Silberprobe

Silberprobe

Silberprobe, die Bestimmung des Silbergehaltes (Feingehaltes) der Silbermünzen, Silberbarren u. Silbergeräthe (Silberbestimmung in den Erzen s. Silbererz). a) Die Strichprobe, zur Voruntersuchung, gibt annähernde Resultate. Man bedarf hierzu des Probirsteines u. der Probirnadeln (s.d.). Die Nummer der Nadel, deren Strich dem Strich der Legirung am meisten ähnlich ist, gibt die Löthigkeit an. Die Striche werden durch Salpetersäure abgewaschen. Ist die Oberfläche der Legirung durch Weißsieden von reinerem Silber, so muß man sie an einer Stelle abschaben. b) Die elektromagnetische Probe von Örsted ist ohne Anwendung. Man hat hierzu eine Reihe von numerirten plattenförmigen Probelegirungen, u. erregt zwischen einer derselben u. der zu untersuchenden einen elektrischen Strom, welcher in einem sehr empfindlichen elektromagnetischen Multiplicator die [98] Nadel zum Ausschlagen bringt. Man wechselt die Legirung so lange, bis sie der zu untersuchenden gleich ist; also keinen Ausschlag mehr hervorbringt. Durch Anwendung verschiedener flüssiger Leiter kann man die Anwesenheit anderer Metalle, als Kupfer entdecken. c) Die hydrostatische Probe von Karmarsch benutzt das specifische Gewicht von Silberkupferlegirungen, welche jedoch nur gehämmert od. geprägt sein dürfen, zur Ermittelung des Silbergehaltes. Sie ist unanwendbar bei Anwesenheit anderer Metalle, bei unganzen Stücken, aber zu empfehlen für Münzen u. in Fällen, wo es an Übung od. Hülfsmitteln zu andern Proben fehlt u. man den Gegenstand nicht verletzen darf. Man benutzt bei der Berechnung fertige Tabellen od. folgende Regel: man zieht von dem gefundenen, mit drei Decimalstellen ausgedrückten specifischen Gewichte die Zahl 8,814 ab, betrachtet den Rest als ganze Zahl; hängt derselben fünf Nullen an u. dividirt mit 579; der Quotient gibt den Feingehalt in Gränen. d) Die Kapellenprobe (Kupellation) ist ein Abtreiben im Kleinen u. wird auch für gepochte, geschlämmte u. geschmolzene Silbererze. angewandt; vgl. Kapelliren. Die Größe der zu verwendenden Kapelle bestimmt man darnach, daß 1 Gewichtstheil Kapellmasse das durch 2 Theile Blei gebildete Oxyd einsaugt. Der Rest des Bleies muß durch Zurückschieben in die Muffel u. stärkeres Erhitzen gar oxydirt werden. Erst nach dem Erscheinen des Silberblickes zieht man die Kapelle aus dem Ofen, weil durch rasche Abkühlung Spratzen des Silbers u. Verlust eintritt. Es ist zum Gelingen nöthig, daß das Blei recht heiß eingeschmolzen, bes. bei Gegenwart von Zinn, u. nach der Lösung der Probe rasch gekühlt werde. Zu Ende des Treibens darf die Temperatur nicht zu niedrig sein, da sonst die Probe bleihaltig erstarrt (Bleisack), u. oben nicht blank, unten aber glatt ist, während bei einem gelungenen Korne die obere Fläche spiegelnd, die untere mit kleineren Grübchen versehen sein muß. Ist die Temperatur beim Treiben zu hoch, so steigert sich der Silberverlust durch Verdampfen u. Einsaugen auf 3/1000 u. mehr. Jede Probe macht man doppelt (Probe u. Gegenprobe), vergleicht sie gegenseitig u. wägt sie zusammen aus. Man kann, statt zu wägen, das Silberkorn auch messen. Es muß dann kugelrund geblasen werden (mit dem Löthrohre, mit welchem man überhaupt den ganzen Abtreibeproceß auch vornehmen kann), u. wird dann in eine Art Scala, zwischen zwei sich unter sehr spitzem Winkel schneidende, auf Elfenbein eingravirte Linien eingeschoben. Man ermittelt so mittelst bewaffneten Auges genau den Durchmesser der Kugel an verschiedenen Stellen, zieht das Mittel u. berechnet daraus u. aus dem specifischen Gewichte des reinen Silbers das Gewicht des Kornes. e) Die nasse od. chemische Probe beruht darauf, daß das Silber aus seinen Lösungen durch Kochsalzlösung als Chlorsilber gefällt wird, daß diese Verbindung in Salpetersäure unlöslich ist u. beim Schütteln in Gegenwart dieser Säure sich zusammenballt. aa) Die