- Aschaffenburg
Aschaffenburg, 1) sonst Vicedom- od. Oberamt des Obererzstiftes vom Kurfürstenthum Mainz, 18 QM. groß; 2) daraus mit Hinzuziehung der Mainzischen Ämter Aufenau, Lohr, Prozelten, Klingenberg, Orb u. des Würzburgischen Amtes Aura,-802 entstandenes Fürstenthum, nach Reichstagsschluß dem Kurerzkanzler (nachmaligen Fürst Primas) Dalberg gegeben, u. 1810 demselben, laut des Pariser Vertrags, als Großherzog von Frankfurt verblieben, dann 1814 an Baiern (od. eigentlich an Österreich, das es aber sogleich gegen Abtretungen in Tyrol, Salzburg u. am Inn vertauschte), darin der ganze Spessart u. ein kleiner Theil des Odenwaldes; 3) Rentamt dort; 50,000 Ew.; 4) Landgericht im baierischen Regierungsbezirks von Unterfranken u. A.; 5) Hauptstadt hier, am Main u. der Aschaff; Appellationsgericht für den Regierungsbezirk Unterfranken, Sitz des Landgerichts u. des Rentamts A., des Rentamts Rothenbuch u. 2 Forstämter gleiches Namens, eines Bezirksbauamts u. Stiftsrentamts, Zoll- u. Grenzpostamt, ein Wechsel- u. Mercantilgericht erster Instanz, Garnison; Schloß (Johannisburg, 1605–14 vom Erzbischof Johann Sweikard v. Kronberg gebaut), mit Bibliothek, Gemälde- u. and. Sammlungen, König Ludwigs Landhaus am WEnde der Stadt (1840 u. 1841 gebaut), Palais der Grafen Schönborn, der Freiherrn von Dalberg etc.; 3 katholische u. 1 protestantische Pfarrkirche, nebst Studien-, früher Jesuitenkirche u. 3 Capellen, 1 Kapuzinerkloster, Synagoge, Bürger- u. Krankenspital, Katharinenspital mit Institut der Barmherzigen Schwestern; weibliche Erziehungsanstalt der Englischen Fräuleins, Lyceum, Gymnasium, Lateinische Schule, Seminarium puerorum (Erziehungsanstalt für studirende Jünglinge), Landwirthschafts- u. Gewerbsschule 1. Klasse, Handwerker-Feiertagsschule, Theater (sonst Deutschordenshaus) mit Ball- u. Concertsaal, Casino, Kaserne, Tuch-, Lein-, Leder-, Liqueur-, Nadel-, Knopf-, Seifen-, Parfümlerie-, Buntpapier-, Tabaksfabrik, Schifffahrt u. Schiffbau, Handel (mit Holz, Wein, Bausteinen etc.); 9200 Ew. Dabei schöne Spaziergänge, bes. das Schöne Thal, Englische Anlagen im Stadtgraben u. auf dem Wall, vom Kurfürsten Karl Joseph Friedrich angelegt, mit Orangerie, der Schöne Busch, 1/2 Stunde von der Stadt entfernt, in ihm ein von Invaliden bewohntes Dörfchen, 2 Seen etc., die Fasanerie, die Bergmühle u. der am Main schön gelegene Hof Nilkheim mit Musterwirthschaft, Englischem Garten u. Gemäldesammlung des Freiherrn v. Mergenbaum. – Daß beim jetzigen A. das alte Asciburgium (s.d.) gelegen habe, ist ganz unbegründet. Die fränkischen Majoresdomus erbauten ein Jagdschloß. Schon im 8. Jahrh. kommt A. (Askaphaburg, von der nahen Askapha) als Stadt vor. Bonifacius erbaute dort die St. Martinscapelle u. gründete ein Benedictinerkloster. Im 10. Jahrh. war A. Eigenthum des Herzogs Otto von Baiern u. Alemannien, dieser gründete 974 zu A. das Chorherrnstift u. die Kirche zu St. Peter u. Alexander, der er Stadt u. Umgegend vermachte. Bald kam diese an die Erzbischöfe von Mainz, als Pröpste des Stifts. Erzbischof Willigis baute 989 die steinerne Mainbrücke u. Adelbert erweiterte 1122 die dasige Burg, gab der Stadt viele Freiheiten u. machte sie zu seiner Sommerresidenz, 1292 hielt Erzbischof Gebhard v. Eppstein hier eine Synode. Da auf dem hier 1447 abgehaltenen Reichstag u. Convent die später zu Agien geschlossenen Concordaten deutscher Nation eingeleitet wurden (vgl. Wiener Concordaten), so werden diese zuweilen auch Aschaffenburger Concordaten genannt. Im 30jährigen Kriege besetzte es 1631 Gustav Adolf u. hatte dort lange sein Hauptquartier; 1634, nach der Schlacht bei Nördlingen,[799] nahmen es die Spanier, 1646 die Franzosen durch Capitulation, demselben Jahre die Baiern u. Schweden, u. 1647 der kaiserliche General Garnier durch Überfall, überließ es aber später an Mainz; 1672 nahm es Turenne wieder, zog aber ab. 1803 bekam es der Fürst Primas, der als solcher u. als Großherzog von Frankfurt hier residirte; 1814 kam es an Baiern. König Ludwig von Baiern residirte als Kronprinz längere Zeit hier u. hält auch jetzt noch manchen Sommer daselbst sein Hoflager.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.