- Feigenbaum
Feigenbaum, 1) (Ficus carica, Gemeiner F.), baumhohe od. auch bei uns niedere Art von Ficus, in Asien u. Südeuropa verbreitet, ist, völlig ausgewachsen, 16–20 Fuß hoch, 4–6 Fuß im Umfang; jedoch in mehr nördlichen Gegenden u. in Gärten cultivirt, nicht leicht über 8–10 Fuß hoch. Rinde: rauh, aschgrau, höckerig; Holz: weich u. schwammig; die jungen Zweige grün, die Blätter von der Größe einer Hand u. darüber, auf rundlichen rauhen Stielen sitzend, ebenfalls rauh, die unteren herzförmig u. ungetheilt, die mittleren mit 3, die oberen meist mit 5 Lappen; in der Heimath bleiben sie auch im Winter stehen. In den Blattwinkeln sitzen auf kurzen Stielen die birnförmigen, durch den, die Blüthen u. die Samen einschließen den Fruchtboden gebildeten Feigen (also keineswegs die Früchte) in welchen am Gipfel in mehreren Rethen übereingnder liegende Schüppchen eine unmerkliche Öffnung zu einer inneren Höhle lassen, in welcher die Blüthen, dem Lichte entzogen, sich ausbilden, während gleichzeitig der Fruchtboden sich vergrößerr, weich wird, seine vorher grüne Farbe ändert, Süßigkeit bekommt u. als Feige reist, wo diese dann auch den scharfen milchigen Saft verliert, mit dem sie, wie alle Theile des Baumes, noch unreif erfüllt war. Die Blüthen sind theils männliche, theils weibliche, theils Zwitterblüthen. Männliche Blüthen finden sich nur auf dem sogenannten Wilden F. (Caprificus), von kleinem unansehnlichem Wuchse, der nicht cultivirt, in der Levante aber zur Caprification (s.d.) benutzt wird. Von den (nicht eßbaren) Feigen desselben unterschieden schon die älteren Griechen, in Bezug auf die Caprification: a) Fornites, im August sich bildend, in denen die Feigengallwespe sich erzeugt u. geflügelt ausschlüpft, worauf sie abfallen; b) Kratitires, die später im Jahre sich bildenden, in welche jenes Insect seine Eier legt, u. die dann überwintern; c) Orni, die im Mai sich bildenden, viel größer werdenden, in welche jenes Insect einkriecht, um seine Eier zu legen, u. mit welchen es dann bei der Caprification auf den Zahmen F. übergetragen wird. Dieser trägt aber auch für sich zur Fortpflanzung dienlichen Samen in Zwitterblüthen, neben blos weibliche Blüthen enthaltenden Feigen. Die Fortpflanzung geschieht durch Ableger od. durch Samen, aus welchem sehr viele, durch Farbe, Größe u. Gestalt verschiedene Spielarten (in Frankreich über 100) der cultivirten Fei gen entstehen, die jedoch alle unter 2 Hauptabthei lungen zu bringen sind, nämlich weiße, gelbe u. grünliche, od. röthliche, violette u. bräunliche. Die Cultur des F-s ist keinen großen Schwierlgkeiten unterworfen. Bei uns wird er gewöhnlich in Kübeln, im Winter in Kellern, Gewölben od. sonst in Häusern gegen den Frost verwahrt, od. auch, wo nicht zu starke Fröste zu fürchten sind, überdeckt im Lande überwintert, wo er reichlicher trägt, zumal wenn man ihn mit mehreren anderen zusammensetzt. Der Baum setzt zweimal im Sommer Feigen an, im Frühjahr, wo dann die Feigen, als Sommerfeigen zu Johannis reisen, u. zu Johannis, die bei günstiger Witterung noch im Spätherbst gls Herbstfeigen reisen; doch erfolgt die Reise allmählig, so daß man von mehreren Bäumen ziemlich den ganzen Sommer hindurch reife Feigen erhalten kann. Die frischen Feigen, bei völliger Reise, in der sie sich leicht vom Baume lösen, sind von zuckersüßem Geschmack, gehören zu den gesundesten Obstarten, werden noch in südlichen Gegenden reichlich u. täglich genossen, obgleich an den Genuß Ungewohnte sich leicht den Magen damit verderben. Getrocknete Feigen ((Caricae), sind ein verbreiteter Gegenstand des Handels u. werden nicht nur, bes. in südlichen Gegenden, häufig genossen, sondern sind guck in Apoth. ken aufgenommen. Die besten sind die Levantischen, von Smyrna u. dem Archipelagus, welche groß, rund u. gelb sind u. einen schleimig süßen, aber guten u. honigartigen Geschmack haben; die besten kommen in Schachteln u. Kistchen, geringere in Fässern, ordinäre als Kranzfeigen auf Schilf aufgereiht zu uns. Letztere liefert bes. Calamata in Morea. Die Feigen von Corfu heißen Fraccazzani; Italienische od. Genueser kommen den Levantischen ziemlich gleich, letztere gehören mit zu den besten; eine besondere Art derselben sind die Schwarzen Feigen. Die Figen aus Dalmatien u. Istrien unterscheidet man in graue u. gelbe; sie werden auch Venetianer od. Triester Feigen genannt. Die Sicilianer u. Calabreser Feigen sind die bekannten Korbfeigen; Marseiller od. Provence-Feigen[163] (Poloises) sind weiß, lang, rund u. violett, mit vorzüglichen Sorten. Hierher gehören die Violetten Feigen od. Moissoues u. Bellounes, außen bläulich, inwendig roth, von dünner aufgebrochener Haut u. rund; ferner lange Herbstbarnissotes, Vlavettes, violett, inwendig roth (werden in den deutschen Seestädten Romtatsche genannt). Feigen von Crosse od. Seyroles; Spanische von Valencia u. Malaga; Portngiesische von Faro; auch kommen Feigen aus Malta, Neapel, Majorca, Aleppo, Cypern, Sardinien (bes. von Bosa), Ferro, Palma u. Teneriffa. Die Pharao- (Adams-) Feigen kommen aus Ägypten u. Palästina. Nach der Art, wie sie verpackt sind, heißen sie: Korb-, Rosmarin-, Laub- u. Faßfeigen. Die Güte der getrockneten Feigen hängt von ihrer Frische u. Süße ab; man muß daher darauf sehen, daß die Früchte gut getrocknet, recht fleischig u. süß, von außen nicht angelaufen od. beschlagen sind. In warmen Ländern lassen sich die trockenen Feigen nur bis zum Monat Mai gut erhalten; mit dem Anfange der heißen Witterung kommen sie in Gährung u. nehmen einen widerlich süßen Geschmack an. In Deutschland kann man sie dicht verpackt, an kühlen Orten länger erhalten; doch verlieren sie immer gn Güte. Wegen des reichlich eingetrockneten Zucker- u. Schleimstoffes, den sie enthalten, werden sie als nährende, erweichende, gelind eröffnende Mittel, als Zusatz zu Brustthee, äußerlich in Milch geweicht, als erweichende Mittel zu Zeitigung von Geschwüren, bes. am Zahnfleisch, gebraucht. 2) Die Pflanzengattung Ficus; 3) in Indien heiliger Baum, s. Aswattha.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.