Gewichtsprobe. Das Erz, die Legirung, wird mit heißer Salpetersäure bis zur Lösung des Silbers behandelt, wenn nöthig filtrirt, mit Salzsäure od. Kochsalzlösung versetzt, so lange als ein Niederschlag entsteht; dieser wird nach dem Absetzen filtrirt, gut ausgewaschen, getrocknet u. entweder auf gewogenem Filter (beides bei 100° getrocknet) od. in geschmolzenem Zustande gewogen. bb) Die Maßprobe (Titrirmethode) nach Gay-Lussac u. Regnault. Das Chlorsilber wird nicht gewogen, sondern man mißt die zur Fällung nöthige Kochsalzlösung von bekanntem Gehalte (sogenannte titrirte Flüssigkeiten). Man benutzt nämlich zwei Kochsalzlösungen, die Normalsatzlösung, von welcher ein Deciliter (100 Cnbikcentimeter) genau 1 Gramme reines Silber niederschlägt, u. die Zehntellösung, von welcher 1 Litre (1000 Cubikcentimeter) gerade 1 Gramme Silber fällt. Die erste stellt mandurch Lösen einer großen, bestimmten Menge Kochsalz in der nöthigen Menge Wasser u. durch genaues Abjustiren (Wasser- od. Salzzusatz) mittelst Prüfung durch eine Silberlösung bekannten Gehaltes her. Die Zehntellösung bereitet man durch Verdünnen der ersten. Endlich bedarf man noch einer Zehntelsilberlösung, welche 1 Gramme Silber im Litre enthält. Die Probe selbst ist folgende: Es sei z.B. der Gehalt einer Silbermünze zu 897/1000 Silber vorgeschrieben, man vermuthet nur 896/1000; so wägt man 1,116 Gr. der Legirung ab, da diese 1 Gr. Silber enthalten würde. Dann löst man sie in 5 od. 6 Gr. reiner Salpetersäure (1,178 specifisches Gewicht) in einer Flasche mit eingeschliffenem Glasstöpsel auf, bläst die rothen Dämpfe aus der Flasche u. setzt 1 Deciliter Normalsalzlösung zu. Die verstöpselte Flasche wird nun stark geschüttelt, u. wenn sich der Niederschlag abgesetzt hat, die klare Flüssigkeit entweder mit der Zehntelsalzlösung od. mit der Zehntelsilberlösung darauf geprüft, ob noch überschüssiges Silber od. ob Kochsalz in Lösung ist. Bringt 1 Cubikcentimeter Zehntelsalzlösung, welche 1/1000 Gramme Silber fällen kann, noch eine weiße Trübung hervor, so muß man wieder schütteln, zur klaren Flüssigkeit wieder 1 Cubikcentimeter Zehntelsalzlösung setzen etc., bis keine Trübung mehr entsteht. Hätten nur 5 Cubikcentimeter dieser Lösung einen Niederschlag gegeben, der sechste Cubikcentimeter aber nicht, so würde die Legirung 896 + 41/2, d.i. 9003/2 Tausendtheile Silber enthalten. Hätte der erste Cubikcentimeter Zehntelsalzlösung nicht getrübt, so muß man so viel einzelne Cubikcentimeter Zehntelsilberlösung zusetzen u. abwechselnd damit schütteln, bis diese keine Trübung mehr hervorbringt. Hätten nun 4 Cubikcentimeter noch eine Fällung gegeben, so würde man, da 1 Cubikcentimeter zur Zersetzung des zugesetzten 1 Cubikcentimeter Zehntelsalzlösung nöthig war, u. der vierte wahrscheinlich nicht ganz gebraucht wurde, etwa 21/2 von 896 abzuziehen haben, so daß der Feingehalt der Legirung 893,5 Tausendtheile ist. In großen Münzen bedient man sich der Zeitersparniß halber gewisser Einrichtungen; so eines Meßinstrumentes (Pipette), welches das ganz genaue u. doch schnelle Abmessen der Lösung, sowie deren Unveränderlichkeit beim Aufbewahren gestattet; dann noch bes. eines Schüttelapparates, einer Art von Flaschenkorb, welcher oben u. unten an einer Feder hängend, mit einem Griff versehen ist, so daß man viele Flaschen auf einmal schütteln kann. Die Einflüsse der Temperatur müssen durch Correctionen od. tägliches Ausprobiren der Lösungen beseitigt werden. Ist viel Quecksilber in den Legirungen, so muß, da dieses auch die Kochsalzlösung zersetzen würde, etwas essigsaures Natron zugesetzt werden, wodurch dies verhindert wird. Kupfer kann zugegen sein; viel Blei muß erst abgetrieben werden. Die Probe kann bis auf 1/10 Milligramm genau werden.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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