- Nebel [1]
Nebel, 1) überhaupt Trübung der Atmosphäre in geringerer od. größerer Ausdehnung durch in ihr entwickelten Wasserdunst (vgl. Dünste); bes. aber 2) der in freier Luft gebildete Niederschlag wässeriger Dünste, wenn jene dadurch getrübt wird, u. bes. wenn diese Trübung sich in der Nähe des Bodens befindet. Ist er dagegen in größerer Höhe, so nennt man ihn Wolke (s.d.). Der N. besteht aus einer Menge kleiner, hohler Wassertropfen (Nebelbläschen), deren Durchmesser nach Kämtz im Mittel 0,00082658 Pariser Zoll beträgt; im Sommer sind sie fast um die Hälfte kleiner, als im Winter, wo die Luft am feuchtesten ist; am kleinsten sind sie bei anhaltend schönem Wetter, so wie sich dieses aber zum Regen neigt, werden sie größer u. allmälig mischen sie sich dann schon mit kleinen Tropfen, bis sie endlich die Blasenform nicht mehr behalten können, sondern zusammenfallen u. sämmtlich in Regentropfen übergehen, was man gewöhnlich als Naßniedergehen bezeichnet. Der N. kann nur in einer mit Wasser gesättigten Luft entstehen, u. zwar in der Regel dadurch, daß der Boden wärmer ist als die Luft, u. daß die in letzterm aufsteigenden Dämpfe durch die niedrigere Temperatur niedergeschlagen werden, gleichwie sich über einem Gefäße mit einer siedenden Flüssigkeit stets eine Nebelmasse im Kleinen zeigt, od. gleichwie der Hauch des Mundes im Winter sichtbar wird. Ist dagegen der Boden kälter, als die darüber befindliche feuchte Luft, so entsteht der Thau (s.d.). Der N. ist daher im Anfang des Herbstes eine sehr gewöhnliche Erscheinung über Flüssen, deren Wasser am Morgen wärmer ist als die Luft, ebenso auf Wiesen u. andern feuchten Niederungen.[755] Ist aber unter jenen der N-bildung sonst günstigen Umständen die Luft trocken, so bleiben die aufsteigenden Dämpfe elastisch-flüssig, u. es zeigt sich kein N. Sobald aber die Luft feucht wird, bildet sich der N. sogleich u. oft sehr ausgebreitet. Dies zeigt sich am auffallendsten über Vulkanen u. heißen Quellen, selbst Salzsiedereien u. dgl., u. der N. wird auf diese Art oft zum Vorboten von Regen. Örtliche, nur von einer kleinen Fläche aufsteigende N. entstehen unter ganz ähnlichen Bedingungen, wenn nämlich jene Fläche eine stärkere Erwärmung gestattet u. mithin eine größere Menge von Dämpfen entwickelt als die Umgebung. Daher sind die N. im Herbst u. Winter so häufig an den Küstengegenden, bes. von England, in dessen Nähe das Atlantische Meer eine hohe Temperatur hat. So sind auch oft große Städte in dichten N. gehüllt, während der Himmel rings herum hell ist, weil die Temperatur zwischen den mit vielen Menschen bewohnten Häusern immer etwas höher ist. Hierzu kommt bei manchen Städten noch der Steinkohlenrauch, dessen mechanisch emporgerissenen Kohlentheilchen sich in den Nebelbläschen schwebend erhalten. Auf letztere u. ähnliche Art wird manchem N. ein besonderer Geruch ertheilt (stinkende N.), namentlich auch N-n, welche aus sumpfigem Boden, wo organische Stoffe faulen, emporsteigen. Aus dem Angeführten geht hervor, daß in sehr trockner Luft kein N. statthaben kann. Daher fehlen die N. in Sandwüsten ganz, u. was man dafür angesprochen hat, waren blos in die Höhe gewirbelte Staubwolken. Daher läßt sich auch nicht mit Grund von trocknen N-n sprechen, unter denen man entweder sehr verbreitete Staubwolken, od. den Höhenrauch (s.d.) zu verstehen hat. Oft werden die aus warmem Boden od. Wasserflächen aufgestiegenen wässerigen Dünste nicht unmittelbar über diesen als N. niedergeschlagen, sondern erst, nachdem sie durch den Wind (gewöhnlich SWest) in kältere, der Nebelbildung günstigere Striche übergeführt worden sind; od. es wird den wärmern Erdstrichen ein kalter NOWind zugeführt, der dann ebenfalls sehr schnell eine große Menge Nbläschen bildet. Der N. legt sich gern an trockne, hygroskopische Körper, z.B. die Kopfhaare, an u. macht diese naß, daher alle solche N. in diätetischer Hinsicht Vorsichtsmaßregeln, bes. bei längerem u. ruhigerm Aufenthalte im N. nöthig machen. Außer im Herbst steigen am häufigsten im Vorfrühjahr, bes. im März (daher März-N.) N. auf. Sie sollen nach der Volksmeinung den 100. Tag darauf Gewitter u. starken Regen zur Folge haben. N. ziehen bes. in landwirthschaftlicher Hinsicht die Aufmerksamkeit auf sich; für junge, mehr von der Atmosphäre lebende Pflanzen ist der N. wohlthätig, für Pflanzen hingegen, deren Blätter schon verwelkt sind u. deren Samen sich schon ausgebildet hat, ist der N. schädlich. N., die nur wässerige Dünste enthalten, befördern das Wachsthum der Pflanzen; sind sie aber unrein (stinkend), so bewirken sie die Lohe, dies ist auch bei den kalten N-n der Fall, die vorzüglich um Johannis entstehen. Die Herbst-N. schaden dem Vieh, u. man darf an solchen Tagen gar nicht, od. erst wenn sich der N. zerstreut hat, das Vieh austreiben. 3) Nebel vor den Augen, optische Täuschung, als ob Alles umher in N. läge, als Folge von anhebenden Trübungen der durchsichtigen Augengebilde; daher bei anhebendem Grauen Staar (s.d.); 4) Nebel im Auge, trübes Aussehen der Pupille (s.d.) bei Augenfehlern gleicher Art; 5) (Astron.), s. Nebelflecke.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.