- Berengar
Berengar (Berengarius), I. Fürsten: 1) B. I., Sohn des Herzogs Eberhard von Friaul u. Giselas, der Tochter Ludwigs des Frommen, folgte seinem Vater 874 als Markgraf von Friaul, s.d. (Gesch.) u. machte, weil er mütterlicher Seits von den Karolingern abstammte, 887 nach Karls des Dicken Tode, wiewohl vergebens, Ansprüche auf die Erbschaft dieses Kaisers; dagegen wurde er 888 König von Italien u. vom Papst Formosus zuerst mit der sogenannten eisernen Krone u. 915 zum Kaiser von Italien gekrönt. Über seine unruhige Regierung s. Italien (Gesch.). Er ward 924 durch Flambert ermordet. Er war in 1. Ehe vermählt mit Gisela, Tochter des Herzogs von Spoleto, von welcher er 2 Töchter hatte. 2) B. II., Enkel des Vor., Sohn des Markgrafen Adelbert zu Ivrea u. der Gisela, älteren Tochter des Vor., wurde 925 Markgraf von Ivrea, empörte sich gegen Hugo, König von Italien, mußte jedoch nach Deutschland fliehen, wo er ein Asyl u. Hülfe bei Kaiser Otto I. fand; nach Italien zurückgekehrt, verhielt er sich ruhig u. wurde 950 nach dem Tode Lothars zum König von Italien gewählt, hatte aber, gleich seinem Großvater, eine sehr unruhige Regierung, s. Italien (Gesch.). Er wurde 961 von Otto I. entsetzt, 964 gefangen u. nach Bamberg geführt, wo er 966 starb. Er war vermählt mit Willa, Tochter des Markgrafen Boso von Toscana. 3) B., Herzog von Spoleto, 936–944, s. Italien (Gesch.). 4) Grafen von Barcelona, s. Raimund Berengar. 5) B., Herzog von Toulouse, Sohn des Grafen Hugo von Tours, regierte 818–835; 6) B., Herzog von Gascogne, Sohn des Grafen Alduin von Angouleme, regierte 1032–36.
II. Geistliche u. Gelehrte. 7) B. von Tours, geb. 998 zu Tours, war erst Geistlicher, dann Canonicus an der Kirche St. Martin u. Scholasticus an der Domkirche zu Tours u. 1040 Archidiakonus zu Angers, Weil er im Gegensatz zu der Transsubstantiationslehre Brod u. Wein blos für Zeichen u. Unterpfänder des Leibes u. Blutes Christi hielt, wurde er 1050 auf den Synoden zu Rom u. Vercelli verdammt u. excommunicirt. Auf den Schutz des Cardinals Hildebrand trauend, ging B., um seine Lehre zu vertheidigen, 1059 zu der Synode nach Rom, wurde aber hier zur Abschwörung seiner Ansichten gezwungen. Allein nach seiner Rückkehr erklärte er laut seine Reue über seinen falschen Eid u. breitete seine Lehre immer weiter aus. Er wurde aufs Neue auf den Synoden zu Maixent 1075 u. zu Poitiers 1077 verdammt u. mußte 1079 zu Rom widerrufen u. Stillschweigen geloben. Darauf gab er sein Lehramt auf, zog steh 1080 auf die Insel St. Côme bei Tours zurück u. st. 1088. Seine Anhänger hießen Berengarier (Berengarianer); seine Schriften herausg. von Bischer, Berl. 1834. Vgl. Lessing, Berengar von Tours, Braunschw. 1770. Eine Sammlung ihn betreffender Briefe gab Sudendorf 1850 heraus. 8) Jakob, (Jacobus Carpus od. Carpensis), geb. zu Carpi, war 1505 bis 1521 Professor der Chirurgie, erst zu Pavia, dann zu Bologna, u. st. zu Ferrara. Er ist einer der Wiederhersteller der Anatomie im 16. Jahrh., machte mehrere anatomische Entdeckungen, heilte mit zuerst die Luftseuche durch Quecksilber u. schr.: Comment. super anatomia Mundini etc., Bologna 1521 f., Fol.; u. Isagoge in anatomiam corporis hum., ebd. 1514 u.ö.; die beiden Werken beigefügten Holzschnitte gehören zu den frühesten Abbildungen anatomischer Gegenstände.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.