- Dädălos
Dädălos, 1) D., aus Athen, aus dem königlichen Stamme des Erechtheus, Sohn des Metion od. Palmaon, Zeitgenoß des jüngeren Minos u. des Theseus; wird in der ersten Periode der Bildhanerkunst bei den Griechen als Erfinder der ganz gegliederten Figuren mit Füßen in fortschreitender Bewegung u. mit offenen Augen bezeichnet. In der späteren Ausschmückung tritt er als Architekt, Metallurg u. Bildschnitzer auf, erfindet Säge, Axt, Bohrer, Setzwage, Mastbaum etc. Er ging dann vom Areopag, weil er seinen Neffen Talos, den Erfinder der Töpferscheibe, des Drechseleisens u.a. Werkzeuge, aus Eifersucht ermordet hatte, zum Tode verurtheilt u. flüchtig, nach Kreta, wo er das Labyrinth baute u. die Kuh der Pasiphae verfertigte. Da er der Ariadne den Faden gab, womit sie den Theseus aus dem Labyrinth rettete, ließ Minos ihn u. seinen Sohn Ikaros selbst in das Labyrinth sperren, doch bestach D. den Wächter u. entkam, heftete sich u. seinem Sohne Flügel mit Wachs an u. floh über das Meer. Da aber Ikaros zu hoch flog u. der Sonne zu nahe kam, so schmolzen seine Flügel ab, er fiel ins Meer u. ertrank; D. selbst aber kam hierauf nach Sicilien zu Kokalos, ferner nach Sardinien, wo die Nuraghes (s.d.) nach ihm Dädaleia genannt wurden, u. nach Cumä in Italien, wo er den Tempel des Apollo baute. Die Karier behaupteten, er wäre bei der Stadt Dädala gestorben. Pausanias erwähnt einige in Holz geschnitzte Bilder, angeblich Werke des D., welche noch im 2. Jahrh. n. Chr. übrig waren. 2) D., Sohn des Patrokles aus Sikyon, Bildhauer u. Erzgießer um 400 v. Chr. 3) Gemeinname aller ersten griechischen Architekten, Metallurgen u. Bildschnitzer.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.