Wachsbleichen

Wachsbleichen

Wachsbleichen, die Verwandlung des von Natur eigelben Wachses in farbloses od. weißes, behufs der Darstellung von Kerzen, Figuren, Präparaten. Das W. wurde schon von den alten Phöniciern u. Griechen ausgeübt. Zu Dioskorides Zeit wurde das Wachs dadurch in Scheiben zertheilt, daß man den Boden eines Topfes erst in kaltes Wasser u. hierauf in das gereinigte geschmolzene Wachs eintauchte, hierauf reihete man die Scheiben an Fäden, um sie so lange unter öfterem Begießen der Sonne auszusetzen, bis sie gebleicht waren. In Herculanum ist die Abbildung einer Wachsbleiche aufgefunden worden; Plinius, welcher das gebleichte Wachs Punisches nennt, beschreibt die Bleichrahmen. Durch Venetianer lernte man in Europa das W. kennen. Es wird auf verschiedene Arten ausgeführt, je nachdem man den Sauerstoff der Luft, od. andere Sauerstoff abgebende Körper benutzt, um die Farbstoffe des Rohwachses zu zerstören. Wenn man das geschmolzene Wachs durch eine kochende u. mit Schwefelsäure versetzte Lösung von Chlorkalk od. überhaupt mit chlorabgebenden Flüssigkeiten bleicht, so ist es, da das Wachs etwas Chlor zurückhält, z.B. für Kerzen nicht mehr brauchbar. a) Die gewöhnliche Luft- od. Sonnenbleiche wird folgendermaßen ausgeführt: Das Rohwachs wird mit Wasser längere Zeit geschmolzen, wiederholt umgerührt u. mit dem Wasser durch eine Wachsseihe, ein Draht- od. Korbgeflecht, in ein anderes Gefäß gegossen, wo es langsam erkalten u. sich von den Unreinigkeiten trennen kann (Läutern, Klären). Alsdann wird es durch das Bändern (Körnen) auf der Bändermaschine (Körnmaschine) in dünne Streifen od. Wachsbänder zertheilt. Man bringt es nämlich im geschmolzenen Zustande in einen dreiseitig prismatischen u. unten mit einer Reihe von Löchern versehenen Kasten, welcher sich auf einem Wassertrog über einer halb im Wasser liegenden drehbaren Walze befindet. Die herabrinnenden Wachsströme legen sich, zu einem breiten Bande erstarrend, auf die von einem Arbeiter gedrehte Walze, gleiten darüber hinweg in das Wasser u. werden aus dem Trog in Körbe gelegt. Hierauf legt man die Bänder auf dem Bleichplan an die Luft u. zwar, wie in Frankreich, auf gemauerte, etwas abschüssige u. mit Zeug belegte Terrassen, od., wie in Deutschland, auf Horden, welche über der Erde entweder aus Rohrgeflecht etc., od. aus Planen od. Segeltuch gebildet sind, welche man mittelst Anhakens an den auf vier Pfählen ruhenden Rahmen horizontal ausgespannt hat. Um die Horden herum läuft eine kleine Schutzwand von Zeug, u. auch ein Dach aus Planen kann über dem Wachs angebracht werden. Indem man das Wachs öfters umwendet u. bes. bei starker Sommerwärme begießt, ist es nach 4–6 Wochen halb, d.h. oberflächlich, gebleicht. Es wird hierauf wieder umgeschmolzen, längere Zeit in größeren Massen liegen gelassen, wieder gebändert u. bis zur vollendeten Weißbleiche wieder auf den Bleichplan gelegt. Zuletzt wird es einem zweiten Läutern unterworfen u. in feuchte Formen geschöpft. Das Klären des Wachses erleichtert man[725] durch Beimischung von etwas Weinstein od. auch Schwefelsäure zu dem Wasser, mit welchem es geschmolzen wird. b) Die Dampfbleiche bezweckt eine bedeutende Abkürzung des alten Verfahrens u. besteht darin, daß man das sehr heiße flüssige Wachs mit Wasserdämpfen durch ein Schlangenrohr treibt, es hierauf in heißem Wasser wäscht u. diese beiden Operationen mehrmals wiederholt. Zur Bewegung des Wachses benutzt man dabei heiß gehaltene Pumpen; die letzten Reste des Farbstoffes werden durch Auslegen an die Luft rasch zerstört. c) Dem Wachs beigemischtes Terpentinöl wirkt Sauerstoff anziehend (Ozan bildend) u. abgebend, also bleichend auf letzteres ein; doch bleibt dann das Oxydationsproduct des Terpentinöles, ein Harz, dem Wachse beigemengt. So kann man 8 Thle. geläutertes Wachs mit 11/2-2 Thln. Terpentinöl erhitzen, die Mischung in Papierkapseln dünn ausgießen, drei Tage am Sonnenlicht stehen lassen, wieder umgießen u. nochmals aussetzen. Nach 8–10 Tagen hat man ein fast ganz weißes Wachs ohne Geruch. d) Mit Chromsaurem Kali u. Schwefelsäure: In einer mit Blei gefütterten Bütte wird 1 Ctnr. vorher geläutertes u. geschmolzenes Wachs mit 60 Pfd. Wasser, 12–15 Pfd. doppelchromsaurem Kali u. 48 Pfd. englischer Schwefelsäure durch Dampf mit 5 Pfd. pro Quadratzoll Überdruck eine Stunde lebhaft gekocht. Zeigt sich das Wachs als grüne Schicht auf einer schwarzen Flüssigkeit schwimmend, so zieht man dasselbe nach halbstündiger Ruhe ab u. kocht es in einem anderen Gefäß mit verdünnter Schwefelsäure (1 Thl. auf 15 Thle. Wasser) od. besser Oxalsäure, bis das Wachs die vom Chromoxyd herrührende grüne Farbe verloren hat; durch Dampf wird es schließlich gewaschen. e) Natronsalpeter u. Schwefelsäure werden bes. in Apotheken angewendet. Zu 1 Pfd. geschmolzenem, geläutertem Wachs setzt man 2 Unzen salpetersaures Natron u. 9 Unzen Wasser mit 1 Unze englischer Schwefelsäure tropfenweise in einem geräumigen Gefäße zu. Nach der Reaction wird dasselbe mit kochendem Wasser aufgefüllt, das Wachs tüchtig durchgerührt, nach dem Erkalten herausgenommen u. bis zur Entfernung des anhängenden Glaubersalzes auf immer neuem Wasser umgeschmolzen.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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