildeten die Jakobinische u. Georgische Hauptlinie. Die erstere theilte sich mit Jakobs Enkeln wieder in zwei Unterlinien, indem Wilhelm (starb 1557) die zu Trauchburg u. Scheer, Friedrich (starb 1554) die zu Capustigall od. die Preußische Linie stiftete, welche noch gräflich u. evangelisch ist. Die Linie Scheer theilte sich durch Wilhelms zwei Enkel u. Christophs (starb 1612) Söhne in zwei Äste: zu Scheer, gestiftet von Wilhelm Friedrich (starb 1603), u. zu Trauchburg, gestiftet von Friedrich (st. 1636). Erstere erlosch 1764 mit Graf Leopold August, u. deren Besitzungen, Friedburg u. Scheer, sielen an die von Trauchburg. Der Ast Trauchburg aber erlosch 1772 mit Franz Karl Eusebius, Fürstbischof zu Chiemsee, u. die Grafschaft Trauchburg kam an die Linie Zeil-Zeil; Friedburg u. Scheer wurden aber an den Fürsten von Thurn- u. Taxis verkauft. Die Georgische Stammlinie theilte sich nach dem Tode des Freiherrn Jakob (1589) in zwei Linien, die Wolfeggsche u. die Zeilsche. Die erstere spaltete sich durch die zwei Enkel des Stifters (Heinrich, st. 1636), Maximilian Franz (st. 1681) u. Johann Maria (st. 1724), in zwei Äste: Wolfegg-Wolfegg u. Wolfegg-Waldsee, welche aber seit 1798 durch das Aussterben der ersteren wieder unter dem Namen Wolfegg-Wolfegg u. Wolfegg-Waldsee vereinigt sind. Die Zeilsche Linie theilte sich 1684 durch die zwei Enkel des Stifters Froben (starb 1614), Louis Jakob (st. 1684) u. Sebastian Wunibald, ebenfalls in zwei Speciallinien Zeil-Zeil (jetzt Zeit u. Trauchburg) u. Zeil-Wurzach. Ein Nebenzweig der Linie Zeil-Zeil, Waldburg-Zeil-Lustnau-Hohenems, ist in Österreich begütert u. gräflich J. Jakobinische Hauptlinie: A) Linie W.-Trauchburg u. Scheer, jetzt in den beiden Ästen Scheer u. Trauchburg seit 1764 u. 1772 ausgestorben (s. oben); zu ihr gehörten 1) Gebhard von Truchseß-W, Sohn des Stifters dieser Linie, Wilhelm, Erzbischof von Köln, s. Gebhard 8); B) Linie Capustigall od. Preußische Linie, in den preußischen u. 1686 in den Reichsgrafenstand erhoben u. der Reformirten [788] Confession folgend; 2) Graf Friedrich Ludwig, geb. 25. Oct. 1776 in Tangermünde, trat 1793 in preußische Militärdienste, welche er aber 1800 verließ, um sich auf Reisen zu begeben; 1803 nahm er württembergische Dienste u. wurde 1805 Gesandter in Wien u. 1806 in Paris; Ende 1807 ging er nach Kassel an den westfälischen Hof u. wurde dort Oberkammerherr, legte aber diese Stelle bereits 1808 nieder u. lebte auf seinen Gütern in Preußen. 1813 trat er wieder als Oberst in preußische Militärdienste u. begleitete 1814 als preußischer Commissär den Exkaiser Napoleon auf seiner Reise nach Elba bis nach Frejus; 1816 wurde er Gesandter in Turin, wo er sich bes. um die Waldenser in Piemont sehr verdient machte, denen er nicht nur Geldunterstützungen von seiner Regierung, sondern auch größere Toleranz von der sardinischen Regierung erwirkte. Inzwischen zum Generalmajor avancirt ging er 1827 als preußischer Gesandter nach dem Haag u. 1832 wieder nach Turin; 1837 wurde er Generallieutenant u. starb 18. Aug. 1844. Er war seit 1803 vermählt mit Antonie geb. Prinzeß von Hohenzollern-Hechingen (starb 25. Dec. 1831), von welcher er nur Töchter hinterließ. Der jetzige Repräsentant dieser Linie ist: 3) Graf Gebhard, Großneffe des Vorigen, geb. 16. März 1794, ist preußischer Oberstlieutenant a. D. u. unvermählt. II. Georgische Hauptlinie, der Katholischen Confession folgend: A) Wolfeggsche Linie: Wolfegg-Wolfegg u. Wolfegg-Waldsee, besitzt in Baiern das Gut Rohrmoos u. im Württembergischen Donaukreis die Herrschaften Wolfegg-Waldsee, Praßberg, Leipoltz u. Walkershofen mit der Hälfte der Domäne Ließlegg, 6 QM.; Residenz: Wolfegg; 1803 in den Reichsfürstenstand nach dem Rechte der Erstgeburt erhoben, der Fürst ist seit 1819 Mitglied der ersten württembergischen Kammer; Chef: 4) Fürst Friedrich, Sohn des 1833 verstorbenen Fürsten Joseph Anton, geb. 13. Aug. 1808, ist Senior des Gesammthauses W. u. als solcher Erbreichsoberhofmeister des Königreichs Württemberg; seit 1832 vermählt mit Elisabeth geb. Gräfin Königsegg-Aulendorf; sein ältester Sohn Franz ist 1833 geboren. B) Zeilsche Linie, hat seit 1525 das Reichserbtruchsessenamt: a) Zeil-Zeil od. Zeil u. Trauchburg: aa) Fürstliche Linie, besitzt in Baiern einen Theil der Grafschaft Trauchburg, im württembergischen Donaukreis den Rest der Grafschaft Trauchburg, die Hälfte der Grafschaft Zeit u. die Herrschaften Balgheim, Vollmaringen u. Göttelfingen, in Baden die Herrschaft Pfaffwiesen, zusammen 42/3 QM.; Residenz: Zeil; seit 1803 Reichsfürsten nach dem Rechte der Erstgeburt, der Fürst ist seit 1818 erblicher Reichsrath in Baiern 1819 Mitglied der ersten Kammer in Württemberg; Chef: 5) Fürst Wilhelm, Sohn des 1862 verstorbenen Fürsten Constantin, geb. 26. Nov. 1835 u. vermählt 1862 mit Maria, Tochter von W. 4). bb) Gräflicher Zweig: W.-Zeil-Lustnau-Hohenems, besitzt die Herrschaft Lustnau in Tarot, Wohnsitz: Hohenems; Chef: 6) Graf Maximilian, Sohn des 1818 verstorbenen Fürsten Max Wunibald von W.-Zeit u. Trauchburg, geb. 8. Oct. 1799, ist Rittmeister in der österreichischen Armee u. seit 1841 vermählt mit Josephe geb. Freiin von Enzberg; sein Sohn Clemens ist 1842 geboren; b) Zeil-Wurzach, besitzt das Lehen Ferthofen in Baiern, die Herrschaften Wurzach u. Marstetten, so wie einen Theil von Kißlegg in Württemberg; Residenz: Wurzach; seit 1803 Reichsfürst nach dem Rechte der Erstgeburt, der Fürst ist seit 1819 Mitglied der ersten Kammer in Württemberg u. seit 1846 erblicher Reichsrath in Baiern; Chef: 7) Fürst Karl, Sohn des 1861 verstorbenen Fürsten Leopold, geb. 8. Dec. 1825; er ist unvermählt, sein Bruder Graf Eberhard ist 1828 geboren.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.