Drusus

Drusus

Drusus, römische Familie, zur Livia gens gehörig; ihr Ahn war M. Livius Ämilianus, welcher den gallischen Heerführer D. tödtete u. nach demselben den Beinamen D. annahm; merkwürdig: 1) Marcus Livius D., war 122 v. Chr. mit C. Gracchus Volkstribun u. verfocht gegen denselben die Rechte des Senats; um dessen Ansehen bei der Plebs zu schwächen, brachte er eine noch weiter als die Gracchische gehende Rogation auf die Abführung von 12 Colonien zu je 3000 Besitzlosen ein. Indem nun Gracchus während seiner Abwesenheit zur Colonisation Carthagos so um alles Ansehen kam, daß er nicht wieder zum Volkstribun erwählt wurde, erhielt D. den Titel Patronus senatus u. 112 v. Chr. das Consulat u. Macedonien als Provinz u. besiegte die Skordisker. 2) Marcus Livius D., Sohn des Vor., ebenfalls ein Freund der Patricier u. Beförderer des Ansehens des Senats, haschte er zugleich auch nach der Volksgunst; mit glänzender Beredtsamkeit ausgerüstet, aber ohne die nöthige Besonnenheit, wollte er manchen Übelständen der damaligen Zeit abhelfen; er erneuerte 91 v. Chr. als Volkstribun mehrere Agrar- u. Frumentargesetze u. brachte die Lex judiciaria, nach welcher die Gerichte den Rittern wieder entzogen u. dem mit 300 Rittern verstärkten Senate zurückgegeben werden sollten, u. die Lex de civitate sociis danda, nach welcher die Bundesgenossen das Römische Bürgerrecht erhalten sollten, ein. Aber er erregte damit die Unzufriedenheit der Parteien u. wurde, ehe das letzte Gesetz durchgegangen war, von Q. Varius in seinem Hause ermordet, u. seine bereits angenommenen Gesetze wieder aufgehoben. 3) Lucius Livius D. Claudianus, Adoptivsohn des Vor., Sohn des App. Claud. Pulcher, tödtete sich selbst nach der Schlacht bei Philippi; er war Vater der Livia Drusilla. 4) Nero Claudius D., stammte von mütterlicher Seite aus der Livia gens u. war der Sohn des Claudius Nero u. der Livia Drusilla, geb. 38 v. Chr.; nachdem er 15 v. Chr. die Rhätier besiegt u. deren Bergfesten in den Tridentinischen Alpen genommen hatte, begleitete er den Augustus nach Gallien u. unternahm nach dessen Rückkehr nach Rom im Jahr 13 v. Chr. den Krieg gegen die Deutschen. Um den Krieg mit Erfolg zu führen, legte er zahlreiche Castelle am Rhein an schlug bei Gesonia eine Brücke über diesen Strom u. begann die Drusiana fossa (s.d.) zwischen Rhein u. Yssel, um dadurch in die Nordsee fahren u. die Deutschen auch zu Wasser angreifen zu können. Nachdem er im Jahr 12 noch einen Aufstand in Gallien gedämpft hatte, griff er von der Insel der Bataver aus Deutschland an, schlug die Sigambrer, drang ins Land der Usipeter, nahm im Ocean mehrere Inseln, befreundete sich mit den Friesen u. schlug, von denselben unterstützt, die Bructerer, auf der Ems herabfahrend, u. drang in das Land der Chauken. Darauf ging er nach Rom u. wurde hier Praetor urbanus; aber bereits im Jahr 11 v. Chr. kehrte er nach Deutschland zurück, besiegte die Sigambrer u. Usipeter abermals, schlug eine Brücke über die Lippe u. drang bis zur Weser in das Cheruskerland vor. Auf seiner Rückkehr errichtete er ein Siegesdenkmal, Drusi tropaea, in der Nähe des jetzigen Höxter. Damals baute er die Vesten Aliso u. Castellum (gegenüber Mainz). Nach der Beendigung des Feldzuges ging er wieder nach Rom; im Jahr 10 unternahm er einen Zug gegen die Chatten; im Jahr 9 aber besiegte er die Markomannen,[356] drang dann nördlich in den Herkynischen Wald u. bis zur Elbe (bei Barby), am weitesten unter den Römern in Deutschland nach Osten, vor. Auf der Rückkehr starb er zu Ende des Jahres 9 an den Folgen eines Sturzes vom Pferde; sein Leichnam wurde nach Rom gebracht, sein Heer aber errichtete ihm ein Denkmal bei Mainz, den noch vorhandenen Eigelstein (s.u. Mainz). Er war vermählt mit Antonia, der Tochter des Antonius u. der Octavia, von welcher er den D. Gern. anicus u. den nachmaligen Kaiser Claudius (s. b.) u. eine Tochter, Livilla, hinterließ. 5) D. Cäsar, Neffe des Vor., Sohn des Kaisers Tiberius u. der Vipsania Agrippa; nachdem sein Vater 14 n.Chr. den Thron bestiegen hatte, wurde er nach Pannonien geschickt, wo die Legionen einen Aufstand erregt hatten; im folgenden Jahre bekleidete er das Consulat; im Jahr 17 ging er nach Illyricum, um dort die deutsche Angelegenheit zu übernehmen; es gelang ihm, Uneinigkeit zwischen Cheruskern u. Markomannen zu stiften u. so die Letzteren u. Marbod zu besiegen. Nachdem er 21 abermals Consul gewesen war, wurde er der Gegenstand der Verfolgung Sejans; dieser schwärzte ihn bei seinem Vater an, verführte seine Gemahlin Livia u. ließ ihn durch den Eunuchen Lygdus vergiften. Er st. 23 n.Chr.; von der Livia hinterließ er den Tiberius u. die Julia Drusilla. 6) D., Sohn des Germanicus u. der Agrippina, wurde 25 n.Chr. Praefectus urbi; da er mit seinem Bruder Nero von dem Volke ausgezeichnet wurde, so warf Tiberius einen Haß auf ihn u. ließ ihn im Jahr 30 im Palatium einkerkern, wo er 33 mit seiner Mutter den Hungertod starb.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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