Euböa [2]

Euböa [2]

Euböa (a. Geogr.), 1) Insel, welche sich an der Ostküste von Attika, Böotien u. Lokris hinzog, von diesen Ländern durch eine 1200 Stgdien (30 Meilen) lange, an der engsten Stelle bei Chalkis nur 240 Fuß breite Meerenge (Eurīpos) getrennt; die Insel war im Verhältniß zu ihrer Länge sehr schmal, daher sie Makris hieß; die Küstenflüßchen waren: Kallas, Lelantos, Kireus, Nileus, Budoros; sie war von einem öden, nur zum Theil bewaldeten Kalkgebirge durchzogen, der höchste Berg war die Oche (5300 Fuß) an der Südspitze, außerdem Dirphys (3400 Fuß), Kotyläon u. Telethrios; Vorgebirge: im N. Artemision, westlich Phalasia, Dion, Kenäon, südlich Leon, Petalia, Gerästos, im S. Kaphereus u. im O. Chersonesos; auf E. fandman Marmor-, Asbestbrüche, Kupfer, Eisen, warme Mineralquellen, u. ihre Einw. galten für gute Seeleute. Die einzelnen Theile waren: im N. Hestiäotis nebst Ellopia, das Lelantische Gefilde u. die Höhle E. Hauptstadt Chalkis, andere Städte: Eretria, Karystos u. Histiäa. Die Insel heißt jetzt noch 2) (n. Geogr.), E. od. Negroponte, die größte Insel des Königreichs Griechenland, bildet das griechische Gouvernement Euböa, an den Kanälen von E., Talandi u. Trikeri; hat 691 QM., wird in verschiedenen Richtungen von hohen Gebirgen durchzogen, die einen Theil des Jahres mit Schnee bedeckt sind (darunter Lithada, Ocha, Delphi [bis fast 6000 Fuß, der alte Dirphys] u.a.); Vorgebirge: Lithada, Artemision, Philagra, Doro, Mantelo u.a. Der nördlich vom Delphi gelegene Theil der Insel ist fast ohne Ausnahme fruchtbar u. anmuthig, hohe Berge u. Felsen wechseln mit sanften Thälern u. reichen Ebenen, dunkele Wälder von Nadel- u. Laubholz mit Fruchtbäumen, Rebgeländen, Feldern u. Weiden, überall frische, klare Quellen u. Bäche. Die Ertragsfähigkeit des Bodens begünstigt den Ackerbau, die Cultur des Weines, die Seidenzucht etc.; die Luft ist sehr gesund, bes. auf der Ostseite der Insel, u. daher kommt es auch, daß sich gerade hier in der neueren Zeit nicht wenig Fremde aus der Schweiz, Deutschland etc. angekauft u. die romantischen Gegenden daselbst viele Ansiedler angezogen haben. Aber auch das südliche E. ist fruchtbar u. wohl angebaut, u. namentlich ist dort außer Getreidebau auch die Cultur von Citronen u. Cedratfrüchten, sowie der Weinbau sehr ergiebig. In Kumi (dem alten Kyme) an der Ostküste, sind Braunkohlenwerke entdeckt worden, die eine gute u. gehaltreiche Braunkohle liefern. In den Wäldern der euböischen Berge gibt es Rehe u. Hirsche, aber auch Raubthiere, wie Wölfe. Einw. über 60,000, meist Griechen u. Albanesen Hauptstadt: Chalkis (Egribos). – Im Alterthum glaubte man, daß E. ursprünglich mit dem Festlande zusammengehangen habe u. durch ein Erdbeben losgerissen worden sei; u. allerdings stimmen die gegenüberliegenden Küsten überein. Die Bewohner waren aus Ionern, Abanten, Dryopern u. Achäern gemischt. In der Folge kam E. unter athenische Botmäßigkeit u. wurde von den Athenern colonisirt. 490 machten die Perser eine gewaltsame Landung auf E.; viele Bewohner flohen in die Gebirge, die anderen wurden niedergehauen od. zu Sklaven gemacht. 447 fielen die Euhöer von den Athenern ab, aber Perikles unterwarf sie wieder, u. nachdem er die Aristokratengeschlechter vertrieben hatte, führte er eine demokratische Verfassung in den Städten ein. 411 fielen die Euböer, unterstützt von den Spartanern, von Neuem von Athen ab. 353 unterstützte in dem Euböischen Kriege Athen den Tyrannen Plutarchos von Eretria gegen die Macedonier. Später bewog Plutarchos mit dem Athener Hegesilaos das euböische Volk zum Abfall von Athen, wurde aber vertrieben. In Folge der inneren Zwistigkeiten gewann Philippos von Macedonien Einfluß auf die Insulaner. Die darauf eingesetzten Tyrannen wurden auf Veranlassung des Demosthenes 341 wieder vertrieben. In der macedonischen Zeit hatte E. ein gleiches Schicksal mit Athen; die Römer befreiten sie zum 2. Male von der Herrschaft der Macedonier; sie wurde Anfangs wieder Athen gegeben, dann zum Freistaat erklärt u. endlich unter Vespasian mit dem Römischen [939] Reiche verbunden u. zur Provinz Achaia geschlagen. Im Mittelalter wurde E. von den Lateinern (1205) erobert u. längere Zeit von denselben besessen. Nach dem Tode des ersten Besitzers wurde es 1210 in 3 Theile (Karystos, Euripos u. Oreos) getheilt, deren Beherrscher sich Triarchen nannten u. den Fürsten von Morea als ihren Oberherrn erkannten. Im Jahre 1451 faßten die Venetianer auf der Insel festen Fuß, indem sie die Stadt Karystos durch Kauf erwarben. Auch nachdem ihnen bald darauf die Herrschaft über die ganze Insel durch Intriguen aller Art zugefallen u. sie darin bis 1473 geblieben waren, wo die Türken sie ihnen bis auf Karystos entrissen, behaupteten sie sich in Besitz dieser Stadt bis 1537. Gegenwärtig bildet E. einen Theil des Königreichs Griechenland. Vgl. Pflugk, Rerum euboicarum specimen, Danzig 1829. 3) Stadt im Innern Siciliens, von Leontinern gegründet, wurde es von Gelon zerstört u. lag dann wüst; angeblich heim jetzigen Eubali.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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