- Weihwasser
Weihwasser, Wasser zu religiösen Reinigungen. Der Gebrauch desselben kommt schon bei den Griechen (χέρνιΨ) u. Römern (Aqua lustralis) vor; die Anwendung desselben geschah vor dem Eintritt in den Tempel, der Darbringung der Opfer, der Ablegung von Gelübden u. den Gebeten. Dazu war am Eingang des Heiligthums ein Gefäß mit W. (περιῤῥαντήριον) aufgestellt u. die Besprengung geschah entweder von dem Priester bei den Griechen mittelst eines Ölzweiges (ϑαλλός), bei den Römern mit einem Wedel (Aspergillum); od. durch den zu Besprengenden selbst. Auch diente das W. bei Entsündigungen (vgl. Lustration 2). Bei den Juden befand sich das Becken mit Wasser als Symbol der Reinigung im Vorhofe der Stiftshütte, worin die Priester vor dem Eintritte in dieselbe sich wuschen. Ähnliche Bedeutung hatte die Besprengung der Juden, welche sich verunreinigt hatten, u. der Opfergegenstände. In der Katholischen Kirche ist das W. durch die Priester geweihtes Wasser (Aqua benedicta, A. lustralis, A. exorzisata, A. aspersionis s. aspersoria), welches in einem eingemauerten steinernen od. aufgestellten metallenen. Behälter (Weihstein od. Weihkessel) am Eingange der Kirchen sich befindet, u. womit sich die Eintretenden in Form des Kreuzes besprengen. Der Ursprung dieser Sitte ist nicht mit Bestimmtheit anzugeben, sicher bestand sie schon im vierten Jahrh. in. der Morgen- u. Abendländischen Kirche. Einige Alterthumsforscher leiten die Gebräuche von der Kirche zu Tyrus ab, wo nach Eusebius im vierten Jahrh. am Eingange ein Behälter mit W. zum Waschen der Hände u. des Gesichtes war, welches vom Bischofe an bestimmten Tagen des Jahres gesegnet wurde. Mit der Zeit kam auch die Sitte auf W. mit nach Hause zu nehmen, aufzubewahren u. sich beim Kommen u. Gehen damit zu segnen. Im neunten Jahrh. war es schon üblich mit demselben Wohnungen, Heerden, Futter, Speise u. Trank zu besprengen. Wenn der Priester sich desselben zur Besprengung der Gläubigen, Gräber, kirchlichen Sachen etc. bedient, so gebraucht er dazu den Weihwedel (Aspersorium, Aspergillum). Nach dem Glauben der Katholiken hat das W. seine Kraft in der persönlichen frommen Stimmung des Besprengten u. bezieht sich dann auf Nachlaß kleinerer Sünden, Abwendung zeitlicher Sündenstrafen u. Schutz gegen geistige u. körperliche Gefahren. Nach Verordnung des Papstes Leo IV. im neunten Jahrh. soll die Weihe des Wassers jeden Sonntag vor der Messe geschehen. Das W., womit eine entweihte Kirche wieder geweiht wird, heißt Aqua reconciliationis. Auch die Griechen haben das W., bei den Protestanten ist es jedoch außer Gebrauch. Vgl. I. von Torquemada, De aquae benedictae efficacia, o. I. u. O., Fol. (Luther theilte 1539 einen Auszug daraus mit); I. G. Baier, De aqua lustrali Pontificiorum, Jena 1692._– W. (Kosha) kommt auch noch in dem indischen Heidenthum vor, wo es durch Eintauchen von Götterbildern hergestellt u. zu der einen Art der Gottesurtheile gebraucht wird, indem der Angeklagte vor der Erklärung seiner Unschuld drei Handvoll davon trinken muß u. als unschuldig erkannt wird, wenn ihm innerhalb eines bestimmten Zeitraums (7–21 Tagen) kein Unglück, wie Krankheit, Feuer, Tod eines Verwandten, irgend eine Strafe vom König etc. trifft.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.