Auerhahn

Auerhahn

Auerhahn (eigentlich Urhahn, Urhuhn, auch Spillhahn, Tetrao urogallus), Art aus der Gattung Waldhuhn. Das Männchen ist über 3 F. lang u. 12–15 Pfd. schwer, der Schnabel ist an der Firste stark gebogen, übrigens scharf, blaßgelb bis schwarz, die starken, befiederten Beine haben breite Zehen u. am Hinterkopfe u. der Kehle befinden sich starke Federbüschel; die Hauptfarbe des Vogels ist schwarz, an mehreren Stellen grau u. weiß besprenkelt, die Brust mit grünem Schiller, Flügeldeckfedern braun, wellenlinig, mit weißem Schulterfleck. Das Weibchen (Auerhenne, Bramhenne) ist nur 2 F. lang, 8–9 Pfd. schwer, hat einen schwärzlichen Schnabel, ist oben schwarzbraun mit rostfarbenen Wellenlinien, unten rostfarbig mit schwarzbraunen od. schwarzen Flecken, u. die Kehle hat kürzere Federn als beim Hahne; einen rothen, nackten u. warzigen Fleck über den Augen u. hochrothe Augenränder haben beide; sie wohnen in dichten Gebirgswäldern Deutschlands, der Schweiz, Rußlands, Sibiriens. Diejenigen, welche die höchsten Gebirge bewohnen, suchen im Novbr. niedriger gelegene Wälder auf, wo sie bis März bleiben; die der niedrigen Gebirge verlassen aber ihren Wohnplatz nicht; bei Tage halten sie sich gewöhnlich auf der Erde auf, suchen Nahrung u. baden sich gern in Sand u. Staub: des Nachts aber gehen sie auf Bäume (bäumen auf). Gern bleiben sie in der Gegend, wo sie aus dem Ei gekommen; selten verirren sie sich in die Nähe menschlicher Wohnungen. Im Sommer nähren sie sich von Brom-, Heidel-, Wachholder- u. a. Beeren, von Eicheln, Bucheckern, Ameisen u. a. Insecten, Würmern u. allerlei Kräutern, besuchen auch die Äcker, um Weizen, Gerste u. Heidekorn zu verzehren; im Frühlinge, Herbst u. Winter, wenn die genannte Nahrung abnimmt, verzehren sie Baumknospen; wie alle Hühner, verschlucken auch sie kleine Steinchen. Die Begattungszeit (Balzzeit, Falzzeit) dauert vom März bis in den April; der Hahn lockt hier von 3 Uhr früh die Henne, bis nach der Dämmerung, durch verschiedene Töne (Balzen). Man unterscheidet vorzüglich dreierlei Töne: a) das Knappen (Schnalzen), Döll, Döll, ein kurzer, doppelt schnalzender Laut, der Anfangs langsam ist, dann in ein schnelles Döttl Döttl Döttirrra übergeht; hierauf folgt b) der Hauptschlag, Glack, Glack, einem prallenden Zungenschlag gleichend, dem dann sogleich c) das Schleifen od. Wetzen, Hedehedehe, Hedehedehe, Hedehedehei folgt, ähnlich dem Wetzen einer Sense, einige Secunden anhaltend. Während des Hauptschlags streckt der A. den Kopf in die Höhe, schlägt ein Rad u. wird so verzückt, daß er Alles um sich her vergißt, u. der Jäger mit drei Sprüngen sich nähern (anspringen), ja selbst auf ihn schießen kann, ohne daß jener es merkt. Ist das Schnalzen aber vorbei, so hört er das mindeste Geräusch u. der Jäger muß dann unbeweglich stehen, bis der A. wieder schnalzt u. er sich dann wieder mit drei Sprüngen nähern kann. Auf andere Art beizukommen, ist höchst schwierig; doch ist auch die Tagjagd mit dem Auerhahnshunde üblich, der bellend unter dem Baume herumspringt, u. den der Hahn immer beobachtet, so daß der Jäger gegen den Wind heranschleichen kann. Jagdsprache: der A. hat Füße, rüstet sich, wird verhört, wenn man horcht, wo ein Hahn balzt, steht auf dem Baume, hat seinen Stand, schwingt sich ein, tritt od. steigt zu Baume, wenn er aufbäumt, tritt (stirbt) ab, wenn er abbäumt, wird ausgebrochen u. hat Geräusch u. Gescheide. Fortpflanzung: Nach dem Balzen steigt der Hahn vom Baume herab u. tritt seine 3–4 Hennen, die sich mit einem Kack u. Göck genähert u. dabei so hitzig sind, daß man sie zuweilen mit den Händen ergreifen kann. Auch der Hahn ist dabei so hitzig u. zugleich so streitsüchtig, daß er sogar Menschen anfällt, die sich ihm nähern. Die Henne macht ihr Nest vertieft auf den Boden u. füttert es mit Gras, Moos u. Laub aus, od. baut es auch auf Reisighaufen, legt 5–12, gewöhnlich aber 8–9 graue, grün gesprenkelte Eier u. brütet 4 Wochen lang. Sie brütet so eifrig, daß man sie dabei mit den Händen ergreifen kann. Für die auskommenden Jungen, die sogleich der Mutter folgen, sorgt sie mit großer Zärtlichkeit. In 8 bis 9 Wochen sind sie flügge, bleiben aber bei der Mutter (zusammen eine Kitt bildend) bis zum nächsten Frühjahre. Feinde: Die Brutzeit ist dem A. am gefährlichsten, denn sie sind dann oft so betäubt u. sinnlos, daß sie ihre Feinde ganz übersehen. Marder, Füchse, Wiesel, sogar wilde Schweine u. alle[923] großen Raubvögel benutzen diesen Mangel an Vorsicht u. stellen ihnen, aber auch ihren Eiern nach, daher sie sich auch nie sehr vermehren. Nutzen: Die Auerhähne nützen durch ihr Fleisch; das Wildbret von alten Hähnen ist zwar zähe, aber in eine Beize gelegt, wird es mürbe u. wohlschmeckend; das von Jungen u. Hennen ist mürbe u. wohlschmeckend. Nicht zu alten Auerhähnen wird das Rückgrath ausgehackt, die Brust stark mit Speck gespickt, den man in geschnittenen Kräutern u. feinem Gewürz umgewendet, dann 8–10 Tage zugedeckt in eine Beize von Essig, Wachholderbeeren, Zwiebeln u. Lorbeerblättern gelegt u. hierauf in einem Kasserole gedämpft, warm od. kalt als Pastete verwendet, od. gedämpft in Stücke zerschnitten, mit einer braunen Brühe u. Kapern aufgetragen. Der Schaden, den die Auerhähne zufügen, geht aus ihrer Nahrung hervor. Das Auerwild gehört zur hohen Jagd.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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