Tapeten

Tapeten

Tapeten (v. gr.), Stoff, womit man die inneren Wände der Zimmer verkleidet u. verziert. A) Die gewirkten T. waren die frühesten; von ihnen sind die vorzüglichsten: a) die Brabanter T., sie wurden frühzeitig in Brabant verfertigt, von wo aus die Kunst sie zu wirken sich in andere Länder verbreitete. Werden diese T. durch Malerei nachgeahmt, so heißen sie brabantische gemalte T.; b) die Basselissetapeten, welche historische Gemälde od. Landschaften bunt darstellen; sie sind sehr breit, da die Figuren in der Breite der Tapete aufrecht stehen; die Kette ist leinen od. von Wolle, der Einschlag von Wolle od. Seide u. so dicht, daß er die Kette ganz verdeckt; vier Weber arbeiten zugleich an einem Stückt auf einem einfachen, breiten Stuhle ohne künstliche Hülfsvorrichtungen, indem sie nach Anleitung eines vollständig ausgemalten, einen Zoll unter der Kette liegenden papiernen Mustergemäldes (Patrone) die Schußfäden mittels kleiner Spulen aus freier Hand einziehen u. mit einer Art Kamm anschlagen; die Arbeit ist also dem Sticken ähnlich. Diese T. wurden im 17. Jahrh. von den Franzosen erfunden u. haben ihren Namen davon, daß beim Weben derselben die Kette horizontal liegt, wogegen die Kette bei Herstellung c) der Hautelissetapeten vertical aufgezogen ist, s. Hautelissentapeten; von ihnen sind die vorzüglichsten die Gobelinstapeten, s.d.; d) die wollenen Savonnerietapeten (s.d.) ahmen e) die wirklichen türkischen u. persischen T. nach, welche über Smyrna u. Salonichi in den Handel kommen; [245] f) Chinetapeten, deren Muster den Wellen von der Seiden- u. Wollenarbeit gleich kommt, welche mit der Nadel auf dem Canevas gemacht werden. Die gewirkten, seidenen T. sind damastartig od. atlasartig verfertigt, dazu gehören auch die Bergamées (Bergamos), Brocatells u. Rosettas (s.d. a.). B) Die gestickten T., deren Stickerei auf grober Leinwand od. Marly, von Seide od. Wolle, damastartig in zwei Farben, od. der Natur gemäß in vielen Farben ausgeführt ist. Bisweilen wird unter die Leinwand od. den Marly noch ein Gold- od. Silbergrund gelegt, welcher beim Sticken mit angestochen wird, so daß man nach Vollendung der Stickerei die Fäden der Leinwand od. das Marly ausziehen kann. C) Zu den gemalten od. gedruckten T. gehören: a) die leinenen u. baumwollenen T., welche kaum noch vorkommen; b) die ledernen T.; bei diesen wird das erhaben vortretende Muster entweder mit vertieft gravirten Stempeln erzeugt, od. das Leder wird zwischen der Form, worauf das Muster vertieft, u. der Gegenform, einer Form aus Papiermachs u. Lederabgängen, worauf dasselbe Muster erhaben ist, gepreßt; das Muster ist zum Theil durch Vergoldung od. Versilberung, od. auch durch Seidenstickerei hervorgebracht; früher scheint Spanien sich in ihrer Fabrikation bes. ausgezeichnet zu haben; c) die Wachstuch- od. Wachsleinewandtapeten werden ganz nach Art der Wachsleinewand verfertigt, u. sind einfarbig, od. mit bunten Mustern bedruckt, bisweilen auch nach Art der Ölgemälde kunstvoll gemalt. Auch sind bisweilen die Figuren durch Aufstreuen von Scher- od. Flockwolle auf einen Leingrund hervorgebracht, solche T. heißen Flocktapeten od. Castorarbeit. D) Eigenthümlich in ihrer Art sind die von den Indianern in Mexico aus den Federn der Papageien u. Colibris gefertigten Federtapeten im Jagdschlosse Moritzburg. Die jetzt allgemein gewöhnlichen T. sind E) Papiertapeten; ihr Gebrauch stammt aus China, u. kam über England u. Frankreich nach Deutschland. Sylv. von Benzenrad malte Blumen u. Altartücher durch Schablonen, was zur Einführung der Papiertapeten in Europa Anlaß gab. Man nimmt dazu starkes, in dem Leimkasten (einem ungefähr zwei Ellen langen u. breiten, 2–3 Zoll hohen Kasten, dessen Boden mit Blei überzogen ist) gut geleimtes mittelfeines od. ordinäres, aber entsprechend glattes Papier (Tapetenpapier), welches in Stücken od. Rollen von 28–30 Fuß Länge u. 20–24 Zoll Breite gefertigt wird. Die in der Tapetenfabrikation angewendeten Farben sind theils Körperfarben (Mineralfarben u. Lacke), theils flüssige (Pflanzen-) Farben, u. müssen eine gewisse Deckkraft haben, was man durch Beigabe von Leim od. Stärke erlangt. Die Fabrikation zerfällt hauptsächlich in das Grundiren u. das Aufdrucken der Muster. Das Grundiren erfolgt jederzeit, selbst bei weißem Grunde, u. gibt dem Papier die Grundfarbe; es erfolgt auf einem glatten Tische von 30–32 Fuß Länge u. mindestens zwei Fuß Breite; dessen Oberfläche der Länge nach schwach gewölbt ist; ein Arbeiter trägt mit zwei großen runden Bürsten zugleich in zwei Streifen die Farbe auf das Papier u. zwei ihm folgende Knaben breiten sie mit zwei Fuß langen Bürsten (Vertreib-, Verschlichtbürsten) auf dem Papiere aus. Nach dem Trocknen wird das Papier mit der