- Marat
Marat (spr. Mara), Jean Paul, geb. 1744 zu Baudry im Fürstenthum Neufchatel, von protestantischen Eltern; er ging nach Paris, wo er Arzneikunde u. Naturwissenschaft studirte, machte dann größere Reisen, lebte eine Zeit lang in Edinburg als Lehrer der französischen Sprache u. gab dort die revolutionäre Schrift The chains of slavery, Edinb. 1774 (französisch von ihm selbst Les chaînes de l'esclavage, Par. 1792), das philosophische Werk De l'homme, ou Des principes et des lois de l'influence de l'âme sur le corps etc., Amsterd. 1775, 3 Bde. (wodurch er in einen heftigen Streit mit Voltaire gerieth) u. mehre naturwissenschaftliche, an den paradoxesten Behauptungen reiche Abhandlungen über Feuer, Licht, Elektricität etc. heraus, in welchen er namentlich gegen Newton auftrat. Von Edinburg ging er zunächst nach London, lernte dort den Herzog von Orleans kennen u. kehrte bald darauf nach Paris zurück, wo er sich wieder der Medicin widmete, seines excentrischen Wesenshalber abernirgends Anklang fand u. endlich Stallarzt beim Grafen von Artois wurde. Beim Ausbruch der Revolution zeigte er sich als einer der wüthendsten Demagogen u. Jakobiner, gab seit Decbr. 1789 die Zeitschriften Le Publiciste parisien u. L'Ami du peuple heraus u. wurde bald durch diein denselben ausgesprochenen Grundsätze der Abgott des Pöbels. Mehrmals angeklagt, entging erder Strafe immer durch Frechheit od. Flucht. Danton, damals Justizminister, nahm sich seiner an u. durch ihn wurde er am 10. Aug. 1792 Mitglied der Municipalität. Die Mordscenen im Sept. 1792 waren zum Theil sein Werk, u. in Folge derselben wurde er Deputirter von Paris im Convent, trat dort namentlich gegen die Girondisten sehr heftig auf, gab das Journal de la république heraus, schlug zuerst die Dictatur Robespierre's vor, forderte die Zahl von 270,000 Köpfen, stimmte für die schleunigste Hnrichtung des Königs u. zeichnete sich täglich mehr durch einen nicht zu stillenden Blutdurst aus. Die Mordscenen vom Januar 1793 waren ebenfalls größtentheils sein Werk. Der Versuch der Girondisten im Februar, ihn in Anklagezustand zu versetzen, scheiterte; er forderte darauf als Präsident des Jakobinerclubbs in einer Adresse das Volk zur Ermordung der Girondisten auf u. brachte auch im April das fürchterliche Gesetz gegen die Verdächtigen zu Stande, in Folge dessen in Frankreich über 400,000 Menschen eingekerkert wurden. Dieser Adresse wegen vor Gericht gestellt, wurde er von den Geschwornen freigesprochen u. von dem jubelnden Volke nach dem Convent geleitet u. trug dann wesentlich zum vollständigen Sturze der Girondisten bei. Nachdem er am 12. Juli 1793 noch die Generale Custine u. Biron denuncirt hatte, wurde er am 13. Juli 1793 im Bade von Charlotte Corday (s.d.) erstochen. Seine Leiche wurde unter Begleitung des Convents mit großer Pracht im Garten der Cordeliers begraben u. sein Bild (von David) im Convent aufgehängt. Durch Decret vom 4. November 1793 wurde seine Leiche nach dem Pantheon geschafft, durch das vom 8. Nov. 1795 aber wieder daraus entfernt, ebenso auch sein Bild aus dem Convent. Vgl. Maton de Varenne, Das Verbrechen M-s, Chemn.1795; Leben u. Tod M-s, Manh. 1794.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.