Glättmaschine geglättet, um die durch die nasse Farbe entstandenen Unebenheiten wieder zu beseitigen (s.u. Glätten 1). Will man nicht einfache od. matte T. verfertigen, sondern Glanztapeten (satinirte T.), so muß man dieselben satiniren (s.d. 4). In Frankreich hat man eine Grundirmaschine angewendet, bei welcher eine in einem Farbentroge befindliche Bürstenwalze die Farbe auf das Papier aufträgt u. dieses über dampfgeheizte Metallcylinder hinweg sofort zur Satinirmaschine geleitet wird, welche ebenfalls eine Bürstenwalze enthält. Eigentümlich ist das Grundiren der Iristapeten (s.d.). Die Tapetendruckerei ist der Kattundruckerei (s. Kattun B) sehr ähnlich; die Formen (Model) für den Handdruck sind sorgfältig aus drei Lagen von Holz mit wechselnder Faserrichtung zusammengeleimt u. reichen meist über die ganze Breite des Papiers; seine Züge sind aus Messingblech od. façonnirtem Messingdraht hergestellt, das übrige Muster in Holz geschnitten. Das Aneinanderpassen der Abdrücke sichert man durch Drahtstiftchen (Rapportstifte) in der Form, die sich als Punkte mit abdrucken. Am Drucktische ist ein besonderer acht Fuß langer Druckhebel angebracht, mit welchem man die Form fest auf das Papier aufdrückt; bei sehr großen Formen bedient man sich selbst eines zusammengesetzten Druckbebels (Maschine). Der Maschinendruck wird theils auf der Modeldruckmaschine (mechanischer Drucktisch) mit gewöhnlichen flachen Formen, theils auf der Walzendruckmaschine in ähnlicher Weise wie der Maschinendruck bei Kattun ausgeführt. Die Druckwalzen haben entweder das Muster erhaben u. sind dann aus Holz, nach Befinden mit Messingtheilen, od. aus lithographischem Stein, od. sie haben ein vertieftes Muster u. sind dann aus Kupfer, Messing od. lithographischem Stein. Außer den gewöhnlichen kattunartig gemusterten T. hat man auch moirirte T., Decorationstapeten, mit Landschaften, u. architektonische T., mit Gegenständen der Baukunst geschmückt. Als besondere Arten der T. sind zu erwähnen a) die vergoldeten u. versilberten T., bei denen die Muster entweder unmittelbar mit Gold- u. Silberbronze aufgedruckt, od. Blattgold od. Blattsilber auf die mit Leinölfirniß aufgedruckten Muster aufgelegt ist; b) erhabene, gestäubte, velutirte, Woll od. Sammettapeten, deren Grund od. Muster mit ganz seiner Flockwolle, welche vom Scheren der Tücher abfällt, bedeckt ist u. so ein sammetartiges Ansehen hat. Bei Verfertigung derselben wird mit Formen ein dicker klebriger Druckfirniß aufgedruckt, u. wenn der Firniß etwas trocken ist, so wird die Flockwolle mit einem kleinen seinen Drahtsieb aufgesiebt; ist der Firniß völlig trocken, so wird die Wolle, welche nicht angeklebt ist, behutsam abgekehrt. Will man Sammetmuster in verschiedenen Farben herstellen, so färbt man die Scherwolle in diesen Farben u. überträgt eine Farbe nach der andern in der oben beschriebenen Weise auf das Papier; c) gepreßte T. (gaufrirte T.) heißen solche, welchen ein Reliefmuster ohne Farbe aufgedruckt ist; solche Muster erzeugt man auf einfarbig bedrucktem, od. bei blos grundirtem Tapetenpapier, zwischen zwei Walzen, welche mit dem entsprechenden Muster versehen sind; d) gefirnißte T. (Lacktapeten), haben einen Überzug von gewöhnlichem, mit Terpentinöl verdünnten Kopalfirniß, welcher mit großen Bürsten[246] aufgestrichen wird; solche T. sind glänzend, fester, widerstehen der Feuchtigkeit u. lassen sich mit einem nassen Schwämme von Schmutz reinigen, während andere T. nur mit Brodkrume von Schmutz gereinigt werden können; bisweilen lackirt man auch die T. erst nach dem Aufziehen. Außer den eigentlichen T. verfertigt man auf gleiche Weise von Papier Lambris, meist marmorartig od. holzartig, zum Tapezieren der Fenstervertiefungen od. der Strecken unter der eigentlichen T., Thürstücken, welche Landschaften, Blumenkörbe, Vasen etc. darstellen u. Bordüren u. Kanten, welche unterhalb u. neben der eigentlichen T. als Einfassung angebracht werden, ü. Blumenguirlanden od. Arabesken darstellen. Vgl. Chr. H. Schmidt, Die Papiertapetenfabrikation, Weimar 1843; R. Meyer, Handbuch der Papiertapetenfabrikation, Quedlinburg u. Leipzig 1845. F) Natur-Holztapeten werden entgegen den übrigen gewirkten u. gemalten T. durch Naturselbstdruck (s.d.) erzeugt u. geben die Natur der verschiedenen Holzarten genau wieder. Sie sind sehr dauerhaft, können abgewaschen werden, erscheinen dann wieder wie neu u. eignen sich vorzüglich zur Bekleidung von Holzwänden. 2) Die zarten Häutchen, in welche sich junge Bienen in ihrem Nymphenstande einspinnen, die hernach, wenn sie ausschlüpfen, an den Wänden der Zellen hängen bleiben, als ob sie eins mit ihnen wären.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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